Südafrikas lange Geschichte des Hasses
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Die Freundschaft zwischen Nelson Mandela und Jassir Arafat wirkt bis heute nach.© AHMAD GHARABLI_AFP
Große Teile des „woken“ Westens lassen sich von dem Mythos Nelson Mandelas blenden und verkennen nur allzu gern die neue Apartheid in Südafrika: Die strukturelle Diskriminierung weißer Südafrikaner und die rassistisch-motivierte Gewalt gegen sie. In den Augen des militant anti-weißen African National Congress (ANC) steht Israel vorsätzlich wahrheitsentstellend und stellvertretend für den „weißen Westen“ und die sogenannten „Palästinenser“ irrsinnigerweise für den unterdrückten „Globalen Süden“. Diese Sichtweise hat in Südafrika Tradition, denn schon als der ANC eine verbotene Terrororganisation war, bestanden enge Verbindungen mit der sogenannten Palestine Liberation Organisation (PLO) und der Terrorist und Juden-Mörder Jassir Arafat wurde sowohl von Nelson Mandela als auch von Desmond Tutu als Verbündeter und Bruder im Geiste gepriesen. (JR)
Südafrika hat Israel wegen des Krieges gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in den Haag des Völkermords angeklagt. Dies ist ein ungeheuerlicher Vorgang, gerade so kurz nach dem furchtbaren Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, mit etwa 1200 Ermordeten und 240 Geiseln, von denen etliche ebenfalls bereits brutal ermordet wurden. Hier wird Täter-Opfer Umkehr betrieben von einem Land welches mal mit Nelson Mandela als Präsident als das moralische Vorbild für die Welt galt und sich selbst immer noch dafür hält.
Völkermord gilt als das wohl schlimmste Verbrechen und wird deswegen auch weltweit geächtet. Definiert wird es nach der „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes der Vereinigten Nationen (VN)“, welche von 153 Mitgliedsstaaten der VN, auch Südafrika und Israel, ratifiziert wurden, als „eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören durch:
a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;
d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;
e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.
Nach Artikel III der Konvention sind folgende Handlungen zu bestrafen:
a) Völkermord,
b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord,
c) unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord,
d) Versuch, Völkermord zu begehen,
e) Teilnahme am Völkermord“
(zitiert aus Wikipedia)
Völkermord geht noch weiter als Kriegsverbrechen. Bei Völkermord muss ein regelrechter Plan dahinterstehen. Es reicht nicht, wenn einzelne Abteilungen oder Individuen im Krieg Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung begehen, es muss der Vorsatz der Ausrottung bestehen.
Der Internationale Gerichtshof
Der IGH ist die höchste Rechtsinstanz der Vereinten Nationen, welche Streitpunkte zwischen Staaten beilegt und sich dabei nach der Charta der Vereinten Nationen richtet. Nur souveräne Staaten können Parteien zum IGH sein und andere Staaten anklagen. Internationale Organisationen und autonome Gebiete oder nicht-anerkannte Staaten können den IGH nicht anrufen. Das heißt zum Beispiel, dass Gaza als autonomes Gebiet Israel nicht anklagen kann und einen anderen Staat benötigt, dies zu tun. Normalerweise geht es bei Klagen vor dem IGH um Grenzdispute, und im Durchschnitt werden nur 3 Fälle pro Jahr vorgebracht, zumal die Bearbeitung oft Jahre in Anspruch nimmt. Es gab allerdings auch schon in der Vergangenheit Anklage wegen Völkermordes: beispielsweise wurde Myanmar (Burma) von Gambia wegen des Völkermordes an der Bevölkerungsgruppe der Rohingyas angeklagt. Auch klagte die Ukraine Russland wegen des Überfalls auf sein Territorium an. Russland rechtfertigte seinen Angriff mit dem Schutz der Russischsprachigen Minderheit in der Ukraine gegen Völkermord, konnte aber keine Beweise dafür liefern.
