Die OSZE und noch mehr Antisemitismusbeauftragte als Schutz für deutsche Synagogen?

Wie Heiko Maas europäische Juden schützen will

Polizisten voe der Synagoge an der Oranienburger Straße.© AFP

Von Peter Grimm

Bundesaußenminister Heiko Maas erklärt in diesen Tagen engagiert, wie man sich gegen Antisemitismus und Judenhass einsetzen muss. Juden sollen sich in Deutschland und Europa schließlich wieder sicher fühlen. Und worüber denkt er konkret nach? Mehr Polizei? Strikte Kontrolle und Steuerung der Zuwanderung, um möglichst keine weiteren Judenhasser zu importieren? Nein, viel besser: Mehr Geld für die OSZE und mehr Antisemitismus-Beauftragte in der EU.

Heiko Maas ist bislang bekannt als Genosse, der nach eigener Aussage „wegen Auschwitz“ in die SPD und in die Politik gegangen ist, als Justizminister, der vormundschaftliche Gesetzgebung mag, als Außenminister, der vergessen hat, dass militärische Stärke gegenüber manch aggressivem Herrscher durchaus friedenssichernd sein kann, sowie als Experte für das Zeigen der richtigen Haltung, als solidarischer Besucher von Moscheen, wenn Muslimen wegen islamistischer Morde eine Rufschädigung drohen könnte – und als Autor von Büchern mit bester Gesinnung bei allerdings mäßigem Erfolg.

Wenn Genosse Maas jüngst auch als „Spiegel“-Gastautor brillierte, dann kann man erwarten, dass seine Zeilen richtungsweisend sind. Und er nimmt sich eines Themas an, dass zweifelsohne enorm wichtig ist, nicht nur in diesen Tagen, an denen es medial wegen des Gedenktagskalenders Konjunktur hat: Antisemitismus und Judenhass. Lesen wir also, was der Minister schreibt:

„Täglich werden sie auf unseren Straßen offen angegriffen oder im Internet bedroht und beschimpft. Allein in Berlin gab es in sechs Monaten mehr als 400 solcher Übergriffe – mehr als zwei pro Tag. Angesichts solcher Zahlen überrascht es mich nicht, dass fast jeder zweite Jude in Deutschland schon darüber nachgedacht hat, das Land zu verlassen. Schmerzen tut es umso mehr. Wir müssen dringend gegensteuern, damit aus solchen Gedanken nicht bittere Realität wird und es zum massiven Wegzug von Jüdinnen und Juden aus Deutschland kommt. Dass sich Menschen jüdischen Glaubens bei uns nicht mehr zu Hause fühlen, ist ein einziger Albtraum – und eine Schande, 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz.“

Antisemitismus-Beauftragte Dr. Felix Klein© AFP

 

Satire vom Außenminister?

Eingeleitet wurden diese Zeilen durch die Erinnerung an den bekannten Mord-Anschlag eines Rechtsextremisten auf eine Synagoge in Halle im Oktober, der an einer stabilen Tür gescheitert ist, weshalb der Täter dann aber zwei andere Menschen erschoss. Gegen solche Rechtsextremisten muss man zweifelsohne konsequent vorgehen. Allerdings dürften die mehr als 400 Übergriffe auf Juden in Berlin, die Maas hier erwähnt, zu großen Teilen einer anderen Tätergruppe zuzuschreiben sein: muslimischen Migranten bzw. islamideologisch geprägten jungen Männern mit Migrationshintergrund. Aber über diese Bedrohung für Juden in Deutschland spricht und schreibt der Genosse Maas ebenso ungern wie über linken Antisemitismus. Vielleicht traut er sich ja nur nicht, weil er als Möchtegern-Publikums-Liebling weiß, dass weder seine Leser, noch die des „Spiegel“ so etwas heutzutage lesen wollen. Folgen wir also weiter für ein paar Zeilen dem ministeriellen Autor.

