CPAC in Israel: Die US-Konservative steht an der Seite des jüdischen Staates

Ric Grenell, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland, Matthew Whitaker, EX-US-Justizminister, Amir Ohana, früherer israelischer Justizminister, hochrangige Beamte der Donald Trump Administration und Stargast Ben Shapiro trafen sich mit 2500 internationalen Gästen in Tel Aviv zur „Conservative Political Action Conference“. Themenschwerpunkte waren u.a. der weltweite Kulturkampf linker Ideologen, das Abraham-Abkommen und die kompromisslose Solidarität der US-amerikanischen Konservativen mit Israel.

Ben Shapiro im Gespräch mit Amit Segal


Von Filip Gašpar

Am 20. Juli versammelten sich in einem Hangar am Tel Aviver Hafen mehr als 2.500 Menschen, um an der ersten „Conservative Political Action Conference“ (CPAC), eine der einflussreichsten politischen Organisationen in den Vereinigten Staaten, in Israel teilzunehmen.

In den Vereinigten Staaten ist CPAC eine riesige mehrtägige Veranstaltung mit Breakout-Sessions, Panels und Auftritten von fast allen führenden Persönlichkeiten aus dem konservativen Lager. Die Veranstaltung in Tel Aviv, die gemeinsam mit drei israelischen Organisationen abgehalten wurde, war nur ein einzelner Abend, der um eine Grundsatzrede des berühmten amerikanisch-jüdischen Experten Ben Shapiro herum aufgebaut war. Es war Shapiros allererste öffentliche Rede in Israel. Einer der israelischen Organisatoren, der Tel Aviv International Salon, hatte die gesamte Veranstaltung ausschließlich als Shapiro-Auftritt beworben– obwohl die „CPAC Israel“-Banner und Aufsteller auf der Bühne einen anderen Eindruck vermittelten.

Die Veranstaltung in Tel Aviv wurde gemeinsam von CPAC, dem Tel Aviv International Salon und den Verlagen Shibolet Press und Sella Meir organisiert.

Auch die programmatischen Ziele der Veranstaltung waren teilweise widersprüchlich. Trotz all ihrer politischen Affinitäten für einander, sind die amerikanische und die israelische Rechte in manchen Punkten grundlegend unterschiedliche ideologische Bewegungen: Ihre Entstehungsgeschichten sind unterschiedlich und definieren sich in ihren Grundüberzeugungen anders. Zuweilen gab es offensichtliche - vorsichtig ausgedrückt - abweichende Vorstellungen der Redner insbesondere in Bezug auf die angemessene Rolle der Justiz in den beiden Ländern.

Der angebliche Zweck der Veranstaltung bestand darin, einige dieser Gräben zu überbrücken: die israelischen Konservativen davon zu überzeugen, sich einer freien Marktwirtschaft nach amerikanischem Vorbild zuzuwenden, und die amerikanische Rechte zu einer aggressiveren israelischen Version des Nationalismus zu drängen. Aber während die Amerikaner begeistert davon zu sein schienen, von Israel zu lernen, war alles andere als klar, ob das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte.

 

Würdigung der Trump-Politik

Viele konservative Aktivisten und ehemalige hochrangige Beamte der Donald Trump Administration sprachen darüber, was der ehemalige US-Präsident alles Gutes für Israel getan habe. Darunter die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, das sogenannte „Abraham-Abkommen“ zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten und er hat die Mittel für das Palästinenserhilfswerk UNRWA streichen lassen.

Ich merke an, dass Barack Obama den Friedensnobelpreis als eine Art Vorschusslorbeeren erhielt, wohingegen Donald Trumps Politik den Nahen Osten wirklich umgekrempelt hat. Die Amerikaner lobten die hohe Geburtenrate der Israelis und forderten diese auf, sich der konservativen Seite im Kulturkampf anzuschließen. Das machte Sinn, denn viele der Teilnehmer im Publikum schienen US-amerikanische Juden zu sein und an der Kleidung auch als religiös Praktizierende zu erkennen. Man sah ein Meer von Kippot.