Die Anhörungen beim IGH zum vermeintlichen Völkermord Israels an der Bevölkerung des Gaza-Streifens fanden am 11. und 12. Januar statt. Südafrika, vertreten durch die Rechtsanwälte Adila Hassim und Tembeka Ngcukaitobi, argumentierte, dass Israel ohne Rücksicht auf Verluste den dichtbevölkerten Gazastreifen bombardiere mit dem Ziel, so viele „Palästinenser“ wie möglich, speziell Frauen und Kinder, zu töten. Die Zahl von 23.350 getöteten Zivilisten wurde angeführt. Diese Zahl, wie auch die Art der Anschuldigung, wurde allerdings unkritisch von der Hamas übernommen, welche es bekanntlich mit der Wahrheit nicht genau nimmt und für seinen Propagandakrieg so viele Tote wie möglich braucht. Als weitere „Beweise“ wurden Aussagen von israelischen Politikern und hohen Militärs zitiert, allerdings oft verkürzt und ohne den nötigen Kontext. Auch Aussprüche von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der die Vernichtung der Hamas angekündigt hatte, wurde als Beweis zum Aufruf zum Völkermord angeführt. Südafrika verlangt vom IGH, Israel aufzufordern, sofort den Krieg gegen die Hamas zu beenden. Das Land beruft sich dabei auf die oben genannte Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes der VN vom 9. Dezember 1948.
Israel, repräsentiert durch Tal Becker, Rechtsberater des israelischen Außenministeriums, wies die Anschuldigungen als unbegründet zurück und antwortete, dass Israel das Opfer von Völkermord war und ist, und dass der Terrorangriff von Hamas vom 7. Oktober 2023 der schlimmste Massenmord auf Juden seit dem Holocaust war. Dadurch, dass Südafrika Hamas unterstützt, wird das Land selbst zum Mittäter von Terrorismus. Er verwies auch darauf, dass Israel gezielt zivile Opfer zu vermeiden versuche durch Schutzzonen und Warnungen vor bevorstehenden Angriffen.
Israel nimmt Rücksicht auf Zivilisten
Selbst wenn die von Südafrika vorgebrachten Zahlen korrekt sind (was stark bezweifelt werden kann), ist dies noch kein Völkermord, weil nicht gezielt Zivilisten ermordet und vertrieben werden, sondern schlimmstenfalls als „Kollateralschaden“ im Kampf gegen Terroristen, die sich zwischen Zivilisten verstecken, in Kauf genommen werden. Hamas dagegen hat gezielt unbeteiligte Zivilisten brutal ermordet und entführt, weil sie zu einer bestimmten Ethnie und Religionsgemeinschaft gehören und sich damit noch gebrüstet. Das Hamas für die Menschen, die es angeblich repräsentiert, die „Palästinenser“, keinerlei Empfindungen hat, wurde oft genug dadurch bewiesen, dass diese als menschliche Schutzschilde missbraucht wurden und Hamas seine Terrorzentralen bevorzugt in oder neben Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten hat.
Die Bearbeitung des Falles kann Jahre dauern. Für Südafrika reicht es nicht, die Propaganda der Hamas zu wiederholen, es müssen Beweise für diese ungeheuerliche Anklage geliefert werden. Es bleibt abzuwarten, ob Südafrika, was geographisch sehr weit entfernt vom Ort des Geschehens ist, eigene Beweise erbringen kann. Allerdings sind die VN gegenüber Israel stark voreingenommen.
Urteile des IGH sind zwar nicht bindend, es wäre allerdings eine herbe moralische Niederlage für Israel, sollte Südafrikas Klage stattgegeben werden. Auch für Israels Unterstützer wäre dies schmerzhaft und könnte zu einer Absetzbewegung führen. Vor einem finalen Urteil kann der IGH Israel auffordern, seinen Feldzug gegen die Hamas zu stoppen, wenn dies als vorläufige Maßnahme zur Verhütung eines Volksmordes angesehen wird. Da Gaza kein souveräner Staat ist, würde dies bedeuten, dass die Aufforderung zum sofortigen Waffenstillstand durch den IGH nur für Israel gilt und Hamas als nicht-staatliche kriegsführende Partei weiter morden kann. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Israel sich nicht vom IGH von seinem Kampf gegen Hamas abhalten lässt.
