„Demokratiefördergesetz“: Keine Lanze für die Demokratie

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will mit fragwürdigen Methoden die Demokratie „beschützen“.© Christof STACHE / AFP

Mit dem „Demokratiefördergesetz“ behauptet die Regierung zivilgesellschaftliche Projekte finanziell unterstützen zu wollen, die ihrem Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit entsprechen. Genau darin liegt aber das vorprogrammierte Scheitern begründet. Letztendlich wird ganz offensichtlich nur regierungsnahe Propaganda finanziert werden, die der Vox populi auf den Pelz rücken soll. Politiker wie Nancy Faeser sind im Grunde ideologisch durchseelte Links-Aktivisten, die mit diesen Mitteln die nötige Hilfe erhalten, um das kritische Volk, das ihnen nur im Wege steht, auszuhebeln. (JR)

Fabian Nicolay/Achgut.com

Die Innenministerin beabsichtigt, die Zivilgesellschaft zu einem „Bollwerk gegen Extremismus“ auszubauen. Hierzu wurde am Mittwoch, dem 14. Dezember 2022, von Nancy Faeser der Gesetzentwurf für das sogenannte „Demokratiefördergesetz“ ins Parlament eingebracht. „Faeser betonte, dass staatliches Handeln gefragt sei. Gerade bei der Aufdeckung des mutmaßlichen Terror-Netzwerks von Reichsbürgern habe man gesehen, dass der Staat wachsam sei und entschlossen und ,mit aller Härte‘ gegen Verfassungsfeinde vorgehe“, so ließ es zumindest die Bundesregierung verlauten.

Der eingebrachte Kabinettsbeschluss sieht eine verlässliche Finanzierung und mehr Planungssicherheit für Projekte „zur Förderung der Demokratie und zur Stärkung gesellschaftlicher Vielfalt sowie zur Extremismus-Prävention“ vor. Für die beiden größten Bundesprogramme „Demokratie leben“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ standen laut Bundesregierung im Jahr 2016 noch 62,5 Millionen Euro bereit, 2023 sollen es 212 Millionen Euro sein. Gesinnungsstaatliche Förderung hat auch, oder gerade, in wirtschaftlichen Krisenjahren Hochkonjunktur.

An Nancy Faesers Traum einer besseren, im Kampf gegen „Rechts“ geläuterten Gesellschaft stört ihr Demokratieverständnis und ein jäher Widerspruch: Der Staat und seine Statthalter sollten eigentlich die Bürger vor den Feinden der Demokratie schützen und nicht umgekehrt. Politiker haben die Aufgabe, die Demokratie zu pflegen und zu bewahren. Stattdessen rufen sie seit 2015 im Wochentakt den gesellschaftlichen Ernstfall aus und möchten Heerscharen von „Demokratie-Rettern“ mobilisieren, die die Daseinsberechtigung der „Staatsdiener“ in einer Art Beweislastumkehr den Bürgern abnötigt. Hier sind die Bürger Adressaten und Beschuldigte zugleich. Denn warum sonst sollte man hunderte Millionen Euro Steuergelder auf der großen Propagandabühne ausgeben wollen?

 

Die Einmischung hat Schaden angerichtet, Vertrauen in das System ruiniert

Eher scheint es, dass das „Bollwerk gegen Extremismus“, das jetzt mit Hilfe der Zivilgesellschaft errichtet werden soll, eine bürgerliche Fronleistung ist, bei der zuerst der Burgfried errichtet wird, um die Herrschaft vor wilden Tieren, Wegelagerern und infektiösem Gesindel zu bewahren. Dann wird an der Ummauerung des gesamten Hofstaats gebaut, bis die Herrschaft in ihrer hohen Burg all' jene außen vor lassen kann, die zwar mitgebaut und gezwungenermaßen mitfinanziert haben, aber der Herrschaft ohnehin nicht in den Kram passen: „Demokratie leben“ – eine Phantasterei von abgehobenen Burgfräuleins, die zu viele Kostgänger befürchten.

Habe ich ein vulgäres Verständnis von Demokratie, wenn ich darauf bestehe, dass die Demokratie vom Volk ausgeht? Dass die Demokratie ganz schlicht die uneingeschränkte Meinungsfreiheit garantiert und mich, den Staatsbürger, frei wählen lässt, wen ich ins Parlament schicken möchte? Ich wähle, damit der von mir gewählte Kandidat mich stellvertrete und um die besseren Zukunftskonzepte für dieses Land mit anderen Gewählten streite, deren Meinung ich nicht teilen muss. Der Politiker soll demokratisch für mich streiten und sich schließlich einigen. Die Politik hat diesem Zweck zu dienen und es zu unterlassen, mich an jeder Ecke wie ein Blockwart anzuraunzen. Eigentlich. Meine Vorstellung der „vulgären“ Demokratie erfüllt doch ihren Zweck, oder etwa nicht?

Braucht die Demokratie wirklich Hilfe von einer Regierung? Eher nicht. Es wurden schon „nicht hilfreiche“ Wahlen par ordre du Mufti rückgängig gemacht, weil es der Demokratie nicht zugetraut wurde, das „wache Selbst“ zu sein. Das waren wahrlich keine Sternstunden der Demokratie. Da litt sie schwer unter der Last des plumpen Momentums einer machtbetrunkenen Frau, die sich „deutsch-demokratischer“ nicht hätte aufführen können. Ihr Herummanipulieren an Wahlen war arrogant, ideologisch, obszön, jedoch nicht vulgär oder trivial. Die Einmischung hat Schaden angerichtet, Vertrauen in das System ruiniert und gezeigt, dass es nicht einfach ist, „Demokratie leben“ zu wollen, wenn genau genommen die Herrschaft sich nicht an die Spielregeln hält, die sie den Bürgern gebetsmühlenartig vorträgt. Wer soll noch glauben, dass sie es meinen, wie sie es sagen?