 

Israel ist wichtigster Verbündeter der USA im Nahen Osten

Den Abend eröffnete der CPAC-Vorsitzende Matt Schlapp. Er sprach vom Nachrichtensender CNN, den er als zu liberal bezeichnete. Die Probe aufs Exempel kam sofort als er ins Publikum fragte, ob jemand CNN International schaue. Das Publikum antwortete deutlich mit einem lauten Buh. Schlapp bezeichnete Israel und das Volk Israels als den wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten und sogar in der Welt. Er sagte, dass CNN Teil einer internationalen Konstellation sei, die versucht Amerika zu schwächen und zu spalten und das Amerikanische in eine globale Sache umzuwandeln, die von einer Elite aus der WU, der WHO und der UNO angeführt werde.

Deswegen hat CPAC angefangen, solche Konferenzen auch außerhalb der USA abzuhalten wie zum Beispiel in Japan, Brasilien oder auch letztens in Ungarn (die Jüdische Rundschau war vor ORT), um somit konservative Bewegungen weltweit zu vereinigen. Schlapp betonte, dass die Amerikaner einiges von den israelischen Konservativen lernen könnten.

 

Trump kürzte Geldmittel für UNWRA

Als nächstes stellte Schlapp eine Gruppe ehemaliger US-Botschafter und Beamter vor, die an der Normalisierung Israels mit arabischen Ländern beteiligt waren. Er beschrieb sie als „Trump-Superstars“, die „mit der Form gebrochen haben, wie Menschen auf der ganzen Welt Diplomatie betreiben“. Darunter der frühere Nahost-Gesandte Jason Greenblatt, der Trumps Schritt, die Hilfe für die „Palästinenser“ zu kürzen, lobte. Er meinte damit die UNWRA, die für „palästinensische“ Flüchtlinge zuständige UN-Agentur. Er sagte, dass die sogenannten „palästinensischen“ Flüchtlinge die einzigen Menschen seien, die ihren Flüchtlingsstatus von Generation zu Generation vererbten und als politische Schachfiguren ausgenutzt würden. Trump habe diese Geldverschwendung beendet. Nach dieser Aussage brach das Publikum in Applaus und Jubel aus.

Auf einer Diskussionsrunde mit Matthew Whitaker, ehemaliger Football-Spieler, Ex-Staatsanwalt und US-Justizminister, schlug der rechtsgerichtete israelische Gesetzgeber Amir Ohana, ebenfalls ehemaliger Justizminister, vor, der israelischen Knesset die Befugnis zu geben, Urteile des Obersten Gerichtshofs aufzuheben, und beklagte sich über die „Justizoligarchie“ in einer Sprache, die eher an die amerikanische Linke erinnerte.

Er sagte, dass es Zeit sei, den Menschen mehr Macht zu geben und Israel zu einem Land zu machen, in dem es von Rechtsstaatlichkeit, und nicht von Rechtsanwälten regiert wird.

Ohanas Austeilen, das nach Whitakers Lobpreisung der Konservativen Übernahme des Obersten Gerichtshofs der USA vorgetragen wurde, spiegelt jedoch grundlegend andere politische Realitäten wider. Der Oberste Gerichtshof Israels ist eine überparteiliche Institution, deren Mitglieder von einem Expertengremium ernannt werden; Seine Urteile, die die religiöse Gleichheit und die arabischen Rechte aufrechterhalten sollten, lösen öfters Frust bei der israelischen Rechten aus, die ihr häufig vorwirft, Teil eines sogenannten ‚Deep states‘ zu sein, der versucht das Land links-politisch zu indoktrinieren.

Zynisch beobachtet, könnte man die Differenzen zwischen Israelis und Amerikanern in diesem Punkt als ziemlich unterschiedlich politisch ansehen: Konservative mögen Gerichte, wenn sie günstige Urteile fällen, und wollen sie entmachten, wenn sie es nicht tun. Bei den Linken garantiert nicht anders.

Leider war die Diskussion zu kurz, als dass die Redner hätten erklären könnten, warum dieser Verdacht falsch sein könnte. Die insgesamt etwa fünfstündige Veranstaltung, hatte nicht den typischen Aufbau einer CPAC-Konferenz, die tiefergehende Gespräche und Vernetzung ermöglichte. Es gab keine Breakout-Sessions zu bestimmten Themen, keinen Raum voller Stände, die von Mitgliedern verschiedener konservativer Gruppen besetzt waren, keine große Halle, in der die konservative Basis zum Gespräch zusammenkommen konnte. Es war eine Art CPAC-light, ein Plenum ohne eigentliche Konferenz.

