Jesus: Weder Heide noch Christ, sondern Jude.

War Nazareth, die Geburtsstadt Jesu, eine „heidnische“ Stadt? Immer wieder wird versucht die jüdische Identität des christlichen Glaubensstifters in Zweifel zu ziehen – die archäologischen Hinweise sprechen gegen diese Zweifel.

Von David Lazarus (Israel Heute)

Es gibt viele Gelehrte, die behaupten, Jesu Reformen seien stark von den griechisch-römischen Philosophen und der Kultur seiner Heimatstadt beeinflusst gewesen, nicht von den rabbinischen oder klassischen hebräischen und jüdischen Traditionen. Selbst der Begriff „Jesus von Nazareth“ reflektiert mittlerweile einen „heidnischen“ Jesus ohne jüdische Wurzeln, ein Bild, das verwendet wird, um das jüdische Erbe des Messias zu verschleiern.

Die archäologischen Funde in Nazareth sind eher spärlich und helfen kaum, Einzelheiten aus dem frühen Leben Jesu zu entdecken. In der Stadt Zippori (lat: Sepphoris) dagegen, der wichtigsten Stadt der Gegend, nur etwa 6 Kilometer von Nazareth entfernt, gibt es eine wahre Fülle an Funden, die uns dabei helfen können, die Welt zu verstehen, in der Jesus aufwuchs und welchen Einfluss sie auf sein junges Leben hatte.

Viele Gelehrte haben schon versucht, das antike Zippori als nicht-jüdisch darzustellen. Ein Gelehrter sprach von einer „aufstrebender griechisch-römischen Metropole“ mit einer Bevölkerung von „Juden, Arabern, Griechen und Römern“. Von einem „wichtigen römischen kulturellen und verwaltungstechnischen Zentrum“ ist die Rede, mit „allen Merkmalen einer hellenistischen Stadt“. (Richard A. Batey, Jesus and the Forgotten City, Grand Rapids, MI: Baker, 1991, p. 14)

Heute, nach mehr als 15 Jahren Ausgrabung in Zippori, sind Archäologen des „Biblical Archeological Review“ (BAR) zum Schluss gekommen, dass die Vorstellung, Jesus sei in einer griechisch-römischen Kultur aufgewachsen, höchst unzuverlässig ist, da dies in keinster Weise die Stadt und die Umgebung im 1. Jahrhundert n.Chr. widerspiegelt. Eindeutige archäologische Befunde beweisen, dass Zippori und seine Nachbarstadt Nazareth jüdisch, nicht „heidnisch“, gewesen sind, und dies trifft auf Galiläa generell zu.

 

Die Hinweise für jüdische Präsenz

BAR-Archäologen fanden Beweise für Zipporis tief verwurzelte jüdische Kultur in einem Ostrakon aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. Die Juden hatten sich im Jahr 167 v.Chr. erfolgreich gegen Antiochus IV. aufgelehnt, ein Sieg, der bis heute im jüdischen Hannuka-Fest gefeiert wird. Der Sieg Judas Makkabäus‘ und seiner Brüder führte zur Herrschaft der Hasmonäer über den ersten unabhängigen jüdischen Staat seit dem Fall Judas an die Babylonier (586 v.Chr.). Eine Inschrift auf einer Tonscherbe, die an einer Stätte gefunden wurde, die von den Makkabäern erobert wurde, enthält eine hebräische Transliteration des griechischen Wortes für „Manager“ oder „Aufseher“. Dies weist auf eine gut entwickelte jüdische Gemeinschaft in Zippori in der hasmonäischen Zeit hin (141–37 v.Chr.).

Archäologen haben in Zippori verschiedene jüdische Ritualbäder (Mikven) entdeckt, die ebenfalls aus der frühen Hasmonäerzeit stammen. Ein weiteres hebräisches Ostrakon aus derselben Zeitperiode weist darauf hin, dass tatsächlich Juden in dieser Zeit in Zippori lebten.

Josephus, ein jüdischer Historiker des 1. Jahrhunderts, beschreibt uns in seiner Geschichte der Juden, dass der Statthalter von Zypern einst versucht hatte, Zippori einzunehmen und es somit dem hasmonäischen König Alexander Jannaeus (103–76 v.Chr.) zu entreißen. Dies bestätigt, dass die Region zur Zeit Jesu unter jüdisch-hasmonäischer Herrschaft war.