 

Der Kollektive Imperativ der Schwesigs und Faesers

Frau Faeser will uns jetzt vom Gegenteil überzeugen. In ihrer Welt sind es nicht die Staatsdiener, sondern ihre wählenden Auftraggeber, die die Schuld an der Malaise der Demokratie haben. Ich glaube es ihr nicht. Das geschilderte Paradox ist eine Geburt des Zeitgeistes. Nicht die Demokratie ist in Gefahr, sondern der Zustand aufgeklärten Denkens in der Politik ist eine Gefahr. Politiker wie Nancy Faeser sind im Grunde ideologisch motivierte Aktivisten, die mit der ursprünglichen Definition von Demokratie und dem Genuss ihrer Vorrechte (persönliche, individuelle Freiheiten ohne kollektive Zwänge) nichts am Hut haben.

Wenn die Parole ausgegeben wird, dass alle, wirklich „alle“, bei dem „Projekt“ Demokratie „mitmachen sollen“ (Manuela Schwesig), dann haben die beiden Politikerinnen nicht verstanden, was eine Grundregel von Demokratie ist: Keiner muss irgendwo mitmachen, um ein wie auch immer geartetes, moralisches Recht auf Teilhabe zu ergattern. Der Kollektive Imperativ der Schwesigs und Faesers ist ein rhetorischer Hinterhalt, der uns Bürgern vormachen soll, wir seien diesen Staatsdienern irgendetwas schuldig. Bürger sind den Politikern nichts schuldig, außer Kritik und ihre Abwahl.

 

Wiederbelebungsversuche staatlicher Sittenwächter

Wird man ihr überhaupt am Zeuge flicken und etwas anhaben können, wenn die Demokratie ein „patriotisches“, einfaches Gut ist, das sich ohne Interventionsgehabe von Politikern von selbst versteht? Die vulgäre Demokratie, die ich meine, hat natürlich Feinde (auch die Politiker selbst), braucht sie aber nicht zu fürchten, wenn ihr mächtigster Freund das Volk selbst ist. Es ist nicht angebracht, der Demokratie zu unterstellen, sie benötige jene penetranten Wiederbelebungsversuche staatlicher Sittenwächter. Die deutsche Geschichte hat schon einmal bewiesen, dass das funktioniert: 1989.

Muss die Demokratie vielleicht geradezu vulgär sein, derb und volksnah, um sich ihrer Widersacher erwehren zu können und nicht zu „erkranken“? Wer (in der Hauptstadt) hat die Demokratie so kompliziert und dekadent werden lassen, dass sie nun täglich im Rundfunk, in den Medien und von der „Zivilgesellschaft“ erklärt und verklärt werden muss, als sei sie ein Propaganda-Abziehbild des piefigen deutschen Sozialismus, der von sich auch beharrlich behauptete, demokratisch zu sein? Wer muss da was verstehen? Wer hat da was missverstanden? Eine elitäre, gelenkte „Demokratie“ gerät immer in Gefahr, an Echtheit, Direktheit und Souveränität einzubüßen und sich vom Volk zu entfremden. Dafür haben wir ein überwunden geglaubtes, historisches Beispiel: vor 1989.

 

Ausfälle sind menschlich

Mit dem „Demokratiefördergesetz“ wird die Schlagseite der postmodernen Demokratie-Erklärung manifestiert. Somit werden staatlich geförderte Vorfeldorganisationen zu Propaganda-Inseln, die mit ihrer Pseudo-Öffentlichkeit der Vox populi auf den Pelz rücken sollen. „Demokratie leben“ wird ein Schauplatz gesellschaftspolitischer Agitation sein, ohne dass die Politik selbst auftreten muss. Das sieht dann so aus, als sei sich die Zivilgesellschaft einig im Kampf gegen den Krampf.

In meiner Vorstellung der vulgären Demokratie wird gestritten, geschimpft und gekonnt beleidigt. Ungefähr so: Herbert Wehner (SPD): „Sie sind ein Schwein“, „Übelkrähe“, „Schleimer“, „Ungeziefer“, „Brunnenvergifter“; Joschka Fischer (Grüne): „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“; Andrea Nahles (SPD): „Ab morgen kriegen sie in die Fresse"; Sabine Berninger (Linke): „Nein, ich darf einem solchen Wichser nicht aufs Maul hauen [...] Auch in die Weichteile treten ist nicht erlaubt: zu viel Öffentlichkeit“. Solche vulgären Ausfälle gefallen mir. Sie sind der Beweis, dass Politiker auch nur Menschen sind, die sich nicht beherrschen können. Im Plenum, bei Interviews, auf der Straße oder in Social-Media ließen und lassen sie es ungehemmt raus.

Nancy Faeser kann entspannt mit zweierlei Maß messen: Hass und Hetze von der richtigen Seite ist in Ordnung, dem Bürger aber kann man höflich mitteilen: „Halten Sie bitte die Fresse“ (Özdemir).

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