Die goldene Zukunft des israelischen Fußballs
Bei der U-21-Fußball-Europameisterschaft 2023 konnte sich die israelische Mannschaft unter Trainer Guy Luzon profilieren. Im Spiel gegen Deutschland behaupteten sich die Spieler trotz Unterzahl mit einem respektablen 1:1. Auch auf internationaler Ebene sind die israelischen Kicker bei renommierten Vereinen gefragt.
Benjamin Netanjahu strahlt über das ganze Gesicht: „Unsere Jugendmannschaft hat dem Staat Israel großen Stolz verliehen.“ Dazu hat er auch allen Grund. Im Viertelfinale der U20 Weltmeisterschaft 2023 schlägt das Team von Ofir Chaim Brasilien sensationell mit 3:2. “Das ist für die ganze Nation”, ergänzte der Trainer. “Ich möchte dieses erstaunliche, wundervolle Land vereinen. Wir haben Spieler, die an sich glauben und wir haben die Fähigkeiten. Wir wollen das Finale erreichen.”
In einer spielerisch wie kämpferisch starken Partie gingen die Südamerikaner zunächst in Führung. Keine drei Minuten später glichen die Jungs aus Israel jedoch aus. Nach einer turbulenten Schlussphase ging es in die Verlängerung, als Dor Turgemann von Maccabi Tel Aviv den Ball im Tor versenkte und für die Entscheidung sorgte, die man guten Gewissens als Sensation bezeichnen kann. Zum Vergleich: Der Wert des Kaders von Brasilien beträgt 93,8 Millionen Euro, der von Israel 3,26 Millionen. Doch auch hier gilt diese Binsenweisheit als wahrheitsstiftend: Geld alleine schießt keine Tore.
Ilay Madmon als Kopf der Mannschaft
Zwar gab es immer wieder exzellente Fußballer aus Israel, wie Ronny Rosenthal, Tal Ben Haim, Yossi Benayoun und viele mehr, jedoch scheinen sich die Jahrgänge 2002, 2003 und 2004 zu einer goldenen Generation entwickeln zu können. In diesen Jahrgängen steckt mehr Potential, als sich viele von einer so kleinen Fußballnation erhoffen würden. Zum Beispiel die beiden Innenverteidiger Stav Lemkin und Or Israelov, die bei der Weltmeisterschaft für Stabilität in der Abwehr sorgten. Beide schnüren ihre Stollenschuhe für den Verein Hapoel Tel Aviv, bei dem sie bereits einige Einsätze in der Ligat ha’Al sammeln, der höchsten israelischen Spielklasse.
Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld ist zweifellos der Kapitän der Mannschaft, Ilay Madmon. Der Profi von Hapoel Be’er Sheva kann sowohl als Sechser und Achter spielen. Neben ihm sorgt El Yam Kanzapolsky für die Zuordnung der Bälle in der Zentrale. Der 19-Jährige spielt ebenfalls für Hapoel Tel Aviv und ist dabei, sich dort einen Stammplatz zu erarbeiten. Neben der israelischen besitzt Kanzapolsky auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, denn er ist auf Hawaii geboren. Gerüchte werden bereits laut, dass europäische Vereine an dem jungen Mann interessiert sind.
Der Offensiv-Allrounder Manor Salomon
Bereits in Europa spielt Tai Abed, der bei PSV Eindhoven unter Vertrag steht. Der linksfüßige Kicker gilt als Allzweckwaffe im offensiven Mittelfeld. Seine Schnelligkeit und seine präzisen Pässe brachten die Brasilianer immer wieder in Verlegenheit. Sein Vertrag bei den Niederländern geht noch bis ins Jahr 2024. Ob er verlängert oder sich für einen anderen Verein entscheidet, werden die nächsten Monate ergeben.
Munas Dabbur© JACK GUEZ / AFP
Einer, der sich gerade im europäischen Fußball einen Namen macht, ist Manor Solomon. Der 23-jährige Offensivspieler erblickte in Kfar Saba das Licht der Welt und wurde bei Maccabi Petach Tikwa im Jahr 2016 zum Profi. Als der Club 2019 in die zweite israelische Liga absteigen musste, wechselte er für 6 Millionen Euro zum ukrainischen Klub Shakhtar Donezk. Zu dem Zeitpunkt lief er für Tikwa fast 70-mal auf. Mit Shakhtar gewann er zweimal die Meisterschaft, sowie zwei ukrainische Pokalwettbewerbe.