„Worte reichen schon lange nicht mehr. In Halle war es nur eine Holztür, die Dutzende Menschenleben gerettet hat. Wir müssen jüdische Einrichtungen und Gemeinden besser sichern – nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Konkret werden wir der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa dafür in diesem Jahr eine halbe Million Euro zur Verfügung stellen.“

Entschuldigung, war das jetzt Satire? Oder will uns der deutsche Außenminister damit ernsthaft sagen, dass sich seiner Meinung nach die OSZE, die sonst eher Beobachtungsposten an Bürgerkriegsfronten wie in der Ost-Ukraine bezieht, um die Sicherheit im Vorfeld deutscher Synagogentüren kümmern soll? Oder ist ihm nur gerade keine bessere Maßnahme eingefallen, die er nach der Plattitüde, dass Worte nicht reichen, hätte erwähnen können? Bekommt die OSZE diese halbe Million ohnehin oder gibt’s die extra zum Schutze von Juden vor Antisemitismus?

Irgendwie müsste doch auch dem Außenminister klar sein, dass nicht die OSZE für den Schutz deutscher jüdischer Einrichtungen zuständig ist, sondern beispielsweise die deutsche Polizei. Und die kann – egal in welchem Bundesland oder auch im Bund – jedwede Zuwendung für die Beseitigung personeller und materieller Defizite dringend gebrauchen. Als Außenminister ist der Genosse Maas dafür zwar nicht zuständig, aber als Regierungsmitglied doch irgendwie auch nicht ganz einflusslos, oder?

Wer muss denn immer Vorreiter sein?

Während wir uns diese Gedanken über die vorigen Zeilen machen, hat der eigentlich angesprochene flotte „Spiegel“-Leser die hier kleinlich monierten Widersprüche gnädig übersehen. Ihm wurde schließlich gleich im nächsten Absatz erklärt, dass es hier gar nicht nur um die Verantwortungsbereiche praktischer deutscher Politik geht, sondern um das große Ganze:

„Doch damit ist es natürlich nicht getan. Täter wie der von Halle sind international vernetzt, sie radikalisieren sich im Internet, über Grenzen hinweg. Und egal, ob sich die Attacken gegen ein jüdisches Museum in Brüssel, einen koscheren Supermarkt in Paris oder eine Synagoge in Deutschland richten – jeder Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf Europa, auf unsere Kultur und unsere Werte. Denn Antisemitismus widerspricht allem, wofür Europa steht: Toleranz, Freiheit, Menschenwürde.“

Jawoll! Wenn man so groß denkt, dann kann man sich natürlich nicht um konkrete Kleinigkeiten kümmern, wie die hinreichende Ausstattung der Polizei oder um die Änderung einer Zuwanderungspolitik, die seit Jahren auch für Zuzug junger schlagkräftiger Judenhasser nach Deutschland sorgt. Dass es auch den eingeborenen Judenhass gibt, taugt an dieser Stelle kaum als Argument dafür, zusätzliche Antisemiten zu importieren und zu alimentieren.

Natürlich erinnert uns der Außenminister auch wieder an die besondere Rolle unseres Volkes:

„Wir Deutschen sind nicht nur aufgrund unserer Geschichte besonders gefordert: Im Sommer beginnt unsere Ratspräsidentschaft der Europäischen Union, im November unser Vorsitz im Europarat. Und bereits in wenigen Wochen übernehmen wir erstmals die Leitung der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken.“

Ja, wer, wenn nicht wir, sollte in Sachen Holocaust-Gedenken die Führung übernehmen? Zu führen, dass war einst beim Antisemitismus und ist jetzt beim Anti-Antisemitismus ein Anliegen der deutschen Regierung:

„Alle EU-Mitgliedstaaten haben sich vor gut einem Jahr verpflichtet, Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln. Gerade Deutschland muss hier vorangehen. Zu wenige Mitgliedstaaten haben nationale Beauftragte zum Kampf gegen Antisemitismus. Das muss sich ändern. Wir brauchen ein Europäisches Netzwerk aus Beauftragten aller Mitgliedstaaten, die den Kampf gegen Antisemitismus in einem Europäischen Aktionsplan bündeln.“

Im Beauftragtenwesen ist Deutschland nachweislich ein Vorreiter. Und so ein „Europäisches Netzwerk aus Beauftragten aller Mitgliedsstaaten“ im Bunde mit der OSZE wird die Antisemiten bestimmt in die Schranken weisen. Wollte uns Genosse Maas das sagen? Oder hatte er nur aneinandergereiht, was ihm beim Griff in seinen Textbausteinkasten zufällig in die Hand fiel?

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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