Interview mit Ulrich Sahm: Vielen Dank für 50 Jahre Journalismus aus Israel!

Ulrich Sahm (links) mit dem israelischen Politikwissenschaftler Yonatan Shay© JACK GUEZ / AFP

Der Israel-Kenner und Freund des jüdischen Staates, Ulrich Sahm, war Jahrzehnte als Nahost-Korrespondent tätig. Seine Objektivität und Handschlagqualität zeichneten seine Arbeit aus. Nun ist Ulrich Sahm im verdienten Ruhestand, doch es bleibt zu hoffen, dass seine Stimme der Presselandschaft erhalten bleibt. (JR)

Von Yonatan Shay

Von Ulrich Sahm habe ich zum ersten Mal 2016 gehört, als ein antisemitischer Israel-Bericht der ARD Deutsche wie Israelis entsetzte.

In dem Bericht wurde behauptet, dass Israel „Palästinensern“ in Judäa und Samaria absichtlich das Wasser vorenthielte und sie verdursten ließe. Obgleich der Bericht in sozialen Netzwerken wie in verschiedenen deutschen Zeitungen harsch kritisiert wurde, hob sich eine Stimme von den übrigen Kritikern ab – es war die des erfahrenen und angesehenen deutschen Journalisten Ulrich Sahm.

Er verstand es sehr gut, auf mehreren Kanälen die argumentative Linie von Susanne Glass und Martin Rosch des ARD-Studios Israel zu durchbrechen und ihre einseitige wie hetzerische Berichterstattung gegen Israel zu entlarven. Dabei wurden Sahms Einwände gegen den Bericht u. a. von der BILD-Zeitung zitiert.

Mein erstes Treffen mit ihm fand fast ein Jahr später statt, im Sommer 2017, als ich ihn auf der KAS ISRAEL-Konferenz in Jerusalem zum Buch von Gisela Dachs mit dem Titel DIE HERAUSFORDERUNG DER KOMPLEXITÄT: WIE MAN ISRAEL AN DIE DEUTSCHE ÖFFENTLICHKEIT VERMITTELT. Natürlich protestierten viele der Anwesenden gegen die Hetze und die Bühne, die bei dieser Konferenz geboten wurde. Ich ging sogar aus Protest mit Ulrich Sahm nach draußen, wobei wir beide nervös eine Zigarette rauchten. Wir hatten ein spannendes Kennenlerngespräch und er berichtete sogar, dass er von den antisemitischen Erfahrungen gehört hatte, die ich während meiner Zeit als Praktikant im Bundestag erlebt habe, als ich für die Jewish Agency in Deutschland arbeitete. Ich lernte viel von ihm über die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland und wurde mit einem Freund und Vorbild gesegnet, der ein Gentleman ist und immer für Wahrheit und Gerechtigkeit einsteht.

Wir kamen uns noch näher, als ich nach Israel zurückkehrte und anfing, als deutscher Medienanalyst bei der israelischen GPO (Presseamt der Regierung) zu arbeiten. Es war tatsächlich mein erstes Treffen in dieser Position, als er mich über die in Israel stationierten deutschen Journalisten und ihre Tendenz zur voreingenommenen Berichterstattung informierte. Es besteht kein Zweifel, dass Ulrich bereits vor Beginn meiner Tätigkeit bei der GPO von den dortigen Mitarbeitern als Urgestein der aus Israel berichtenden deutschen Journalisten hochgeschätzt wurde.

Als ich hörte, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert hatte und er Israel verlassen müsste, war ich sehr traurig und beschloss, herauszufinden, was es damit auf sich hatte.

 

JR: Sie hatten eine weltoffene Kindheit mit einem Diplomatenvater. Was hat Sie dazu gebracht, den größten Teil Ihres Lebens im Land Israel zu verbringen und von dort zu berichten?