CPAC wurde in den letzten Jahren immer mehr mit dem sogenannten MAGA Trump-Flügel innerhalb der Republikanischen Partei in Verbindung gebracht. Deswegen war es auch nicht verwunderlich, dass Trump, der möglicherweise bald seine erneute Kandidatur ankündigt, überschwänglich gelobt wurde. Keiner der Redner erwähnte Ron DeSantis, Donald Trumps potenziellen Rivalen für die Kandidatur der Republikaner.

 

Ric Grenell mit mahnenden Worten

Als nächstes hatte Richard Grenell, der frühere US-Botschafter in Deutschland, und Berichten zufolge ein möglicher Anwärter auf das Amt des Außenministers in einer zukünftigen Trump-Administration, seinen Auftritt. Er deutete an, dass die Zukunft Israels besser durch ein rechtsgerichtetes Amerika als durch ein linksgerichtetes Europa gesichert würde.

Er warnte auch eindringlich davor, dass Amerika Gefahr laufe, seinen Status als Anführer der freien Welt zu verlieren.

Danach betrat zur Abwechslung kein Politiker, sondern der pensionierte israelische Basketballspieler Omri Casspi die Bühne.

Der Grund seines Auftritts war, um Ben Shapiro anzukündigen. Während ich zusah, wie Casspi sichtlich nervös einige Punkte zu Shapiros Leben vortrug, die sich wie ein Wikipedia Artikel lasen, kam mir der Gedanke, dass es vielleicht das erste Mal war, dass ein NBA-Erstrunden-Draft als Vorprogramm für einen Politikexperten herhalten musste. Dann betrat Ben Shapiro die Bühne und die Menge flippte aus, der Applaus war tosend, hier kam der wahre Superstar, weswegen alle gekommen waren.

 

Auftritt Ben Shapiro

Viele Zuschauer standen auf, sprangen von ihren Sitzen und jubelten ihm zu. Waren davor noch einige frei Plätze sichtbar gewesen, so war die Halle jetzt bis auf den letzten Platz gefüllt. Shapiro startete ohne Notizen in einem rasanten Tempo mit seinem Vortrag, spülte eine Liste von Statistiken ab, die laut ihm, die Gesundheit und Robustheit der israelischen Gesellschaft bezeugten.

Shapiros Rede konzentrierte sich auf zwei Fragen, die den ganzen Abend als These dienten: „Was Israel von Amerika lernen kann und was Amerika von Israel lernen kann.“

Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland Richard Grenell


Auf großen Bildschirmen in der Halle sah man Zuschauer, die gebannt zuhörten, wie Shapiro geschickt Stränge aus politischer Theorie, Theologie, und Angriffen auf seine politischen Gegner zusammen wob.

In seiner Erzählung musste Israel die freie Marktwirtschaft nach amerikanischem Vorbild endlich vollständig implementieren. Er sagte, dass das israelische Wirtschaftssystem durch hohe Steuern und mächtige Gewerkschaften zurückgehalten werde. Er argumentierte auch, dass Israel ganz genau nach Amerika blicken sollte, wenn es um die Ernennung von Richtern gehe.

Die Amerikaner ihrerseits sollten sich an Israels Nationalbewusstsein ein Beispiel nehmen.

„Amerika kann vor allem eines von Israel lernen: dass ein Nationalstaat im Herzen eine Nation haben muss“, argumentierte er. „Was das wirklich bedeutet, ist, dass Amerika von Israel die Notwendigkeit einer gemeinsamen Geschichte, einer gemeinsamen Kultur und eines gemeinsamen Schicksals lernen muss.“

 

Diskussion um Richter-Ernennungen

Nach Shapiros Rede betrat Amit Segal, der führende israelische Journalist, die Bühne, um eine Fragerunde mit dem Amerikaner zu führen. Segal, selbst ein Konservativer, hatte offensichtlich einige Vorbehalte gegen die Idee, dass Netanyahus Likud-Partei wirtschaftliche Nachhilfe bei den Republikanern nehmen sollte.

