Zwischen Treue und Verrat

Liebesbeziehungen in NS-Deutschland zwischen Prominenten und ihren jüdischen Ehepartnern

Von L. Joseph Heid

Es gab in Deutschland bis 1935 wie selbstverständlich, wie sollte es anders sein, interkonfessionelle oder, wie sie in NS-Diktion hießen, „gemischtrassige“ Ehen. Mit der Verabschiedung der Nürnberger Rassegesetze vom September 1935 wurden diese Ehen oder Partnerschaften zum Problem: Das „Blutschutzgesetz“ verbot unter Androhung von Zuchthausstrafen Eheschließungen und außereheliche Beziehungen zwischen „Deutschblütigen“ und Juden, was als „Rassenschande“ gebrandmarkt war. Die Rassengesetze bestimmten fortan weite Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens der Bevölkerung und spielten zudem eine zentrale Rolle bei der Festlegung des Kreises derjenigen Personen, die im Zuge des NS-Mordprogramms aus großen Teilen Europas deportiert und ermordet werden sollten.

Doch wie sah die Praxis aus, wie ging das Regime insbesondere mit prominenten Paaren aus der Welt des Films, des Theaters, der Musik um, die in einer nunmehr verbotenen Lebensgemeinschaft verbunden waren – die Rühmanns, Albers’, Weills und wie sie sonst hießen? Die österreichische Autorin Evelyn Steinthaler verfolgt in ihrem vorliegenden höchst informativen und nachdenklich machenden Buch die Lebenslinien von betroffenen Paaren – Lotte Lenya und Kurt Weill; Meta Wolff und Joachim Gottschalk; Hansi Burg und Hans Albers sowie Maria Bernheim, Hertha Feiler und Heinz Rühmann. Sie stellt dabei Fragen: Wer verließ Nazi-Deutschland, wer blieb? Wer arrangierte sich mit dem System, wer ging daran zugrunde? Die grundsätzliche Frage lautet indes: Was geschah mit der Liebe in der Zeit des braunen Terrors, wenn jemand in den oder die Falsche verliebt war und mit einem Mal zu den vom Staat Geächteten gehörte? Evelyn Steinthalers Buch beschreibt eindringlich die Liebesbeziehungen zwischen Juden und Nichtjuden, die Künstler waren und von deren Konfrontation mit den menschenverachtenden, rassischen Vorgaben des NS-Regimes.

Nach 1933 standen die privaten Verbindungen der im Rampenlicht stehenden Stars nicht mehr nur im Fokus der deutschen Klatschpresse. Das nationalsozialistische Regime forderte von ihnen ein eindeutiges Bekenntnis, Liebesbeziehungen waren nunmehr eine öffentliche Staatsangelegenheit und es stellte sich die Frage, inwieweit es für die Karriere opportun war, in einer Partnerschaft zu verbleiben, die von den Machthabern verfemt war. Die Liebe wurde bespitzelt und denunziert.

 

Die Gottbegnadeten-Liste

„Rühmann, Heinz. Auf der Gottbegnadeten-Liste der Schauspieler, die für die Filmproduktion benötigt werden. ‚Systemerhaltender Komödiant’“. Diesen Eintrag findet man in Ernst Klees „Kulturlexikon zum Dritten Reich“. Unter dem Stichwort „Rühmann“ erfährt man weiter, dass laut Speer Hitler sich alle seine Filme angesehen hat und begeistert gewesen sein soll. In seinem Tagebuch notierte Joseph Goebbels unter dem 6. November 1936, das war gut ein Jahr nach den Nürnberger Rassegesetzen: „Rühmann klagt uns sein Eheleid mit einer Jüdin“. Zwei Jahre später, 1938, ließ sich der „jüdisch versippte“ Rühmann von seiner Ehefrau Maria, geb. Bernheim, scheiden und heiratete im Jahr darauf Hertha Feiler. Indes war es nicht so, dass sich Rühmann unmittelbar nach Verabschiedung der Nürnberger Gesetze von seiner Frau trennte – die Eheleute hatten sich längst entfremdet. Die Ehe Bernheim/Rühmann schien, das hat Rühmann später betont, aus künstlerischen und weniger aus politischen Gründen ein Ende gefunden zu haben. Vermutlich nur die halbe Wahrheit, denn die Trennung war für Rühmann vor allem der Angst geschuldet, seine aussichtsreiche Karriere mit einer Jüdin an seiner Seite aufs Spiel zu setzen. Er fand eine elegante Lösung für die Trennung von seiner Frau – er verkuppelte sie höchstpersönlich. Auch dies war, wie bei Hans Albers, eine Scheinehe, um die Jüdin Bernheim vor dem rassistischen Zugriff der Nazis zu schützen. Maria Bernheims Ehe mit einem Schweden bestand nur auf dem Papier. Sie war jedenfalls gerettet. Rühmann wurde folgerichtig von der „Judenliste“ gestrichen und die Karriere des ein regimegerechtes Leben führenden Rühmann gedieh prächtig.