Kurz nachdem der römische General Pompeius im Jahr 63 v.Chr. Syrien-Palästina eingenommen hatte, unterteilten die Römer Israel in fünf Regionen und setzten jüdische Räte ein, die sich der örtlichen Angelegenheiten ihrer Region annahmen. Zippori wurde als einzige Stadt in Galiläa mit jüdischem Rat gewählt. In seinen Berichten über Zippori und Umgebung erwähnt Josephus kein einziges Mal „heidnische“ Stadtbewohner. Ebenso wenig verweist er auf irgendwelche „heidnischen“ Tempel oder andere hellenistische Einrichtungen in der Stadt. In seinen Berichten gibt es nichts, was auch nur andeuten könne, dass Zippori irgendetwas anderes als eine jüdische Stadt war. Die späteren rabbinischen Traditionen bestätigen dieses Bild und bewahren die Erinnerungen der Teilnahme der Priester aus Zippori an den Tempelgottesdiensten in Jerusalem.

 

Schweinefleisch-freie Stadt?

Anhand der zu tausenden gefundenen Tierknochen gehen Archäologen davon aus, dass Schweinefleisch in Zippori nicht verspeist worden ist. Dieser Hinweis ist bedeutend, dann Funde aus der späteren byzantinischen Zeit in dieser Gegend zeigen, dass nicht-koscheres Schweinefleisch mehr als 30 Prozent des christlichen Speiseplans ausmachten.

114 Fragmente, die von Steingefäßen stammen, wurde in Zippori während der Ausgrabung gefunden. Im Judentum unterlagen Steingefäße nicht den Gesetzen der rituellen Reinigung. Das heißt, wenn Tongefäße rituell unrein wurden, mussten sie zerstört werden, bei Steingefäßen war dies nicht der Fall. Zur rituellen Reinigung der Hände wurden damals Steingefäße genutzt, die mit reinem Wasser gefüllt waren. Johannes 2,6 spricht von „sechs steinernen Wasserkrügen, nach der Reinigungssitte der Juden“. Sitzbänke in Badehäusern wurden aus diesem Grund ebenfalls aus Stein gefertigt. Dass in Zippori mehr als 100 Steinkrug-Fragmente gefunden wurden, deutet daher stark auf eine jüdische Einwohnerschaft hin.

Ebenfalls ausgegraben wurden unzählige Mosaikfragmente mit hebräischen und aramäischen Buchstaben. Auch die beiden unterschiedlichen Münzen, die in Zippori während der Großen Revolte gegossen wurden, legen nahe, dass die Stadt vorrangig jüdisch war. Keine der Münzen trägt ein Bild des römischen Emperors oder „heidnischer“ Gottheiten, obwohl diese Bilder auf Münzen damals üblich waren. Eine der Zippori-Münzen zeigt ein doppeltes Füllhorn mit einem Stab in der Mitte – ein gängiges Symbol der jüdischen Münzen des 1. Jahrhunderts.

 

Keine „Heiden“

Abschließen muss gesagt werden, dass es im 1. Jahrhundert keinerlei Hinweise auf eine „heidnische“ Präsenz in der Gegend gibt. Nach mehr als 15 Jahren umfangreicher Ausgrabungen sind weder Tempel entdeckt worden noch kultische Objekte, auch keine Inschriften, die auf die Anbetung „heidnischer“ Gottheiten deuten. Auch gibt es keine typischen architektonischen Besonderheiten einer hellenistischen Stadt, also weder Sporthalle, Hippodrom noch Amphitheater.

Alle Hinweise legen nahe, dass Jesus innerhalb einer jüdischen Bevölkerung lebte, die sich die jüdischen Gesetze und Traditionen der Bibel und der Mischna bewahrte. Er wuchs in einer Stadt und einer Region auf, die ihre starke jüdische Gesinnung beibehielt, trotz der griechischen und „heidnischen“ Einflüsse in der weiteren Umgebung. Seine Lehre wurde nicht von griechisch-römischer Philosophie oder Kultur beeinflusst, sondern stammt von den großen jüdischen und prophetischen Traditionen, die Kompromisse ablehnen und zu Reformen aufrufen, die nötig sind, um Gottes Volk wieder zum Gott Israels und seiner Offenbarung in der hebräischen Bibel zurückzubringen.

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