Die absurde Freundschaft Deutschlands mit dem Iran
Ein angeblich irregeleitetes Telegramm des Bundespräsidenten zum 41. Jahrestag der islamischen Revolution, das ausgerechnet auf den 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz folgte, enttarnt die Unaufrichtigkeit der deutschen Staatsraison.
Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft am 24. September 2019 bei den Vereinten Nationen mit Hassan Rouhani zusammen.© HO_ IRANIAN PRESIDENCY, AFP
Auf dem Weltholocaust-Forum in Yad Vashem in Jerusalem am 23. Januar anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:
«Die Verantwortung Deutschlands erlischt nicht. Wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden. Daran sollten Sie uns messen.»
Am 5. Februar schickte sein Büro versehentlich ein Glückwunschtelegramm an das iranische Regime anlässlich des «Siegestages der Islamischen Revolution» am 11. Februar.
Nach Angaben eines Sprechers von Steinmeiers Büro resultierte der Fehler aus einem Abstimmungsproblem mit der deutschen Botschaft in Teheran. Der Sprecher fügte hinzu, der Text des irrtümlich versandten Telegramms enthalte auch kritische Anmerkungen, obwohl er nicht veröffentlicht worden sei.
Die Absicht, die Gründung eines Regimes zu markieren, das Israel von der Landkarte tilgen will, ist nur eine von vielen deutschen Aktionen gegenüber dem Iran, die pro-jüdische und Menschenrechtsaktivisten dazu veranlassen, Deutschlands Reue angesichts des Holocausts anzuzweifeln.
Das Verhältnis Deutschlands zum iranischen Regime ist nach dem Drohnenangriff der Trump-Regierung vom 3. Januar 2020 nahe des Flughafens von Bagdad, bei dem der Leiter der Al-Kuds-Brigaden, General Kassem Soleimani, der iranische Chefarchitekt vergangener und bevorstehender Terroranschläge, getötet wurde, weiter unter die Lupe genommen worden. Der Iran reagierte mit Schlägen gegen zwei Militärstützpunkte im Irak, die US-Soldaten beherbergten. Außerdem drohte er damit, sich nicht mehr an das iranische Nuklearabkommen von 2015 zu halten, mit dem seine nuklearen Ambitionen eingedämmt werden sollten. Gleichzeitig ging die Regierung gewaltsam gegen iranische Bürger vor, die aus Protest gegen die derzeitige wirtschaftliche Stagnation auf die Straße gingen.
Deutschland bemüht sich trotz des Rückzugs der USA eifrig darum, das Abkommen am Leben zu erhalten und die amerikanischen Sanktionen zu umgehen.
«Das iranische Regime wurde gerade dabei gesehen, wie es friedliche Demonstranten auf der Straße tötete. Dieses Regime sollte nicht gefeiert werden», sagte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, gegenüber JNS. «Einer der Gründe, warum ich US-Botschafter in Deutschland sein wollte, war, dass ich die deutsch-amerikanischen Beziehungen so weit vertiefen und erweitern wollte, dass die deutsche Regierung nicht darüber nachdenken muss, auf wessen Seite sie bei einer globalen Krise oder Situation stehen würde – dass sie von Natur aus auf der Seite des Westens stehen würde», sagte Grenell weiter. «Ich glaube, dieses Glückwunschschreiben an das mörderische Regime im Iran hätte niemals verfasst werden dürfen, wodurch die Möglichkeit ausgeschlossen worden wäre, dass es fälschlicherweise verschickt wird.»
Mehr Interesse an kurzfristigen Geschäftsabschlüssen
Was treibt Deutschland dazu, in freundschaftlichen Beziehungen zu einem antisemitischen Regime zu verharren, und wie könnte es sich gegenüber den Menschen, die es zu schützen gelobt hat, rechtfertigen?
«Deutschland setzt sich intensiv für den Erhalt des Regimes der Islamischen Republik ein, weil es ein hohes Handelsvolumen mit den iranischen Herrschern hat und seine Außenpolitik nicht mit autoritären und totalitären Regimen streiten will», sagte Benjamin Weinthal, Fellow der «Stiftung zur Verteidigung der Demokratien» und Journalist, der ausführlich über diese Fragen berichtet. Weinthal führt weiter aus, dass die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel «ebenfalls sehr zurückhaltend dabei ist, das iranische Mullah-Regime zu kritisieren, weil sie das zutiefst fehlerhafte Nuklearabkommen nicht gefährden will, das meiner Ansicht nach dem iranischen Regime einen soliden Weg zum Bau einer Atomwaffenanlage bietet. Merkel ist mehr an kurzfristigen Geschäften mit den iranischen Machthabern interessiert, als ein völkermörderisches antisemitisches Regime daran zu hindern, ein Atomwaffenprogramm zu erhalten.»
