Der kaum beachtete inner-moslemische Rassismus

Der islamische Rassismus greift nicht nur Juden und andere vermeintlich „Nicht- Gläubige“ an, sondern richtet sich auch gegen moslemische Glaubensgenossen aus anderen Ländern: Hier beispielhaft beleuchtet an der gelebten Verachtung der moslemischen Iraner für die moslemischen Afghanen.

Afghanische Flüchtlinge in der iranischen Stadt Saveh 130 Kilometer südwestlich von Teheran© BEHROUZ MEHRI, AFP

Von Anastasia Iosseliani

Die tragische Situation an der türkisch-griechischen Grenze dieser Tage offenbart ein Problem, über das selten geredet und meistens geschwiegen wird: den Rassismus innerhalb der Ummah, der Gemeinschaft der islamischen Staaten. Gäbe es diesen Rassismus innerhalb der Ummah nicht, so könnten afghanische Flüchtlinge von Recep Erdogan nicht als Bauernopfer missbraucht werden, um die zivilisierte Welt zu erpressen.

Diese afghanischen Flüchtlinge sind jetzt im türkisch-griechischen Grenzgebiet, weil in Afghanistan seit 40 Jahren ununterbrochen Krieg herrscht und die muslimischen Nachbarländer wie das Regime der Islamischen Republik Iran und die Türkei unter AKP-Herrschaft ihre Glaubensbrüder aus Afghanistan nicht wollen, und deswegen diese Menschen vor die Tore Europas drängen.

Im Fall des Iran ist diese Diskriminierung von Afghanen besonders bitter. Denn der Iran und Afghanistan haben viel gemeinsam, beides sind Staaten im Mittleren Osten mit einer persischsprachigen Mehrheitsbevölkerung und einer islamisch geprägten Kultur. Aber Afghanistan wird vom Tribalismus heimgesucht, während der Iran die Geisel des Islamismus und des persischen Chauvinismus ist. Dieser persische Chauvinismus ist auch die Wurzel des Rassismus gegenüber allen nicht-persischen Nachbarn in der Region. Für diese nicht-persischen und nicht-iranischen Menschen haben die Iraner ein Wort: Aniran. Ein «Aniran» ist ein Nicht-Arier/Nicht-Iraner, sprich jemand, der nicht-persischer, nicht-iranischer Herkunft ist, und der nach Ansicht vieler Iraner deshalb primitiv und verräterisch sei.

 

Afghanen und Perser sind Verwandte

Diese Mentalität führt dazu, dass selbst Afghanen, die kulturell und linguistisch den iranischen Persern sehr ähnlich sind, im Iran und von Persern, bis hin zur persischen Diaspora, aufs Übelste diskriminiert werden. Wie der afghanische Journalist Frud Bezhan schreibt, bleiben ihnen im Iran oftmals nur die Tätigkeit als Tagelöhner, und diese wird nicht immer entlohnt. Stattdessen werden afghanische Tagelöhner oft von ihren iranischen Vorgesetzten um ihren Verdienst gebracht und weggejagt wie räudige Hunde. Auch werden Afghanen in iranischen Fernsehsendungen oft stereotypisch als ungebildet und minderwertig dargestellt.

Natürlich beschränkt sich der aus dem persischen Chauvinismus angefeuerte Rassismus nicht nur auf Afghanen, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Ich wurde aufgrund meiner georgischen Herkunft von Iranern sogar hier in Zürich beschimpft, bedroht und geschlagen und beschuldigt, an der Verbreitung von Krankheiten wie AIDS, des Coronavirus und der Verschmutzung von «Bumeh Ariyani» (dt. arischem Boden/iranischem Boden) schuld zu sein.

Im Gegensatz zu den Afghanen, die sich im Iran befinden, habe ich allerdings einen klaren Vorteil: Ich kann notfalls in ein Land fliehen, das sich nicht in einem permanenten Konflikt befindet. Das können viele Afghanen nicht, und so sind sie auf Gedeih und Verderb dem Rassismus ihrer muslimischen Glaubensbrüder ausgeliefert.

Die Afghanen suchen Schutz im Iran, wo sie ganz offensichtlich nicht willkommen sind und migrieren dann in die Türkei, wo sie von Erdogan, der sich gerne als Führer der muslimischen Welt aufspielt, zur Erpressung der zivilisierten Welt benutzt werden. Diese Situation ist tragisch, und zeigt, dass ein «moslemisches Zusammengehörigkeitsgefühl» nur eine Legende ist.

 

Schwarzafrikaner im Islam

Stattdessen existiert eine Rang- und Hackordnung innerhalb der islamischen Welt, bei der nicht nur die Afghanen den Kürzeren gezogen haben: Schwarzafrikaner werden nicht selten «Abid» (dt. Diener/Sklave) genannt. Die entsprechende Mentalität hinter dem Wort führt dazu, dass bis heute schwarze Menschen innerhalb der islamischen Gemeinschaft, bestenfalls wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden.

Aber zurück zu den Afghanen, die von ihren persischen Brüdern weggemobbt und von Erdogan missbraucht werden, während er der demokratischen Regierung Griechenlands Nazi-Methoden vorwirft, um die zivilisierte Welt wieder einmal zu erpressen und wie der österreichische Bundeskanzler richtig bemerkte, diese Afghanen als Waffe benutzt. Genauso erbärmlich wie das Verhalten Erdogans gegenüber den Afghanen ist das Schweigen innerhalb der islamischen Gemeinschaft gegenüber diesem Rassismus. Kein Land, das sich islamisch nennt, nimmt sich dieser Afghanen an.

Somit ist die jetzige Situation an der griechisch-türkischen Grenze die letzte Konsequenz eines moralischen Scheiterns der zutiefst rassistischen Ummah, in der Despoten und Chauvinisten ihre eigenen Glaubensbrüder verjagen.

Da sich aber kaum ein Mentalitätswandel erzwingen lässt, bleiben der zivilisierten Welt nur wenige Möglichkeiten, um sich nicht weiterhin von Despoten und Autokraten erpressen zu lassen. Zuallererst sollte dafür der sogenannte «kritische Dialog» und der «Wandel durch Annäherung» aufhören. Stattdessen wäre jetzt eine Außenpolitik gegenüber solchen Staaten angebracht, die eine Kombination aus Zuckerbrot und Peitsche praktiziert und die Zivilisation nicht auf dem Altar der Gleichgültigkeit opfert, sondern stattdessen Despoten in die Schranken weist, damit diese aufhören verzweifelte Menschen zu gefährden.

Despoten wie Erdogan verstehen nur eine Sprache – die der harten Hand. Stattdessen wird leider noch immer ein Laissez-faire und Laissez-aller gegenüber dem Teekessel-Diktator vom Bosporus und anderen Autokraten praktiziert, aller Vernunft und allen Fakten zum Trotz. Und damit wird Tür und Tor geöffnet für immer weitere Erpressungsversuche durch Staatenlenker, die für Menschenleben und Menschenrechte nur Verachtung übrighaben.

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