Nach den Wahlen im Libanon: Hisbollah erhält Dämpfer

Die Mehrheit der libanesischen Wähler richtet sich gegen den Einfluss der Hisbollah
© Ibrahim Chalhoub / AFP

Die Ergebnisse der Parlamentswahlen im Libanon zeigen in eine neue Richtung. Die Hisbollah ist geschwächt. Hin zu einem echten Wandel ist es aber ein weiter Weg.

Von Israelnetz

Am 15. Mai haben die Bürger des Libanon ein neues Parlament gewählt. Dabei mussten die Terrorgruppe Hisbollah und ihre Verbündeten harte Einbußen einstecken. Ihre parlamentarische Mehrheit haben sie verloren.

 

Wahlkampagne der Hisbollah gescheitert

Die christliche Partei „Freie Patriotische Bewegung“, deren Vorsitzender Michel Aun Präsident des Libanon ist, ist mit der Hisbollah verbündet. Zu dem Block zählt ebenso die schiitische „Amal-Bewegung“. Zusammen hatten sie vor den Wahlen eine stabile Mehrheit im Parlament. Ihnen gehörten 71 der 128 Sitze. Diese Zahl ist nun auf 62 geschrumpft.

Die Zeitung „taz“ berichtet von zahlreichen Versuchen der Hisbollah, Einfluss auf den Ausgang der Wahlen zu nehmen und beispielsweise gegnerische Wähler an der Stimmabgabe zu hindern. Umso mehr erteilt das klare Ergebnis dem bisherigen Machtkartell eine deutliche Absage. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung nur bei 41 Prozent. Die Hisbollah hatte ihre Anhänger dringend aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Viele Gegner des politischen Systems haben die Wahl jedoch boykottiert.

 

Neue Gruppe unabhängiger Kandidaten

Zum ersten Mal konnte eine größere Zahl unabhängiger Kandidaten in das Gremium einziehen. Die meisten von ihnen gehören Reformbewegungen an. Die christliche Partei „Forces Libanaises“, eine ehemalige Miliz, gewann 20 Sitze und lief damit der „Freien Patriotischen Bewegung“ den Rang als größte christliche Partei ab. Im Gegensatz zu letzterer ist erstere nicht dem Iran, sondern Saudi-Arabien zugewandt.

Bei zukünftigen Wahlen mit höherer Wahlbeteiligung und ohne Betrug könnte die Hisbollah in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, was ihre Rolle als politische Kraft im Zedernstaat betrifft. Auch die Entwaffnung ihres militärischen Arms, der den Süden des Landes kontrolliert, hätte dann Aussicht auf Erfolg.

Hisbollah sitzt noch zu fest im Sattel

Noch ist das aber Zukunftsmusik. Hassan Nasrallahs Hisbollah ist zwar geschwächt. Sie hat aber zusammen mit ihren Verbündeten immer noch genügend Sitze im Parlament, um sämtliche Regierungsentscheidungen zu vereiteln. Solche nämlich benötigen eine Zweidrittelmehrheit, die die Gegner der Hisbollah kaum erreichen können.

Im Oktober läuft die Amtszeit des 88-jährigen Präsident Michel Aun aus. Im Libanon kommt diesem Posten längst nicht nur eine repräsentative Funktion zu. Der Präsident ernennt den Premierminister und kann ihn auch wieder entlassen. Er ist Oberbefehlshaber des Militärs und berechtigt, das Parlament aufzulösen. Auch seine Wahl erfordert eine Zweidrittelmehrheit.

 

Parlament kaum handlungsfähig

Die Parlamentswahl weist zwar mit positiven Akzenten in eine neue Richtung. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Gremium jedoch in seiner neuen Zusammensetzung nicht handlungsfähig sein. Außerdem steht die neue, noch zu bildende Regierung vor nahezu unlösbaren Aufgaben, zu denen die verheerende libanesische Wirtschaftskrise zählt. Während eine Regierung ohne die Hisbollah nicht auf die nötige Stimmenmehrheit kommt, wird eine Regierung unter Beteiligung der Terrorgruppe weiterhin auf dringend benötigte Auslandshilfe verzichten müssen.

Zunächst einmal haben sich die Gräben zwischen den verfeindeten politischen Blöcken vertieft. Die Sorge wächst, dass der Kampf sich auf die Straße verlagern und den libanesischen Bürgerkrieg neu entfachen könnte. In der Hoffnung, in der Gunst des Volkes zu steigen, könnte die Hisbollah Krieg mit Israel suchen. Der Preis wäre jedoch für sie sehr hoch bei geringen Chancen, dass die Bürger sich von diesem Schauspiel noch beeindrucken lassen.

Ein Wandel im krisengeschüttelten Libanon mit seinen festgefahrenen politischen Strukturen schien lange unmöglich. Nach dem Votum der Wähler am 15. Mai gibt es einen Hoffnungsschimmer, wenn auch in weiter Ferne. (cs)

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