Rabbiner Abraham Cooper, stellvertretender Dekan und Direktor für globale soziale Aktion am Simon-Wiesenthal-Zentrum, macht ebenfalls die finanziellen Interessen Deutschlands verantwortlich.
«Es ist klar, dass die Deutschland AG mit Unterstützung dieser Regierung die Entscheidung getroffen hat, die freundschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran aggressiv zu verteidigen. Was bedeutet, dass man im Jahr 2020 keine freundschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen hat, wenn man nicht gleichzeitig weiß, dass man es mit dem Korps der iranischen Revolutionsgarden zu tun hat, das im Wesentlichen vom [Obersten Führer des Iran] Ajatollah [Ali Chamenei] die Kontrolle über die Wirtschaft erhalten hat. Das macht die Sache ziemlich übel», sagte Cooper in einem Telefoninterview.
Cooper, der zusammen mit Steinmeier am Internationalen Holocaust-Forum teilnahm, ist besonders schockiert über die Weigerung Deutschlands, die Leugnung des Holocaust durch den Iran anzuprangern.
«Die deutsche Regierung hat im Moment nicht den politischen Willen gezeigt, den iranischen Hass zurückzudrängen, und sie hat immer wieder über alle ethischen Bedenken hinweg gestimmt», sagte er. «Was ist mit den Menschen im Iran, die verzweifelt einen Regimewechsel wollen?»
Ende Dezember folgte der Deutsche Bundestag den Aufrufen der US-Botschaft in Deutschland und jüdischer Gruppen wie dem Simon-Wiesenthal-Zentrum und dem Zentralrat der Juden in Deutschland, den gesamten Iran-Stellvertreter Hisbollah aus Deutschland zu verbannen. Bis dahin unterschied die deutsche Regierung zwischen dem militärischen und dem politischen Flügel der Hisbollah. Cooper ist skeptisch, dass Deutschland die unverbindliche Resolution gewissenhaft durchsetzen wird, was den Mangel an konsequenter Entschlossenheit Deutschlands zur Konfrontation mit dem Iran widerspiegelt.
«Ich denke, die Art und Weise, wie sie es rechtfertigen, ist: ‘Wir sind gute Freunde Israels’, sagte Cooper. «Und es stimmt, dass Deutschland Israel geholfen hat, U-Boote zu bekommen, und ich bin sicher, dass sie enge Verbindungen haben, was den Geheimdienst und damit zusammenhängende Fragen betrifft. Und ich habe mir vorgestellt, dass unterm Strich – kein israelischer Beamter hat es mir je gesagt – aber ich denke, die Israelis halten ihre öffentliche Kritik an Deutschland zurück, weil das, was sie von Deutschland bekommen, wichtig genug ist, und sie es sich nicht leisten können, einen Streit anzufangen.»
Der Zentralrat der Juden in Deutschland lehnte es ab, sich zu Steinmeiers Fauxpas oder zur deutsch-iranischen Außenpolitik zu äußern. Der AJC Berlin reagierte nicht auf eine Anfrage.
Keine Regierungsfeiern zum iranischen Nationalfeiertag
Das Pressebüro des Außenministeriums teilte JNS mit, dass die Einhaltung von nationalen Feiertagen anderer Länder Teil des diplomatischen Protokolls sei. Im vergangenen Jahr war das Auswärtige Amt unter Beschuss geraten, weil es Beamte zu den Feiern zum 40. Jahrestag des Regimes in die iranische Botschaft in Berlin geschickt hatte.
Das Ministerium reagierte nicht auf eine Bitte um Klärung der Frage, in welchem Umfang deutsche Diplomaten an den diesjährigen Feierlichkeiten teilgenommen haben. Es erklärte ferner, dass die Diplomaten angewiesen sind, die von Iran gesponserten Veranstaltungen bei antisemitischen oder anti-israelischen Aufrufen zu verlassen, und dass es «regelmäßig kritische Punkte in allen Bereichen sehr offen gegenüber dem Iran anspricht.»
Während die Ermahnungen des Simon-Wiesenthal-Zentrums und anderer jüdischer Gruppen manchmal auf taube Ohren zu stoßen scheinen, glaubt Cooper, dass die Juden Deutschland an sein leidenschaftliches «Nie wieder»-Versprechen erinnern müssen.
«Niemand hat gesagt, dass es einfach sein wird. Und eines ist sicher: Wir werden da sein, um auf sie einzuhämmern, bis wir ein paar Änderungen bekommen. Ich denke, wir müssen auch anerkennen, dass es in allen politischen Parteien viele Deutsche gibt, die sich über diese Politik aufregen. Und vielleicht werden sich die Dinge nach Merkels Abgang ändern.»
Aus dem Englischen von Daniel Heiniger
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