Shon Weissman als Schreck für Borussia Mönchengladbach
Als der Krieg begann, verlieh Donezk Solomon an den englischen Premier-League Fulham City, für den er bis heute spielt. In der israelischen Nationalmannschaft hat sich Solomon längst zu einer festen Größe etabliert, was auch die Einsatzzeiten bei dem britischen Verein nach oben treiben könnte. Sein Marktwert liegt laut Transfermarkt.de bei 18 Millionen Euro.
Oscar Gloukh© NIR KEIDARANADOLU AGENCYAnadolu Agency via AFP
Auch Shon Weissman aus Haifa ist heute eine feste Größe im europäischen Profifußball. Nach einigen Stationen in Israel wurde er 2019 vom österreichischen Bundesligisten Wolfsberger AC entdeckt und sofort verpflichtet. Fans von Borussia Mönchengladbach dürften den Stürmer in keiner guten Erinnerung behalten haben. Beim Euro-League-Spiel erzielte Weissman beim 4:0 gegen die Fohlen den ersten Treffer.
Überhaupt schien keiner den damals 24-Jährigen in dieser Saison stoppen zu können. In 41 Pflichtspielen verpasste er genau ein einziges. Am Ende wurde Wolfsberg Dritter der Meisterrunde und Weissman Torschützenkönig. Ende August wechselte er zu Real Valladolid in die spanische Primera Division. Aktuell ist der Stürmer beim Ligakonkurrenten FC Granada ausgeliehen.
Tormaschine Munas Dabbur
Fans der TSG Hoffenheim wissen um die israelische Torgefährlichkeit ganz genau. Die Rede ist von Munas Dabbur. Dabburs Karriere ist beeindruckend. Egal wo der arabische Israeli spielte, er kannte nur eine Richtung: Den Ball ins gegnerische Tor zu befördern, was sich schon früh in seinem Leben bemerkbar machte. Dabbur ist in einer muslimischen Familie in Nazareth aufgewachsen. Dort reifte er bald zu einem echten Torjäger. „Wir haben nicht in den besten Ligen gespielt, ich habe jedes Jahr mehr als 100 Tore geschossen“, sagte er gegenüber der Zeitung „Jerusalem Post“. Seine erste Station jenseits seiner Heimat war Grasshopper Zürich, wo er in 82 Spielen 41 Tore erzielte.
Anschließend wechselte Dabbur zu Red Bull Salzburg. Bei den Österreichern wurde er in drei Jahren zweimal Torschützenkönig in der Bundesliga. Seit dem Jahr 2020 trägt er nun das Trikot von Hoffenheim. 12 Millionen Euro überwiesen die Kraichgauer an den FC Sevilla, bei dem sich der Stürmer nicht durchsetzen konnte. Im Jahr 2022 trat Dabbur von der Nationalmannschaft zurück.
Oscar Gloukh, das Wunderkind
Wenn es um die Top-Talente in diesen Monaten geht, dann fällt immer wieder ein Name: Oscar Gloukh. Auf den 19-Jährigen hatten es einige europäische Top-Clubs abgesehen, darunter auch Borussia Dortmund. Am Ende entschied sich der junge Mann aus Rehovot für Red Bull Salzburg. Laola1.at bezeichnete Gloukh als “das neue Wunderkind”, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Auf Instagram hat er bereits mehr als 67.000 Follower, auf Tiktok kann ein Video schon einmal 500.000-mal angeklickt werden. Oscar Gloukh ist auf dem besten Weg, auch abseits des Spielfelds, zu einem echten Star zu werden.
Shon Weissman© VLADIMIR SIMICEK/AFP
Der Spielstil des Offensivkickers gilt als spektakulär. So gibt es bereits auf Youtube Zusammenschnitte seiner besten Einzelaktionen. Weshalb Gloukh nicht bei der U20 WM im Kader stand, ist einfach zu beantworten. So debütierte der Angreifer bereits mit 18 Jahren in Israels A-Nationalmannschaft. Aktuell spielt er für sein Team bei der U21 Europameisterschaft in Georgien und Rumänien.
Unabhängig vom Ausgang der Europameisterschaft ist eines klar: Um den Nachwuchs in Israel, was das Thema Fußball angeht, steht es so gut wie schon lange nicht mehr. Immer mehr Profis schaffen den Durchbruch in europäische Fußballclubs, was ein deutliches Zeichen für einen vitalen Nationalstaat darstellt. Und auch wenn im Halbfinale der U20 Weltmeisterschaft Schluss für die israelischen Jungs war, so gewannen die Kicker das “kleine Finale” gegen Südkorea und wurde damit Dritter, was das erfolgreichste Ergebnis einer Nationalmannschaft bei einer u20 Weltmeisterschaft jemals war.
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