Welch eine Ironie, dass die nächste Gattin Rühmanns, Hertha Feiler, nach der Rassenarithmetik der Nazis „Vierteljüdin“ war! Er war unbedingt auf seine Karriere bedacht, wollte durchkommen, ohne anzuecken, steckte jedoch zu tief in der Quadratur des Kreises der nationalsozialistischen Rassen-Ideologie.

Zwar verkehrte Rühmann mit jüdischen Kollegen, solange sie noch im Film- und Theaterbereich tätig sein durften. Persönlich ließ er es jedoch an Unterstützung für jüdische Kollegen mangeln. Vergünstigungen und Vorteile der NS-Führung nahm Rühmann dagegen gerne entgegen und Gala-Empfänge der NS-Elite ließ er sich selten entgehen.

Die „Vierteljüdin“ Hertha Feiler konnte bis 1945 mit einer Sondergenehmigung vor der Kamera stehen. Sie trug das barbarische System, das ihren Ehemann groß gemacht hatte, mit.

Dem Vernehmen nach gehörte das Mitglied des NS-Kampfbundes Rühmann zum „engeren Kreis“ um Goebbels. Von Hitler persönlich erhielt der Staatsschauspieler Rühmann eine steuerfreie Dotation in Höhe von 40.000 Mark. Vielleicht hat er von diesem Geld seine zum Schnäppchenpreis erworbene Villa am Kleinen Wannsee finanziert, die einen jüdischen Vorbesitzer hatte. Er ist erstaunlich, wie wenig Rühmanns Verstrickung in die NS-Kulturpolitik mit allen Verwerfungen nach 1945 zum Gegenstand der öffentlichen Vergangenheitsdebatte geworden ist. Er selbst hat darüber nicht sprechen wollen, fühlte sich, was sein Wirken in der NS-Zeit betraf, ganz und gar nicht „betroffen“.

Den Höhepunkt von Rühmanns Verstrickung in das NS-System mag die Tatsache belegen, dass er 1940, zu Goebbels’ 43. Geburtstag einen Film mit den Goebbel‘schen Kindern produzierte. Der Minister war ganz gerührt: „Wir schauen gemeinsam den Film an, den Heinz Rühmann mit den Kindern gedreht hat, zum Lachen und zum Weinen, so schön“. Rühmann selbst hat sich indes zeitlebens eine Rolle als „unpolitischer“ Schauspieler zugeschrieben.

 

Gnadengesuche für verfolgte Kollegen

Rühmann, der gleichwohl auch Gnadengesuche für verfolgte Kollegen verfasste, hat seine Mitwirkung in systemstabilisierenden Filmen während der NS-Zeit und seine Rolle als Werbeträger des Regimes nicht geschadet, im Gegenteil, er war der Deutschen allerliebster Schauspieler: 1966 erhielt der das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik, 1972 das Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film, zwölfmal war er Bambi-Preisträger.

Wussten diese gehätschelten und getätschelten Künstler nicht, worauf sie sich einließen? Sie, die von den Nazi-Granden hofierten Schauspieler, Regisseure, Künstler, die gebraucht wurden, nachdem man die jüdischen Kollegen längst aus dem Land gejagt hatte? Viele dieser gottbegnadeten Mimen haben den „Führer“ geradezu herbeigesehnt als dieser noch eine unbekannte Größe war. Wie etwa Werner Kraus, unter den Nazis zum Reichskultursenator avanciert, der seine antijüdischen Affekte schon lange vor der Inmachtsetzung Hitlers in den 1920er Jahren unter Beweis gestellt und gegen die „Judenwirtschaft“ auf den Bühnen gehetzt hat. Oder die Staatsschauspieler Gustav Knuth, Dieter Borsche, Paul Hörbiger und all die anderen, die ihre patriotische Pflicht im Rahmen der Truppenbetreuung erfüllten, als sie in Konzentrationslagern und Städten, die Standorte von Ghettos und Mordstätten waren, aufspielten und die SS-Wachmannschaften zum Lachen brachten und bei Laune hielten. Dass sie nicht im Sanatorium auftraten, daran erinnerte sie der süßliche Geruch verbrannten Menschenfleischs, der auch ihnen in die Nase stieg.

