Jüdischer Erfolg jenseits der ideologisierten Berlinale

Das neue Werk von Adam Sandler, der Thriller „Der schwarze Diamant“, erhält nicht nur in den USA großen Zuspruch von Seiten der Kritiker.

Die Macher des Films im Februar 2020 mit ihren Auszeichnungen© Jean-Baptiste Lacroix , AFP

Von Filip Gaspar

Adam Sandler spielt in dem Film „Der schwarze Diamant - Uncut Gems“ von den Safdie-Brüdern die Hauptrolle: Howard Ratner, ein jüdisch-amerikanischer und obendrein noch spielsüchtiger Diamanten- und Juwelenhändler aus New York, der einen verruchten Laden im Diamantendistrikt von Manhattan führt. Hier verkauft er gefälschte Rolex-Uhren und andere Hehlerware, betrügt seine Ehefrau mit seiner Angestellten, verspielt eigenes und geliehenes Geld bei Basketballwetten, und hofft alle seine Probleme mit dem Erlös aus einer illegalen Schmuggellieferung aus einer äthiopischen Mine aus der Welt schaffen zu können.

Der Anblick von Ratner in der viel zu großen Lederjacke, Klunkern in beiden Ohren und an den Fingern, gepaart mit einer goldbeschlagenen Brille, die eher zu einem Boxpromoter oder New Yorker Gangster-Rapper passen würde, verleitet einen dazu zu glauben, dass der Film sich in die üblichen Sandler-Filme einreiht und auf eine Komödie mit Happy End zusteuert.

Bereits nach wenigen Minuten Spielzeit wird einem diese Erwartung genommen: Ratler fängt sich eine schallende Ohrfeige von einem Schuldeneintreiber in Anwesenheit all seiner Kunden und Angestellten ein. Wer also eine ruhige Komödie à la Zodiac erwartet, ist hier falsch aufgehoben.

Teilweise erscheint es, als wäre der Film für die Darsteller und nicht die Darsteller für den Film gecasted worden. So ist selbst die kleinste Nebenrolle genial besetzt und wirkt niemals überzeichnet. Ein Beispiel hierfür ist der Geldeintreiber zu Beginn, der bis dahin unbekannte Keith Williams Richards mit den markanten Gesichtszügen und einer rauchigen Stimme, der für diese Rolle entdeckt wurde. Oder Ratners Geschäftsfreund Demany, gespielt von LaKeith Stanfield, der in Ratners Laden gefälschte Rolex-Uhren lagert und verkauft, und nebenbei als Klunker-Berater für den Basketballstar Kevin Garnett fungiert.

Diesem zeigt Ratner seine erhoffte Lösung aller Probleme, bei der es sich um einen schwarzen Opal aus Äthiopien handelt, den er mit Hilfe äthiopischer Juden erhalten hat. Garnett, von der ersten Sekunde an besessen von dem Opal, verlangt ihn sofort kaufen zu können. Doch dieser ist bereits für eine Auktion vorgesehen, auf der ein Zigfaches des Angebotenen für Ratner rausspringen soll. Doch Ratner wäre nicht Ratner, wenn er sich nicht auf ein denkbar riskantes Geschäft einließe. Er leiht Garnett den Opal als Glückbringer für das kommende NBA-Spiel und erhält im Gegenzug dessen NBA-Meisterschafts-Ring als Pfand, den er jedoch gleich im Pfandhaus verleiht, um mit dem Geld auf die Mannschaft von Garnett zu setzen. Dies ist der Startschuss zu einer Reihe von tragikomischen Ereignissen, die den Zuschauer durch halb New York, und Ratler in noch so einige Schwierigkeiten führen werden.

Das Tempo verlangt dem Zuschauer einiges ab, bedenkt man, dass die Laufzeit von 135 Minuten nicht unbedingt Standard ist. Dennoch lohnt es sich dranzubleiben und mitzuerleben, wie Ratner keine Verschnaufpause vergönnt ist, und alle Erwartungen an die kommende Handlung geschickt nicht erfüllt werden und in der nächsten Szene in eine ganz andere Richtung führen. Dies führt manchmal zu Absurditäten, die es unmöglich machen vorherzusehen, was als nächstes passieren wird. Ein Beispiel ist eine Konfrontation mit dem Musiker The Weeknd, der sich selbst spielt, oder das spätabendliche Klopfen bei den Nachbarn, damit der eigene Sohn nicht in der Toilette der Zweitwohnung sein Geschäft verrichtet und somit die Geliebte des Vaters antrifft.

Der immer größer werdende unmenschliche Druck auf Ratner wird fast spürbar vor dem Bildschirm. Zu allen selbst- und unverschuldeten Umständen kommen auch noch verrückte Umstände hinzu, wie z.B. als die Elektrik der Doppeltür aus kugelsicheren Glas, die den Laden vor Kriminellen beschützen soll, nicht funktioniert und somit Unschuldige einsperrt. Diese Doppeltür wird zum Schluss des Films noch eine wichtige Rolle spielen. Aber die unvorhersehbare Handlung ist es nicht alleine, die ein schnelles Tempo vorgibt, sondern auch die Dialoge. Diese sind ein Potpourri aus Beleidigungen – selten hörte ich so oft das F-Wort in einem Satz und Film –, Verhandlungen und Beschwichtigungen. Man muss konzentriert dranbleiben, um den Faden nicht zu verlieren.

Die Verwirklichung des Filmes zog sich in die Länge und wäre fast gescheitert. Das Drehbuch haben die renommierten Regisseure Josh und Benny Safdie vor bereits 10 Jahren verfasst und dem gebürtigen New Yorker Adam Sandler angeboten, was dieser damals aber ablehnte. Der Film feierte Premiere im August 2019 auf dem Telluride Film Festival, bevor er im Dezember 2019 dann schließlich in die US-amerikanischen Kinos kam.

Man kann den Regisseuren dankbar sein, dass sie Durchhaltevermögen bewiesen haben, um Sandler für die Hauptrolle zu bekommen und dieser die Gelegenheit bekam zu beweisen, dass er auch in Charakterrollen brillieren kann. Öfters kommt man sich wie in einem Martin Scorsese vor, der auch als ausführender Produzent beteiligt war.

 

„Der schwarze Diamant“ ist seit dem 31. Januar 2020 auf Netflix verfügbar.

USA 2019

Regie: Josh und Benny Safdie

135 Minuten.

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