Immer mehr Israelis wollen sich bewaffnen – zur eigenen Sicherheit

Besonders in den letzten Monaten wird Israel wieder von einer arabischen Terrorwelle überrollt. Seither hat die Nachfrage nach Waffen-Lizenzen deutlich zugenommen. Colonel Sharon Gat bildet in seiner Antiterror-Akademie „Caliber 3“ in Gush Etzion Profis und Zivilisten aus. Hier lehrt er nicht nur den Umgang mit Waffen, sondern auch Selbstverteidigung. Sein Motto heißt: Ein gesetzestreuer Zivilist, der weiß was er tut und eine Waffe trägt, kann Leben retten. (JR)

Von Jürgen Th. Müller

Jeder nennt ihn nur den Colonel. Sharon Gat war Kommandeur einer Elite-Einheit der israelischen Armee, hat in vier Kriegen gekämpft und 20.000 Soldaten befehligt. Er ist der Gründer und Leiter von „Caliber 3“, der größten Akademie für Terrorismusbekämpfung, Sicherheit und Verteidigung in Israel. Auf seinem Gelände in Gush Etzion üben Spezialkräfte von Armee und Polizei, aber auch Zivilisten.

Einer von ihnen ist Ben Goldstein. Der Familienvater steht mit gezogener Pistole zwischen Wänden, die ein Haus simulieren. Im Innern des verwinkelten Gebäudes sind lebensgroße Fotos von bewaffneten Terroristen und ihren Geiseln aufgestellt. Ben weiß nicht, was ihn wo erwartet. Aber er muss in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob er die Waffe abfeuert.

 

„Du musst deine Familie retten“

Der Colonel steht dicht hinter ihm und gibt letzte Anweisungen: „Du zielst immer in Richtung der Räume und drehst dich niemals zu mir um. Der Finger bleibt außerhalb des Abzugs. Nur wenn du einen Terroristen siehst, kommt der Finger rein und du schießt. Okay? Wenn ich sage, der ist erledigt, dann ist er auch erledigt und du kannst zum nächsten gehen. Deine Familie ist jetzt da drin. Du musst sie retten! Denk daran: Jede Kugel muss genau sitzen.“

Dann geht es los. Geübt wird mit scharfer Munition. Ben erledigt in weniger als zwei Minuten alle Terroristen und verschont die Geiseln. Das bringt ihm Lob vom Colonel ein: Der 46-Jährige hat die Stress-Situation gut bewältigt und sich an die Regeln gehalten.

Für ihn als Zivilist war das Training in der modernen militärischen Anlage ein besonderes Erlebnis: „Es war einfach unglaublich! Es ist das erste Mal, dass ich eine 360-Grad-Schießanlage erlebt habe. Deshalb bin ich zu „Caliber 3“ gekommen. Es ist der einzige Ort der Welt, an dem so etwas angeboten wird. Als Zivilist hier zu schießen, mit meiner eigenen Pistole, ist eine Erfahrung wie keine andere. Ich habe Gänsehaut!“

Das Training in der Anlage wird von verschiedenen Kameras aufgezeichnet. Die Wände des Übungshauses bestehen aus einem Spezialmaterial, das die Kugeln auffängt.

 

Große Nachfrage nach Waffen-Lizenzen

Seit einigen Monaten wird Israel von einer Terrorwelle überrollt. Seither hat die Nachfrage nach Waffen-Lizenzen deutlich zugenommen, von Männern und Frauen. Colonel Gat sieht das positiv: „Zivilisten sind auf den Straßen unterwegs, sie gehen zur Arbeit, sie halten sich in Einkaufszentren auf, an Bushaltestellen und in Bahnhöfen. Wenn es an einem dieser Orte plötzlich zu einem Angriff kommt, und es ist gerade keine Polizei in dieser Gegend, dann kann ein Zivilist, der weiß was er tut und eine Waffe trägt, Leben retten. Das ist bewiesen. So wurden schon sehr viele Leben in Israel gerettet.“

 

„Wir beschützen die Schwachen“

Die Akademie vermittelt Israelis auch, wie sie sich bei Terrorangriffen verhalten sollen. Einer der Ausbilder ist Hananya Young. Er erklärt, dass die Sicherheitskräfte jeden in Israel schützen, egal welcher Nationalität oder Religion derjenige angehört. Young steht im Kampfanzug vor einer weiß-blauen Fahne mit dem Davidsstern und berichtet einer Besuchergruppe, warum er selbst Soldat geworden ist: „Das hier ist der Grund: Diese Flagge und wofür sie steht. Vor 70 Jahren hatten wir niemanden, der sich vor uns gestellt und uns beschützt hat. Wir haben ein Versprechen abgegeben: Wir sind die, die sich vor dich stellen. Wir rennen vor, um die Schwachen zu beschützen.“

„Caliber 3“ lehrt nicht nur den Umgang mit Waffen, sondern auch Selbstverteidigung mit einer speziellen Technik: Krav Maga. Mit gezielten Schlägen und Tritten können Angreifer zu Fall gebracht und unschädlich gemacht werden. Colonel Gat schärft den Schülern ein, niemals aufzugeben: „Es kann zu einer Situation kommen, in der du auf den Rücken fällst. Wenn das passiert, musst du weiter kämpfen. Also kämpfst du mit deinen Beinen und bewegst dich, bis du an deine Waffe kommst und schießen kannst.“

Es geht letztlich darum, zu überleben. Der Colonel will durch seine Lehrgänge Leben retten – das Leben von Unschuldigen, die bedroht werden. Israelis dürfen nicht mehr einfache Opfer sein. Das habe ihn die Geschichte gelehrt.

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