Mitmachen, Innere Emigration oder Gang ins Exil – das waren die drei Möglichkeiten, die Kulturschaffende in Hitler-Deutschland blieben, um auf die NS-Kulturpolitik zu reagieren. Diese Alternativen galten selbstredend für nichtjüdische Kulturschaffende. Juden blieben nur drei Möglichkeiten: emigrieren, solange es noch ging, oder brotlos bleiben, ermordet werden oder selbst Hand an sich zu legen. Der 67-jährige Albert Bassermann, einer der größten Schauspieler seiner Zeit, kehrte Deutschland 1934 gemeinsam mit seiner jüdischen Ehefrau, der Schauspielerin Else Schiff, den Rücken, da für ihn die Diskriminierungen gegen seine Frau nicht länger zu ertragen waren.

 

Aus Liebe in den Selbstmord

Vom bekannten Schauspieler Jochim Gottschalk, seit 1930 mit der jüdischen Schauspielerin Meta Wolff verheiratet, forderte der Sonderbeauftragte für „Kulturpersonalien“, Hans Hinkel, die Scheidung – oder Berufsverbot. „Pfui Deibel, wenn man sich vorstellt“, empörte sich der hinkende Doktor Goebbels, „dass dieser Mann tagsüber im deutschen Film dicke Gelder einschiebt und sich nachts mit seiner Judenkalle ins Bett legt“. Gottschalk weigerte sich und wurde fortan nicht mehr besetzt. Als seine Familie nach Theresienstadt deportiert werden sollte – Gottschalks Bitte, zusammen mit seiner Familie deportiert zu werden, war abgelehnt worden –, sah Joachim Gottschalk keinen Ausweg mehr und beging mit seiner Frau Meta und dem Sohn am 6. November 1941 in seiner Wohnung in Berlin-Grunewald Selbstmord. In seiner bekannt zynischen Art notierte Goebbels am 7. November 1941 in sein Tagebuch: „Am Abend kam noch die etwas peinliche Nachricht, dass der Schauspieler Gottschalk, der mit einer Jüdin verheiratet war, mit Frau und Kind Selbstmord begangen hat. Er hat offenbar keinen Ausweg mehr aus dem Konflikt zwischen Staat und Familie finden können. Ich sorge gleich dafür, dass dieser menschlich bedauerliche, sachlich fast unabwendbare Fall nicht zu einer alarmierenden Gerüchtebildung benutzt wird“. Der Staatsschauspieler Eugen Klöpfer kommentierte den Selbstmord des Ehepaars mit der zynischen Bemerkung, dies sei eine Verzweiflungstat „infolge des schlechten Einflusses seiner jüdischen Frau“ gewesen.

Goebbels verbot jeglichen Nachruf. Die Teilnahme an der Beerdigung wurde untersagt, die Teilnehmer von der Gestapo fotografiert. Trotzdem gaben einige Kollegen das letzte Geleit.

Welch eine Bigotterie: Der Filmkomponist Wolfgang Zeller komponierte 1940 die Musik zum „Jud Süß“-Film und 1947 zum ostzonalen DEFA-Fim „Ehe im Schatten“ über den mit einer „Jüdin“ verheirateten Schauspieler Joachim Gottschalk.