Politische Instrumentalisierung
Zahlreiche westliche Regierungen, auch Deutschland, sprangen Israel zur Seite und schlossen sich der Einschätzung an, dass diese Anklage „jeder Grundlage entbehrt“. Völkermord solle nicht zur politischen Instrumentalisierung missbraucht werden, ließ Regierungssprecher Steffen Hebestreit verlauten. Deutschland wolle sogar als Drittpartei zugunsten Israels auftreten. Es ist erfreulich, dass Deutschland diesmal keine „Äquidistanz“ übt und sich auch nicht von einer Mandela-Nostalgie lähmen lässt.
Am Freitag, den 26.01. hat der IGH ein erstes vorläufiges Urteil gefällt, nämlich, dass die Klage nicht abgewiesen wird, also nach Meinung des IGH eine gewisse Substanz habe. Von Israel wurde gefordert, bei dem Militäreinsatz Menschenleben zu schonen und innerhalb eines Monats zu seinen diesbezüglichen Aktionen Meldung an den IGH zu machen. Bezeichnenderweise wurde allerdings keine Einstellung des Militäreinsatzes gegen die Hamas gefordert. Südafrika hat dieses erste vorläufige Urteil bereits als Erfolg gewertet. Israel ließ verlauten, dass es keine Lektionen brauche und bereits sein mögliches tue, zwischen Terroristen und Zivilisten zu unterscheiden.
Ob es Südafrika hier wirklich um die „Palästinenser“ und um Menschenleben geht, kann bezweifelt werden. Gerade in Afrika, um nicht zu sagen in Südafrika selbst, gibt es mehr als genug menschliches Elend und Opfer von Gewalt. Südafrika möchte allerdings sich gerne jetzt, wo alle Augen auf Israel gerichtet sind, als „Kämpfer für die Unterdrückten der Dritten Welt“ darstellen und Punkte bei seinen BRICS-Kollegen, die oft selber anti-israelisch eingestellt sind, sammeln.
Ein anderer Grund könnte sein, dass Präsident Cyril Ramaphosa auf diese Weise von der großen Unzufriedenheit in seinem Land ablenken will. In diesem Jahr sind wieder Parlamentswahlen in Südafrika und Ramaphosa muss etwas tun, um die schlechten Werte seiner Partei, des African National Congress (ANC), der erstmals seit 1994 unter 50% fallen könnte, zu verbessern. Arbeitslosigkeit, horrende Kriminalität und eine verfallende Infrastruktur sind schon lange große Probleme und die Regierung tut nichts dagegen, sondern torkelt von einem Korruptionsskandal zum nächsten, ohne dass dies Konsequenzen hätte. Selbst wenn mächtige Politiker gerichtlich verurteilt werden, was an sich schon mutig ist in einem Land mit politischen Morden, dann fehlt einfach die Macht, diese auch zu bestrafen, da Partei, Regierung und Staatsorgane zunehmend eine Mafia-ähnliche Einheit formen. Lediglich das Justizsystem und die Medien gelten noch als relativ unabhängig, allerdings möchte die Regierung diese auch gleichschalten und mischt sich immer wieder in den Justizprozess oder in die freie Meinungsäußerung ein. Die Gleichsetzung von Kritik an der Regierung mit Rassismus und Apartheid-Verherrlichung ist dabei schon so abgegriffen, dass es zum Bestandteil zynischer Witze geworden ist. Wenn es schon innenpolitisch erbärmlich aussieht, dann kann man außenpolitisch „glänzen“ in der Rolle des vermeintlichen Kämpers für die Unterdrückten.
Durchsichtiges Ablenkungsmanöver
Das Ablenken der Unzufriedenen durch Mobilisierung gegen ein Feindbild funktioniert leider immer noch in Südafrika und wird oft gegen die eigene weiße Minderheit angewendet. Auch die jüdische Bevölkerung Südafrikas sieht sich zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt, sowohl von amtlicher Seite als auch von Teilen der Bevölkerung die stark mit den „Palästinensern“ sympathisieren.