SAHM: In London bin ich in den Kindergarten und in die Grundschule gegangen. Deshalb rechne ich bis heute auf Englisch. In Paris wurde ich nicht auf eine deutsche Schule geschickt, sondern in die internationale Abteilung einer französischen Schule. In meiner Klasse kamen die Kinder buchstäblich aus der ganzen Welt! Ich war der einzige Deutsche. Das Besondere ist, dass in meiner Klasse sechs Israelis waren. Sie waren Kinder von Diplomaten oder Militärattachés und Abgesandte des Verteidigungsministeriums. Vielleicht gerade deshalb, weil ich Deutscher war, entstand eine besondere Verbindung zu den israelischen Klassenkameraden. Sie beschützten mich vor dem Mobbing französischer Schüler, die mich als Nazi beschimpften. Mit einigen von ihnen bin ich bis heute befreundet. Sie sprachen untereinander Hebräisch und so begann ich im Alter von 14 Jahren in Paris Hebräisch zu lernen. Ich interessierte mich schon damals für Archäologie und das Heilige Land. Meine Eltern waren gläubige Protestanten und wir gingen jeden Sonntag in die Kirche. Da ich mich für das Judentum interessierte, den Tanach gut kannte und Hebräisch bereits beherrschte, kaufte ich mir eine Zeitung auf Jiddisch, um die Schrift zu üben. Nach meinem Aufenthalt in Paris kam ich mit 16 zurück nach Deutschland, als mich meine Eltern auf die Odenwald-Schule schickten. In diesem Internat war mein beeindruckendster Lehrer Ernest Jouhy  ein ehemals deutscher Jude, der 1933 nach Frankreich emigrierte. Er war ein wichtiger Lehrer in der Schule, wo er auch einen Jungen beeinflusste, der in der ganzen Welt in den Schlagzeilen war: Daniel Cohn-Bendit. Cohn-Bendit startete 1968 die Revolution in Frankreich. Die Polizei in ganz Europa suchte nach ihm, während er sich in der Odenwaldschule versteckte. Nach dem Abitur habe ich dann in Köln am Martin-Buber-Institut studiert. Dort habe ich das Judentum akademisch erkundet. Parallel dazu habe ich in Köln und Bonn Theologie studiert. 1970 reiste ich nach Israel, um mein Studium an der Hebräischen Universität in Jerusalem fortzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits das Journalistenzertifikat einer Lokalzeitung in Heppenheim. Das ist das Dorf, aus dem der berühmte Martin Buber stammt. Ich habe damals in Jerusalem Vorträge vor Journalisten gehalten und dann für Zeitungen in Deutschland geschrieben. Meine Texte wurden gedruckt und das hat mich dazu gebracht, selbst Journalist zu werden. Ich habe auch bei Radiosendern gearbeitet, und so hat sich meine journalistische Karriere entwickelt.

JR: Sie waren bekannt für einen Schreib- und Berichterstattungsstil, der Solidarität mit Israel zum Ausdruck brachte. Wie hoch war der Preis dafür? Hat Sie das daran gehindert, auf den „Mainstream-Kanälen“ in Deutschland zu berichten?

SAHM: Im Gegenteil, wenn wir von Israel sprechen, wenn die israelische Mehrheit Bibi wählt – und da waren früher Ariel Scharon und vor ihm Yitzhak Shamir, rechte Ministerpräsidenten, die nicht gerade alle Deutschen mochten –, dann war es mein Ziel, meinen Lesern in Deutschland zu erklären, wie die Dinge wirklich sind. Zum Beispiel bezeichnete die größte Nachrichtenagentur Deutschlands (dpa) „Bibi“ (Netanjahu) stets als einen Hardliner. Sie unterstellten ihm, dass er beabsichtigte, die Gebiete zu annektieren, von denen viele Deutsche glauben, dass Israel sie illegal besetzt hätte. Tatsache ist aber, dass er sie auch nach 15 Jahren Herrschaft im Amt nicht annektiert hat. Und man fragte sich nicht, wieso die Mehrheit der Israelis sich immer wieder für Bibi entscheidet, obwohl er doch nach Meinung der meisten Deutschen so furchtbar sei. Daher war einer meiner Vorteile, dass ich die andere Seite, die israelische Sicht, darlegte, die der Großteil der deutschen Presse nicht darstellen wollte oder konnte. Ich selbst war als Korrespondent von N-TV Teil der deutschen Mainstream-Presse gewesen und habe viele Jahre direkt aus Israel berichtet. Ich bin tatsächlich derjenige, der zum ersten Mal über die Telefonleitung von zu Hause aus im Fernsehen erschien. Ich war auch der Erste, der schriftliche Artikel aus Israel nicht per Telex, sondern elektronisch nach Deutschland transferiert hat. Erleichtert wurde mir das durch die Tatsache, dass der Vorläufer von Skype in Israel entwickelt wurde und die Firmenleitung mit Interesse meine Arbeit unterstützte. So konnte ich technische Verbesserungen vorschlagen und habe mich quasi gemeinsam mit den neuen Medien und Technologien entwickelt. Dabei habe ich nie eine politische Position bezogen. Ich habe einfach das erzählt, was ich erlebte und auch über die Dinge berichtet, die die anderen deutschen Journalisten nicht auf dem Schirm hatten. Zum Beispiel wurden Mizrahim und Menschen aus der Volksgruppe der „arabischen Juden“ in Israel in Transit- und Elendsviertel geschickt. Dort entwickelte sich die Likud-Partei und wurde stark, gerade weil ihre Wähler oftmals diskriminiert wurden. Inwiefern unterscheiden sich die Mizrahim beispielsweise von den polnischen und russischen Aschkenasim? Sie haben ein ganz anderes politisches Bewusstsein. Es war wichtig, dies in Deutschland zu vermitteln.

