Nach Terroranschlag: Traumabewältigung mit Kochlöffel und Gewürzen

Ciumars Malkan bei einem Fernsehinterview in seinem Jerusalemer Schuhgeschäft. Seine Lebensgeschichte hat viele Israelis sehr beeindruckt. Foto: Jürgen Müller


Der Inhaber eines Schuhgeschäfts in Jerusalem verlor durch einen Terroranschlag seine Ehefrau und zog seine drei Töchter alleine groß. Das Kochen gab ihm die Motivation immer weiterzumachen und brachte ihn in die israelische Kochsendung „Master-Chef“. (JR)

Von Jürgen Th. Müller

Wenn Ciumars Malkan kocht, ist er glücklich. Im Lager seines Schuhgeschäfts an der Jaffastraße in Jerusalem hat er sich eine kleine Küche eingerichtet. Inmitten von Schuhkartons und Werkzeugen hat der 56-Jährige zwei Herdplatten und eine Mikrowelle untergebracht. Auch für einen Kühlschrank, Töpfe, Pfannen und Gewürze hat er noch einen Platz gefunden.

Ciumars wurde in Teheran geboren. Er war fünf Jahre alt, als seine jüdisch-zionistischen Eltern in Israel einwanderten. Schon als junger Mann eröffnete er seinen ersten Laden: „Meine Frau hat mit mir im Laden gearbeitet. Wir hatten unser Geschäft und haben es gemeinsam betrieben. Morgens sind wir zusammen in den Laden gekommen. Um 2 oder 3 Uhr nachmittags ist sie dann nach Hause gegangen, um sich um die Kinder zu kümmern. Die waren damals noch klein.“ Es sind drei Mädchen, darunter Zwillinge.

Der 9. August 2001 hat das Leben der Familie für immer verändert. In der beliebten Jerusalemer Pizzeria Sbarro sprengte sich ein „palästinensischer“ Selbstmord-Attentäter in die Luft. Bei dem Blutbad wurden 15 Israelis getötet und 130 zum Teil schwer verletzt. Es war ein Bild des Grauens. Überall Tote, Blut und um Hilfe schreiende Verletzte. Ciumars und seine Frau Miri rannten auf die andere Straßenseite und leisteten Erste Hilfe.

Miri hatte große Schwierigkeiten, mit den schrecklichen Eindrücken fertig zu werden. Ciumars erinnert sich: „Sie war innerlich aufgewühlt und hatte Angstzustände. Sie bekam Herzrasen und konnte nicht mehr atmen. Sie sagte mir, sie hatte das Gefühl zu ertrinken.“ Letztlich verlor sie trotz psychologischer Hilfe den Kampf gegen ihre seelischen Wunden. Sie sprang von einem Hochhaus und nahm sich das Leben. Ciumars kommen noch heute, fast 20 Jahre später, die Tränen, wenn er berichtet, wie die Polizei ihm die Todesnachricht überbrachte.

Viel Zeit zum Trauern blieb ihm nicht. „Ich musste am Morgen aufstehen, ich hatte Kinder, und die Kinder schauten auf mich.“ Er schaffte es mit viel Selbstdisziplin, seine drei Töchter alleine großzuziehen und gleichzeitig ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Heute sind seine Kinder erwachsen. Die Älteste ist verheiratet und er hofft, bald Großvater zu werden.

Geholfen hat ihm sein Hobby, das Kochen: „Ich mag es einfach. Das Kochen entspannt mich sehr, wirklich sehr! Ich habe klein angefangen, inzwischen kann ich für hundert Leute gleichzeitig kochen, das ist überhaupt kein Problem.“

Seine Kochkünste haben ihn in die beliebte israelische Fernsehsendung „Master-Chef“ geführt, wo die besten Köche des Landes ermittelt werden. Seine köstlichen persischen Gerichte haben das Publikum begeistert. Aber seine Lebensgeschichte, die er während des Kochens erzählte, hat Hunderttausende tief berührt.

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