Das Verhältnis zwischen Israel und Südafrika war früher einmal, in den 1970ern und 1980ern, sehr gut. Es gab sowohl gemeinsame politische Ziele als auch wirtschaftliche Interessen, vor allem rundum den Diamantenhandel. Seit der Machtübernahme des ANC im Jahr 1994 scharrt sich das Land auf der Seite der anti-westlichen und islamischen Welt, auch wenn die wirtschaftlichen Verbindungen noch fortbestehen und auch Südafrikas jüdische Minderheit nach wie vor stark in bestimmten Wirtschaftszweigen repräsentiert ist. Nach dem fürchterlichen Angriff auf Israel reagierte Südafrika sehr spät und verurteilte diesen nur halbherzig, war aber sofort zur Stelle, als der Krieg gegen die Hamas begann und beendete die diplomatischen Beziehungen mit Israel. Die Anklage vor dem IGH geht noch einen Schritt weiter. Selbst arabische Länder und traditionelle Feinde Israels gingen nicht so weit und sehen die Hamas als Bedrohung an für welche es sich nicht einzutreten lohnt.
Südafrika befindet sich zunehmend wieder auf der falschen Seite der Geschichte, nachdem der international gefeierte „Messias“ Mandela in den Augen der Welt nichts falsch machen konnte. Das Land fühlt sich stark hingezogen zu den „bösen Buben“ der Welt und ist befreundet mit Kuba, Venezuela, Russland, Iran und China und hasst förmlich alles, was „westlich“ ist.
Südafrikas regierende Elite ist ganz und gar in dem „woken“ Denken verhaftet, was sich zunehmend auch in den linken Eliten des Westens ausbreitet, nämlich dass Bosheit und Güte an der Hautfarbe und auch am Geschlecht hängen (Post Colonial Studies, Intersectionality), mit weißen Männern als grundsätzlich bösen Tätern und schwarzen Frauen als personifizierter Unschuld und ewigem Opfer, und allen Schattierungen dazwischen als entsprechend näher oder ferner von den beiden Polen entfernt. In diesem pervertierten ideologischen Denken sind Araber und Schwarze Teil derselben unterdrückten Gruppe und Israelis, äußerlich oft kaum von Arabern zu unterscheiden, sind Teil des bösen, weißen Westens der kolonialen Ausbeuter. Nach dieser Logik ist dann auch der grausame Mordfeldzug der Hamas am 7. Oktober 2023, der vor allem Bürgerliche und gerade die von der Hamas immer wieder scheinheilig als Opfer beklagten Frauen und Kinder traf, ein Befreiungskampf gegen die Unterdrücker.
Übergriffe auf weiße Farmer
Diese Einteilung der Menschheit in Gut und Böse hinterlässt schon lange in Südafrika eine immer dickere Blutspur, die von der Weltpresse hartnäckig ignoriert wird, nämlich die anhaltenden und äußerst brutalen Morde und Angriffe auf weiße Farmer. Zwar ist nicht erwiesen, dass der ANC dahintersteht oder dieses orchestriert, es kann aber zumindest gesagt werden, dass dies die Regierung nicht stört. Kein prominenter ANC-Politiker konnte sich bisher zu einer eindeutigen Verurteilung der grausamen Morde und Folterungen weißer Farmer und deren Angehörigen und Arbeiter, die fast täglich passieren, bewegen lassen. Umgekehrt, wenn mal in seltenen Fällen ein Schwarzer von Weißen eingeschüchtert oder misshandelt wird, übertrifft sich sofort das ganze Establishment in Verurteilungen und Forderungen nach schärfsten Konsequenzen und mischt sich in den Justizprozess ein. Der linksradikale Oppositionspolitiker Julius Malema ruft sogar ganz offen zum Massenmord an den weißen Farmern auf, auch mittels des „struggle“ Liedes „Kill the Boer, kill the farmer“. Von Seiten der Regierung wurde dies nie verurteilt oder auch nur kritisiert. Malema spricht aus, was im ANC viele denken. Auch die entschädigungslose Enteignung, Vertreibung und Ermordung weißer Farmer im benachbarten Zimbabwe vor einigen Jahren wurde von der südafrikanischen Regierung mit keinem Wort kritisiert.