JR: Sie haben aus dem Heiligen Land berichtet. Viele tausend Deutsche haben Ihre Berichte gelesen. Die meiste Zeit gab es keine sozialen Netzwerke: Sie mussten durch einen Filter von Nachrichtenredakteuren mit unterschiedlichen Interessen und Motiven gehen. Wie war Ihr Verhältnis zu ihnen und wie ist Ihre Wahrnehmung der deutschen Medien im Allgemeinen?

SAHM: Ich gebe Ihnen ein Beispiel, das Ihnen das verdeutlichen soll: die überall erscheinende deutsche Nachrichtenagentur (dpa) sprach damals davon, dass die israelische Regierung rachsüchtig sei, weil sie in ihrer Sicherheitspolitik gegen die „Palästinenser“ nach dem Bibelvers handelt: „Auge um Auge, Zahn um Zahn". Dies war die allgemeine Meinung in der deutschen Mainstream-Presse: die israelische Regierung sei rachsüchtig, weil sie diesem Bibelvers folgt. Aufgrund meines Wissens aus meinen jüdischen Studien ging ich hin, um den Tora-Vers selbst zu überprüfen. Ich habe auch Studien zu diesem Vers gelesen und was stellt sich heraus? Wenn der Meister seinem Sklaven den Zahn ausbrach, sollte er ihn laut Tora freilassen. So steht es in der Bibel. Nach einer umfassenden Untersuchung stellte ich fest, dass nach allgemeiner Meinung kein Zusammenhang zwischen diesem Vers und Rache besteht. Ich kontaktierte die deutsche Nachrichtenagentur, schickte ihnen die Recherchen, diese Interpretation des Tora-Verses und forderte sie auf, die Verleumdung der israelischen Regierung aufgrund dieses Verses einzustellen. Die Redakteure waren überrascht, als sie den Vers schließlich vollständig lasen und forderten in einer E-Mail ihre Reporter auf, die Verwendung dieses Motivs sofort zu unterlassen. Meine Redakteure haben meine authentische Berichterstattung immer akzeptiert und ich hatte jahrelang keine Probleme. Ein anderes Beispiel: Niemand berichtete jemals darüber, dass die Jordanier die Juden seinerzeit viel mehr unterdrückten als die Israelis später die „Palästinenser“. Die deutschen Medien sprachen auch kaum über die Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern und Nordafrika nach der Gründung des Staates Israel. Ich war mehr oder weniger der Einzige, der diese Dinge zur Sprache brachte. Leider dominiert heute in Deutschland die politische Meinung, dass wir Deutsche allein zu den armen „Palästinensern“ stehen sollten, die von den Israelis angeblich unterdrückt werden.

JR: Fast ein halbes Jahrhundert in Israel ist eine unvorstellbare Zeit. Haben Sie jemals daran gedacht aufzugeben, nach Deutschland zurückkehren, bevor die medizinischen Probleme begannen?

