Das kleine Israel und seine 66 Nationalparks
Die Kulturnation Israel hat auch zahlreiche Naturschätze zu bieten – die JÜDISCHE RUNDSCHAU stellt die schönsten dieser Reservate vor.
Der Banyas-Wasserfall ist der höchste Wasserfall Israels.© WIKIPEDIA
Dass Israel zwar ein junges Land, aber eines mit bewegter Geschichte ist, weiß jeder. Dass Israel aber ein Land ist, das sich mit großem Engagement dem Naturschutz widmet, ist nur Eingeweihten bekannt. Dazu trägt nicht nur der jüdische Nationalfond JNF-KKL mit Aufforstung und dem Anlegen von Wasserreservaten entscheidend bei, sondern auch die Politik und nicht zuletzt der Tourismus. Wer die Natur liebt und eine Vielzahl unterschiedlicher Landschaften entdecken will, der sollte eine Reise zu den Naturreservaten Israels ins Auge fassen. Verwaltet werden diese von einer eigenständigen Behörde, der „Israel Nature and National Parks Protection Authority“. Neben dem Erhalt der vielfältigen Flora und Fauna bekommen auch Touristen hier die Gelegenheit, einen Einblick in diese faszinierenden Naturlandschaften zu bekommen. Wer nicht in einer Gruppe mit einer Führung unterwegs sein kann, ist auch als Individualtourist ein gerngesehener Gast – mit dem „Israelpass“ kann man ein Kombiticket für Eintritt und bei Bedarf auch öffentliche Verkehrsmittel erwerben.
Römertempel und ein Wasserfall
In vielen Parks, insbesondere in den größeren, die für Touristen besonders interessant sind, ist es inzwischen möglich, vor dem Besuch eine Einführung in die Geschichte des Ortes in Form eines kurzen Films anzusehen, der in verschiedenen Sprachen angeboten wird. So weiß man, was einen erwartet und ist gut auf den Besuch vorbereitet. Die Bandbreite der dargebotenen Attraktionen ist groß: Von natürlichen Wüstenformationen über archäologische Objekte und andere wichtige Orte der jüdischen Geschichte bis hin zu den Naturreservaten, die man eher an anderen Orten der Welt erwartet hätte: Dazu zählen etwa fruchtbare grüne Flusslandschaften im Norden Israels wie der Tel Dan, einer der Quellflüsse des Jordans oder der Hermon bzw. Banyas, ein weiterer Quellfluss, mit einem beeindruckenden Wasserfall – es ist der größte Israels. In diesem Naturreservat sind Archäologie und Natur vereint: neben dem Wasserfall gibt es eine Quellhöhle aus römischer Zeit, die dem Gott Pan gewidmet war – auch Namensgeber für den Fluss. Vor der Höhle des Quellbeckens errichtete Herodes einen Augustus-Tempel. Seit 1980 werden in dem Gebiet archäologische Grabungen durchgeführt und die ausgegrabenen Überreste können ebenfalls besichtigt werden. Das Naturreservat „Hermon Stream (Banias) Nature Reserve“ gehört zu den Gebieten, die Israel im Rahmen des Sechstagekriegs 1967 erobert hatte. Ebenfalls dort zu sehen ist eine Wassermühle, die nach wie vor in Betrieb ist und die Bewohner der Dörfer Mas‘ada und en Kiniya mit Mehl versorgt. Weitere Mühlenruinen aus römischer Zeit bzw. der Zeit der Kreuzritter säumen den Flusslauf des Hermon. Darüber hinaus ist das Naturreservat ein Sammelbecken für eine reichhaltige Flora mit Bäumen wie orientalischen Platanen, Weiden, Eichen, syrischen Eschen und für Menschen giftigen Brennnesselbäumen aber auch von Menschen gepflanzten Obstbäumen. Dazu kommen Farne und Kräuter sowie Blühpflanzen, etwa die Amaryllis, blaue Lupinen, Alpenveilchen und verschiedene Krokusarten: So sieht das Gebiet in jeder Jahreszeit etwas anders aus, auch wenn die Landschaft tendenziell einem Urwald mit dichtem Unterholz gleicht.
Die Temperatur des Hermons liegt das ganze Jahr hindurch konstant bei etwa 15° Celsius, was zu der üppigen Vegetation beiträgt. Darüber hinaus gibt es eine reichhaltige Tierpopulation, darunter seltene und geschützte Arten wie die Hermon-Schnecke, der rote Salamander und die gemeine Pipistrelle – eine seltene kleine Fledermausart sowie weitere Fledermausarten oder Einwanderer wie die aus Afrika stammenden Felsenhyrax, Hirsche, Füchse, Wildschweine, Schakale und eine eigene Feldmausart.