Auch die gesetzlich verankerte umgekehrte Rassendiskriminierung gegen Weiße bei der Beschäftigung, bei Staatsaufträgen, bei Stipendien und Universitätszulassungen, in bestem Orwell-Sprech „affirmative action“ (positive Maßnahme), „fair discrimination“ (gerechte Benachteiligung) und „black economic empowerment“ (wirtschaftliche Bemächtigung der Schwarzen) genannt, so als seien die Schwarzen Südafrikas eine unterrepräsentierte Minderheit wie in den USA. Dass diese Diskriminierung zu Gunsten der Mehrheit nicht die armen Massen, für die der ANC vorgibt sich einzusetzen, sondern die ohnehin sehr mächtige und reiche schwarze Elite bevorteilt, steht auf einem anderen Blatt. Auch die Gleichsetzung von weiß mit wohlhabend und schwarz mit arm entspricht längst nicht mehr der Realität. Die hohe Kriminalität trifft alle (statistisch werden jeden Tag durchschnittlich 77 Menschen ermordet oder totgeschlagen) und die Regierung müsste all ihre Kapazität darauf verwenden, diese zu bekämpfen, statt sich um weit entfernte Weltgegenden zu kümmern und dort moralische Lektionen zu erteilen.
Projektion auf Israel
Der Hass des ANC auf Israel entspring teilweise dem oben beschriebenen „woken“ Denken, hat aber auch viel mit dem Thema Apartheid zu tun, was nicht zufällig immer wieder den Blutdruck des ANC hochschnellen lässt, auch wenn es nach 30 Jahren ANC-Regierung beim besten Willen nicht mehr glaubhaft ist, dass Apartheid die Ursache aller Probleme Südafrikas ist. Es löst auch keine Probleme, die letzten Denkmäler von burischen historischen Persönlichkeiten zu entfernen oder Ortsnamen mit europäischem Ursprung zu „afrikanisieren“. Daher muss der im revolutionären Denken so wichtige permanente Kampf auf andere Weltgegenden ausgebreitet werden. Da es keinen Staat mehr gibt, wo noch koloniale Zustände herrschen, muss dieser auf Israel projektiert werden, den vermeintlichen „Siedlerstaat mit der Apartheidpolitik, der seine einheimische Bevölkerung in Ghettos und Bantustan zusammenpfercht und ausbeutet“.
Schon in den Zeiten der weißen Minderheitsregierung, als der ANC eine verbotene Terrororganisation war, bestanden enge Verbindungen mit der Palestine Liberation Organisation (PLO) und wurde Jassir Arafat als Bruder im Geiste gepriesen. Auch Muammar al-Gaddafi, langjähriger Diktator von Libyen und ein ausgesprochener Feind Israels, unterstützte den ANC im Untergrund und wurde zum Dank dafür mit einem herzlichen Staatsbesuch Mandelas beehrt, der Gaddafi auch gegenüber den USA in Schutz nahm. Präsident Zuma, der von 2009 bis 2018 regierte, hatte keine Berührungsängste mit dem wirklichen Volksmörder Omar al-Basjir, dem ehemaligen Diktator des Sudan. Diese widerliche Tradition setzt sich nahtlos fort im heutigen Präsidenten Cyril Ramaphosa, der kürzlich den Sudanesischen Warlord Hamdan Dagalo, dessen islamistische Janjaweed Milizen in der Region Darfur Völkermord und Kriegsverbrechen begingen, empfangen hatte.
Auch der ANC war in der Zeit des Kampfes gegen die weiße Minderheit keine gewaltfreie Organisation nach dem Modell von Mahatma Gandhi, wie oft geglaubt wird. Terrorismus war Teil des sogenannten bewaffneten Kampfes, und bei Bombenanschlägen, etwa am 20. Mai 1984 auf eine geschäftige Hauptstraße in Pretoria (Kerkstraat), wurden 19 Menschen getötet und 217 zum Teil schwer verwundet. Auch im Zuge des Machtkampfes unter den verschiedenen sogenannten Befreiungsorganisationen war der ANC nicht zimperlich und ließ konkurrierende Aktivisten und auch angebliche oder tatsächliche Kollaborateure brutal umbringen. Berüchtigt ist die Methode der „Halskrause“, ein mit Benzin gefüllter Autoreifen, der dem Opfer um den Hals gehängt und angezündet wird. Von höchster Stelle, zum Beispiel von Mandelas damaliger Frau Winnie, wurden die Halskrausenmorde als Teil des Freiheitskampfes gepriesen.
Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, wuchs in Südhessen auf. Zum Studium ging er nach Südafrika, wo er 23 Jahre blieb und lange Zeit als Rechercheur und Journalist arbeitete. Seit 2019 wohnt er mit seiner Familie in Berlin.
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