Die Zeitenwende hatte der geniale Komponist und Schöpfer der „Dreigroschenoper“, Kurt Weill, sehr schnell zu spüren bekommen. Ab 1933 erreichten ihn in seinem Haus Briefe mit unmissverständlichen Botschaften:

„Juden wie Sie sind in Kleinmachnow unerwünscht!“

In diesem Berliner Vorort lebte Weill mit seiner Frau, der berühmten Schauspielerin Lotte Lenya. Sich mit dem NS-Regime zu arrangieren, war für das politisch engagierte Paar ein Ding der Unmöglichkeit. Sie waren in das Fadenkreuz der Nazis geraten, nicht nur, weil Weill Jude war. Kurt Weill galt als „entartet“, seine Notenblätter wurden am 10. Mai 1933 am Berliner Opernplatz verbrannt. Weill galt den Nazis als künstlerisch „undeutsch“, Lotte Lenya der Gegenentwurf zum Idealbild einer deutschen Frau: unabhängig, promiskuitiv, kinderlos und laut, kurz, das Ehepaar Weill/Lenya zählte zum Typ „Kulturbolschewisten“. In den Widerstand zu gehen war für die beiden keine Option. So blieb ihnen allein, Deutschland zu verlassen. Es war weniger eine Emigration als mehr eine Flucht. Für Weill war damit das Kapitel Deutschland abgeschlossen. In einem Interview 1978 sagte Lotte Lenya über ihren Mann, mit dem sie eine stürmische Ehe geführt hatte: „Danach sprach er nie mehr über Deutschland, und nie wollte er dorthin zurück. Nicht einmal für einen Tag“.

Eine Besonderheit nazistischer Kulturpolitik war die „repressive Toleranz“, die Goebbels gegenüber jüdischen Künstlern an den Tag legte, die nicht Mitglied der Reichskulturkammer sein durften. Diese durften im Jüdischen Kulturbund tätig sein und bis zum 11. September 1941, d. h. bis kurz vor dem Beginn der systematischen Deportationen aktiv bleiben. Goebbels waren alle Mittel recht, wenn es um die Wirkung ging: Er ließ sogar potentielle Emigranten bitten, in Deutschland zu bleiben und setzte sich zum Teil erfolgreich für die Rückkehr prominenter Flüchtlinge ein – soweit sie „arisch“ waren. Wenn es seinen Zielen diente, unterstützte er sogar in „Ehrenarier“ umgewandelte „jüdischbürtige“ Deutsche oder mit Jüdinnen verheiratete Komponisten und Schauspieler wie Franz Lehar, Hans Moser und Leo Slezak.

Vereinzelt konnten nach den Nürnberger Gesetzen sogenannte Halb- oder Vierteljuden noch weiterarbeiten. Man hatte sie durchaus nicht übersehen oder vergessen, es war vielmehr so, dass durch das Wohlwollen direkter Vorgesetzter und hilfreicher Kontakte vereinzelt Ausnahmen gemacht wurden. Goebbels behielt es sich in selbstherrschender Attitüde vor zu entscheiden, welche Beziehung noch goutiert werden konnte: „Halbjuden sind (…) nur in ganz besonderen Einzelfällen und nur mit meiner persönlichen ausdrücklichen Genehmigung zu belassen; (…) wer mit einer Jüdin verheiratet ist, wird grundsätzlich wie ein Halbjude behandelt“.

 

Hans Mosers und Theo Lingens Frauen

Doch es ging auch anders: Wie Rühmann war auch der nuschelnde Hans Moser mit einer Jüdin verheiratet. Er konnte in der NS-Zeit nur mit einer Sonderbewilligung von Goebbels spielen. Moser, auch er auf der „Gottbegnadeten-Liste“ geführt, schrieb Hitler im Oktober 1938 einen persönlichen Brief, den er mit der Anrede „Mein Führer!“ begann: „Ich bitte Sie [...] inständigst, meiner Gattin die für Juden geltenden Sonderbestimmungen gnadenweise zu erlassen“. Moser schloss seinen Brief mit „Heil mein Führer!“ Mosers Frau blieb unangetastet. Ebenso geschah es mit Frau Marianne Zoff, Theo Lingens nicht-„arischer“ Gattin. Zwischen 1933 und 1945 spielte Lingen in sage und schreibe 96 Filmen – mit Sonderbewilligung von Joseph Goebbels.

Hans Moser war einer der wenigen Schauspieler, der mit einer sonst so fragilen Sondergenehmigung auf der „Gottbegnadeten-Liste“ zu finden war.