SAHM: Ich habe nie daran gedacht, aufzugeben oder nach Deutschland zurückzukehren. Nur wegen meines Gesundheitszustandes und der Bürokratie bin ich schließlich zurückgekehrt. Ich konnte nicht mehr damit umgehen.

JR: Ihre letzten Jahre in Israel wurden von einem hässlichen und groben Boykott des deutschen Establishments, genauer gesagt, der deutschen Botschaft in Israel, gegen Sie überschattet. Hängt das mit dem Fall zusammen, in dem Sie vor vielen Jahren von deutschen Diplomaten in Israel mit der Aufdeckung eines antisemitischen Skandals gedroht haben?

SAHM: Die Geschichte war, dass sich die Vertreter der deutschen Botschaft gelegentlich, etwa einmal im Monat, mit den in Israel stationierten deutschen Korrespondenten trafen. Die Treffen fanden immer in Tel Aviv mit Reportern statt, die von Nachrichtenagenturen, großen Zeitungen und Fernsehsendern entsandt worden waren. Und es gab auch lokale Journalisten, die in Israel arbeiteten, aber nicht offiziell von einem Fernsehsender oder einer bestimmten Agentur entsandt wurden, sondern Freiberufler waren. Mit denen fanden die Treffen in Jerusalem statt. Dies war die Politik der Botschaft, um zwischen den Journalisten zu unterscheiden. In meiner Wohnung in Jerusalem gab es manchmal Treffen mit den freien Journalisten.

Eines Tages wurde der Reporter Peter Finkelgruen von der Deutschen Welle entsandt. Das Auswärtige Amt verlangte, dass er zu den Treffen der freien Journalisten nach Jerusalem kommt und nicht zu den Treffen der entsandten Journalisten in Tel Aviv. Ich fragte die Botschaft, warum dies der Fall sei. Die Antwort des Vertreters der Botschaft erstaunte mich: „Weil er Jude ist!“ Dieses ereignete sich kurz vor dem Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl in Israel. Die Botschaft kündigte an, dass es während dieses offiziellen Besuchs eine große Pressekonferenz im King David Hotel mit dem Bundeskanzler geben werde. Dann stellte sich heraus, dass nur die entsandten Journalisten zur Pressekonferenz eingeladen würden, die unabhängigen und freiberuflichen Journalisten jedoch nicht. Als ich bemerkte, dass der jüdische Journalist Peter Finkelgruen nicht zu dem Treffen eingeladen war, obwohl er nach Israel entsandt worden war, um für die Deutsche Welle zu berichten – rief ich am Samstag den Botschafter an und erzählte ihm von dieser Geschichte. Allein die Tatsache, dass Finkelgruen nicht eingeladen wird, weil er ein jüdischer Journalist ist, ist Antisemitismus. Das habe ich dem Botschafter klar gesagt. Der damalige Botschafter, Dreßler, war geschockt und sagte mir, er würde es sofort ändern. Er tat eine einfache Sache – im King David Hotel mietete er einen Saal neben dem Ort, wo der Kanzler zur Pressekonferenz erscheinen sollte, und plötzlich hatten alle Journalisten einen Platz, darunter auch ich und Peter Finkelgruen. Ich habe diese Geschichte auch einige Zeit später öffentlich gemacht, und dabei nicht unterschlagen, wie der Botschafter das Problem unkompliziert und auf positive Weise gelöst habe.

Tatsächlich hat die deutsche Botschaft in den letzten Jahren den Kontakt zu mir weitgehend abgebrochen. Und wenn es zu offiziellen Besuchen deutscher Politiker in Israel kam, wurde ich boykottiert, während andere Journalisten die Informationen erhalten haben. So konnte ich meine journalistische Arbeit nicht mehr leisten. Zudem haben sich einige peinliche Vorfälle mit Beamten der Deutschen Botschaft in Tel Aviv ereignet, auf die ich hier im Interview nicht näher eingehen möchte.

