Deutschland und seine jüdischen Soldaten (II)

Deutsche jüdische Soldaten feiern Chanukka, 1916© Center for Jewish History, NYC
Im Ersten Weltkrieg meldeten sich außergewöhnlich viele Juden zum Kriegsdienst, fest entschlossen, ihre deutsche Heimat zu verteidigen. Obwohl über 12.000 jüdische Soldaten auf dem Schlachtfeld fielen und es über 2000 jüdische Offiziere gab, kursierte das antisemitische Gerücht, die Juden würden sich vor dem Kriegsdienst drücken. Im Oktober 1916 kam es dann zu der sogenannten „Judenzählung“, mit deren Hilfe das preußische Kriegsministerium den Anteil der Juden an der Front nachprüfen ließ. Tatsächlich lag der Prozentsatz der jüdischen Freiwilligen über dem Gesamtdurchschnitt der deutschen Bevölkerung.
Auch Walther Rathenau konnte, wie andere jüdische Bewerber auch, in der preußischen Armee nicht Offizier werden, eine Zurücksetzung, unter der er sein Leben lang gelitten hat. Selbst seine großbürgerliche Herkunft und eifrigste Dienstleistung vermochten nicht, die in dem Gardekürassier-Regiment vorherrschenden Exklusivitätsvorstellungen zu brechen. Der Jude Rathenau wurde nicht zum Offizier gewählt oder ernannt und konnte nur zum Vizewachtmeister aufsteigen und damit blieb ihm ein Statusgewinn versagt. Da Rathenau sich zu einem Glaubenswechsel nicht entschließen mochte, musste er seinen Wunsch auf Zulassung zu der im Kaiserreich mit hohem Prestige versehenen Position des aktiven und auch des Reserveoffiziers aufgeben. In dieser Zurückweisung von der Offizierslaufbahn lag einer der wundesten Punkte in seinem Leben. Dies war der „schmerzliche Augenblick“ an dem er sich zeitlebens erinnerte: Ihm war zum ersten Mal voll bewusst geworden, dass er als „Bürger zweiter Klasse in die Welt getreten“ war. Und keine Tüchtigkeit und kein Verdienst konnten ihn aus dieser Lage befreien.
Wehrdebatte im Reichstag
Das Problem der Beförderung jüdischer Soldaten zu Reserveoffizieren wurde wiederholt im Reichstag debattiert. So zum Beispiel 1913 anlässlich der Wehrdebatte im Reichstag bei der Frage um die Aufnahme von Juden ins Offizierskorps. Die in Bayern etwas liberalere Praxis bezüglich der Dienstbefreiungen an jüdischen Feiertagen oder Fragen der Beköstigung gemäß den jüdischen Religionsgesetzen erreichte sehr schnell ihre Grenzen, wenn es um die Beförderung ging. Als im Jahre 1913 jüdische Soldaten einmal Dienstbefreiung beantragten, schrieb das Kriegsministerium: „Eine Einführung der Juden in unsere christliche Feiertagsordnung ist unbedingt zu fordern. Wem’s nicht recht ist, der soll nach Palästina!“ Oder ein andermal hieß es: „Die Truppe hat anderes zu tun, als fortgesetzt Rücksichten auf alle möglichen Sonderklassen zu üben“.
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