Hans Albers war innerhalb des NS-Kulturbetriebs eine Ausnahmeerscheinung. Aufgrund seiner großen Beliebtheit nahm er sich gegenüber den Nazi-Führern Dinge heraus, die sich sonst niemand anders zu trauen wagte und nachgerade subversive Züge besaß. Mit Joseph Goebbels, der den gesamten deutschen Film bestimmte, spielte der renitente Schauspieler Albers ein spöttisches Katz-und-Maus-Spiel. Evelyn Steinthaler urteilt über ihn: „Arrangiert und gefeiert und doch von einer Haltung, die zwar nicht von Widerstand gegen die Nationalsozialisten zeugt, sondern als gelebter Dissens verstanden werden kann“. Die braune Elite verlangte von den Stars vorbildhaftes Verhalten im nationalsozialistischen Sinne und damit auch „rassisch“ einwandfreie Beziehungen. Wer diesen immanenten Forderungen des Regimes nicht nachkam, riskierte nicht nur in Ungnade zu fallen, sondern auch schwere Strafen. Es sei denn, man hieß Albers.

Albers pfeift auf alle Regeln

Bei Empfängen der Nazi-Prominenz sah man Albers nie, stets hatte er eine Ausrede parat. Anders als sein Filmkollege Rühmann gibt es keine Fotos, die ihn mit Goebbels oder Hitler zeigen.

Um seine Liebesbeziehung zu der Jüdin Hansi Burg zu schützen, entschied sich das Paar, dass die Verlobte einen Norweger heiratet, die norwegische Staatsbürgerschaft annahm und dadurch vom Zugriff durch die NS-Behörden geschützt war. Eine Scheinehe! Hansi Burg war nicht die einzige Jüdin, die in Nazi-Deutschland diese Art von Schutzehe einging, um vor Übergriffen sicher zu sein und unbehelligt ausreisen zu dürfen. Das Paar lebte weiterhin zusammen. Doch ihr unsicherer Status war auf Dauer nicht aufrecht zu halten. Hansi Burg verließ Deutschland, allein, und kehrte erst nach dem Krieg nach Deutschland – und zu Hans Albers – zurück. In dem Film „Wasser für Canitoga“ singt Albers das Lied „Good bye Johnny“, in dem es heißt: „Eines Tages – mag’s der Himmel sein? Mag’s beim Teufel sein? – sind wir wieder vereint“. Damit drückte Albers zugleich seine Sehnsucht aus, die Geliebte Hansi Burg wiederzusehen.

Auch wenn es nach 1945 keinen „offiziellen“ Rückruf an die vertriebenen jüdischen Künstler gab zurückzukommen, entschlossen sich einige zur Rückkehr in die ehemalige Heimat. Eine war die österreichische Schriftstellerin Hilde Spiel. Als sie ihr vormaliges Stammcafé Herrendorf in Wien besuchte, bemerkte der Oberkellner: „Die Frau Doktor haben gut daran getan, dass Sie fort sind. Allein die Luftangriffe – dreimal haben sie die ganze Stadt in Brand gesteckt“.

Mit den hier versammelten Liebesgeschichten prominenter Menschen wird eigenem Selbstverständnis nach vom höchst willkürlichen Einfluss der Politik auf das Private erzählt, von Egomanie der Herrschenden, von der Bedeutung der Kunst für totalitäre Regime, von Grenzen der Zuneigung durch politisch beeinflusste Karriereplanung, von Kunst im Dienste der Propaganda, von Anpassung, Karrierismus, von Opportunismus und widerständischem Verhalten und persönlichen Handlungsspielräumen, die auch in der NS-Diktatur in begrenztem Maße bestanden. Evelyn Steinthaler berichtet auch von Solidarität und von selbstverständlicher Liebe, die imstande ist, Widrigkeiten und Versuchungen zu trotzen.

Viele der in der Steinthaler‘schen erwähnten im Rampenlicht gestandenen Stars haben sich später damit gerechtfertigt, während der NS-Jahre eine passive und unpolitische Position bezogen zu haben. Dass jedoch genau dieser vorgegebene scheinbare Rückzug in das Private eine politische Haltung und keineswegs das vermeintliche Gegenteil war, steht außer Frage. Es ging auch zwischen 1933 und 1945 um vorhandene Handlungsspielräume in scheinbar aussichtslosen Momenten. Die von Evelyn Steinthaler porträtierten Personen haben sich in ihren Paarbeziehungen auf höchst unterschiedliche Weise gegenüber dem NS-Regime positioniert. Sie unterwarfen sich dem System, halfen vielleicht da und dort ohne in den politischen Widerstand zu gehen, begegneten ihm mit Zynismus, sahen keinen anderen Ausweg als den Tod, entschieden sich für offene Gegnerschaft oder Flucht.

 

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