Ein weiteres, in Deutschland eher unbekanntes Reservat ist das „Meet Ayun Stream“-Naturreservat, bekannter unter dem Begriff „Finger des Galilee“. Auch hier gibt es eine Schlucht mit Wasserfällen, das Naturreservat ist gut ausgebaut, es gibt eigens Wege, die auch für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer geeignet sind sowie reichlich Picknickplätze, um die Natur und das Wasser zu genießen. Seit 2009 wird der Fluss durch die israelische Behörde künstlich bewässert, da er aufgrund der extensiven Wassernutzung durch libanesische Bauern regelmäßig im Sommer austrocknete. In der Nähe der Schlucht, außerhalb des Reservats, befand sich die antike Stadt Avel Bet Ma‘akha, die in der Bibel zusammen mit den Stätten Ayun und Dan als nördliche Grenze des Königsreichs Israels genannt wird.
500 Millionen Vögel
Besonders bei Ornithologen beliebt und bekannt ist das Hula-Tal, das eine weltweite Bedeutung für Wasservögel hat und der wichtigste Ort für diese Vögel im Nahen Osten ist. Einst trockengelegt, um der Malaria Einhalt zu gebieten, wurde der See wieder neu angelegt und bietet rund um das Jahr die Möglichkeit, Vögel zu beobachten, wobei insbesondere im Frühjahr und Herbst über 500 Millionen Vögel mit knapp 400 Arten im Hula-Tal Rast machen, darunter Kormorane, Reiher, Pelikane, Greifvögel und Kraniche. Rund um das Jahr werden auch Sonnenaufgangs- oder Nachttouren angeboten, auf denen die Möglichkeit besteht, nachtaktive Tiere zu beobachten. Darüber hinaus gibt es Touren mit einem traktorbetriebenen Safariwagen, aus dem heraus die Vögel aus der Nähe beobachten können. Besonderes für die morgendlichen und abendlichen Touren empfiehlt sich die Übernachtung im nahen Kibbutz Gonen, der ein Feriendorf betreibt und ausgesprochen gastfreundlich ist. Das Naturreservat hat seit 2006 ein Besuchercenter, das verschiedene dreidimensionale Videos und interaktive Medien anbietet und das ganze Jahr über geöffnet ist. Es gibt regelmäßig geführte Touren zu den Highlights – darunter einen Beobachtungsturm, der aus drei Stockwerken besteht sowie eine 600 Meter lange schwebende Brücke, eine überdachte und geschlossene Plattform zur Beobachtung der Vögel.
Die Wiederbewässerung und ein ausgestorben geglaubter Frosch
Das Reservat selbst ist nur in den für Besucher offenen Teilen zugänglich, neben dem Beobachtungsturm und der Brücke zur Vogelbeobachtung gibt es noch einen weiteren Aussichtspunkt am Eingang zum Reservat, der einen Blick über das Tal und die unmittelbare Nachbarschaft bietet; die Hügel von Naftali, die Anhöhen des Golan und den Berg Hermon.
Das Gebiet im Hula-Tal wurde 1964 zum Naturreservat erklärt, es ist das erste, das in Israel eingerichtet wurde. Bis zur Gründung der Naturreservatbehörde 1964 hatte sich übrigens der Jüdische Nationalfond um das Gebiet gekümmert. 2011 wurde hier der seit über 50 Jahren ausgestorben geglaubte Israelische Scheibenzüngler (Latonia nigriventer), auch als Hulasee-Scheibenzüngler oder schwarzbäuchiger Scheibenzüngler bezeichnet, ein Frosch aus der Familie der Alytidae, wiederentdeckt. Dies beweist, dass der Erhalt der natürlichen Lebenswelt für Tiere ein wichtiger Beitrag zum Erhalt seltener Arten ist. Die Wiederbewässerung des Gebietes war ein langjähriges Projekt, das 1971 begann und sieben Jahre lang dauerte. In dieser Zeit war das Gebiet für Besucher nicht zugänglich. Seit 2004 wurden die Bemühungen um die Verbesserung der Wasserqualität verstärkt. Besonders stolz ist man darauf, dass es gelungen ist, den Seeadler in der Gegend wieder anzusiedeln. Seit 1992 wird die Aufzucht betrieben und die erwachsenen Jungvögel werden in die Wildnis entlassen.
Israel ist immer eine Reise wert – und es gibt immer wieder Neues zu entdecken!
Informationen über die Nationalparks und Naturreservate finden Sie auf der offiziellen Webseite der zuständigen Behörde unter www.parks.org.il.
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