JR: Es ist kein Geheimnis, dass in den letzten Jahren das Phänomen, den Holocaust rückgängig zu machen oder Opfer und Täter zu ersetzen, immer häufiger in Deutschland zum Ziel der Politik wird. Das Establishment besteht darauf, Israel zu erziehen und es als Entschädigung für die dunkle Vergangenheit zu unterstützen, während es das Narrativ der „Palästinenser“ voll und ganz annimmt. Wie erklären Sie sich diesen Trend und was kann Israel dagegen tun?

SAHM: Die Deutschen sind die klügsten Menschen der Welt (Ulrich Sahm lacht ironisch). Sie wissen immer, was richtig und was falsch ist. Das ist ein deutsches Phänomen. Aber die Deutschen wissen nicht, wie sie mit den Juden umgehen sollen. Sie kennen Juden nur als „Opfer“. Sie können eigentlich nicht akzeptieren, dass es plötzlich einen souveränen jüdischen Staat auf palästinensischem Gebiet gibt. Während selbst Leute wie Mahmoud Abbas (der in Safed geborene Präsident der „Palästinensischen“ Autonomiebehörde) zugeben, dass sie nicht von den Juden im Zuge des Unabhängigkeitskrieges vertrieben wurden, erzählt man in Deutschland, dass die Juden die „Palästinenser“ vertrieben hätten. Abbas wurde – wie viele andere – von den arabischen Staaten zum Verlassen des israelischen Staatsgebietes aufgefordert, damit diese bei ihrem geplanten Vernichtungsfeldzug freie Bahn gehabt hätten. Leider haben sich viele Deutsche das „palästinensische“ Propaganda- Narrativ zu eigen gemacht, und es gibt zudem einige Israelis, die in die gleiche Kerbe schlagen und diese „Israelkritik“ auf diversen Bühnen in Deutschland weiterverbreiten, wie etwa Professor Ilan Pape, Moshe Zimmermann und Avi Primor. Zudem gibt es christliche Geistliche, die ein Problem mit Israel haben. Viele Berichte in den Medien Deutschlands ignorieren grundlegende Fakten. Gegen die aktuelle Situation kann nicht viel getan werden. Wir müssen den wichtigsten Zeitungen in Deutschland und den Nachrichtenagenturen, die weiterhin ein verzerrtes Bild der Lage zeichnen, entgegentreten. Es gibt leider kaum jemanden, der das tut, weder in Israel noch in Deutschland. Es ist auch eine finanzielle Frage. Unpopuläre Ansichten verkaufen sich nicht so gut.

JR: Abschließend: Was werden Sie in Israel am meisten vermissen und was sind die Pläne für die Zukunft?

SAHM: Ich werde in Israel am meisten die Leichtigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen vermissen, wo jeder mit jedem redet und es keine starren oder idiotischen Regeln gibt, die für das Leben irrelevant sind, wie die Farbe der Strümpfe in meinen Sandalen. Meine Geschwister finden es zum Beispiel „unmöglich“, dass der große Bruder weiße Socken trägt. In Israel kümmert man sich nicht um diese Dinge. Man lebt nach dem Motto „leben und leben lassen“. Das Zweite, was ich vermissen werde, ist das Wetter in Israel. In Deutschland ist es bitterkalt und grau. In Israel ist es viel angenehmer, obwohl es im Sommer wegen der Hitze ebenfalls unerträglich werden kann. Der menschliche Umgang in Israel ist mir ebenfalls sympathischer als die deutsche Steifheit. Ich will auch wieder reisen. Allerdings habe ich momentan noch einige Arztbesuche zu absolvieren. Ende 2022 bin ich in einem Gemüseladen eine steinerne Kellertreppe heruntergestürzt. Bei den anschließenden Operationen blieb zwischendurch mein Herz stehen. Also bin ich jetzt stolzer Besitzer eines Schrittmachers. Meine Freundin und ich haben eine nette kleine Wohnung in Bremen gefunden, die für ältere Menschen wie mich perfekt ist. Im April werde ich dort mit kleinem Gepäck einziehen. Meine Bibliothek und meine Möbel habe ich ja in Israel verschenkt. In meinem neuen Leben möchte ich mich auf das Kochen konzentrieren, was schon immer ein Hobby von mir war und vielleicht auch wieder Vorträge halten.

JR: Lieber Ulrich, wir wünschen dir Gesundheit und dass du auf dich aufpasst!

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