Ähnliche Bedenken hatte er, als es um das amerikanische System zur Ernennung von Richtern ging. „Wenn wir uns den Obersten Gerichtshof der USA ansehen, sehen wir nur einen weiteren Zweig der [Partisanen-]Regierung: Die Republikaner stimmen für konservative Entscheidungen und die Demokraten dagegen. Können wir etwas Besseres finden?“ fragte er. „Nein“, antwortete Shapiro und argumentierte, dass alle Systeme zur Ernennung von Gerichten eine gewisse politische Voreingenommenheit hätten und dass das amerikanische System zumindest einigermaßen auf den öffentlichen Willen reagiere.

In der Gerichtsfrage gibt es einige Bewegungen in der israelischen Rechten in Richtung Shapiro – obwohl ihre Leitidee für eine Gerichtsreform, der israelischen Knesset die Befugnis zu geben, Gerichtsurteile außer Kraft zu setzen, ihm und anderen amerikanischen Konservativen wahrscheinlich Nesselsucht bereiten würde, wenn sie zu Hause angewendet würde. Und Israel hat, wie viele westliche Demokratien, in den letzten Jahrzehnten tatsächlich deregulierende Schritte unternommen.

Aber im Großen und Ganzen und vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht scheint Segals Haltung ziemlich repräsentativ für die israelische Sicht zu sein.

 

Nationale Identität der Israelis

Shapiro lobte Israel auch für seine hohe Geburtenrate und beschrieb es als „das einzige westliche Land mit einer Geburtenrate, die über der Ersatzrate liegt. Das Einzige.“ Er führte an, dass es eine wirklich erstaunliche Statistik sei, wenn man darüber nachdenkt, dass selbst die politisch linksgerichtetsten Gebiete Israels sich mit höheren Raten als andere Länder reproduzieren. In Tel Aviv liegt die Geburtenrate bei 2,49, In Haifa bei 2,35. Die beiden Städte sind als eher offener und liberaler als Jerusalem bekannt. Für Shapiro geht das auf das Einheitsgefühl der Israelis zurück. Er sagte, dass Israel von innen betrachtet, wie ein aufgewühltes Land der Meinungsverschiedenheiten und Konflikte wirke, aber von außen es aussehe, wie ein Land, das in seiner Identität solider als fast jedes andere Land auf dem Planeten Erde sei. Für seine Kritik an Israels Bürokratie, die er als ein Hindernis für eine freie Marktwirtschaft betrachte, gab es nur gedämpften Applaus. Mit seiner Kritik am Genderismus in den USA, erheiterte er seine Zuhörer wieder. Zum Abschluss warnte er die Israelis davor, sich von linken Einstellungen beeinflussen zu lassen.

Danach wurden online vorher zugesandte Fragen beantwortet. Für den rhetorisch brillanten Shapiro ein Kinderspiel. Es gab einen kurzen Moment der Unruhe, als es zur Frage kam, ob er Trump weiterhin unterstütze, nach den schrecklichen Bildern bei der Erstürmung des Kapitols. Das Publikum brach in laute Buhrufe aus und der deutlich verlegene Segal, konnte nur darauf verweisen, dass die Fragen eingesandt wurden. „Shapiro räumte ein, dass es nicht der beste Moment in Trumps Amtszeit war.

Im Gegensatz dazu hat sich die amerikanische Rechte nach Trump als weitaus fruchtbarerer Boden für eine nationalistische Botschaft im israelischen Stil erwiesen. Darunter zum Beispiel die „National Conservatism Conference“, eines immer beliebter werdenden CPAC-Konkurrenten mit noch deutlicher nationalistischer Ausrichtung.

Ihr Anführer ist der israelische Akademiker Yoram Hazony. Sein intellektuelles Projekt ist implizit eine Universalisierung der Ideologie der israelischen Rechten: ein theologisch geprägter Nationalismus, der meint, dass die Regierung den spezifischen Charakter der gesellschaftlichen Mehrheitsgruppen widerspiegeln sollte, beispielsweise durch die Förderung ihrer religiösen Überzeugungen (mit Schutz für Minderheitenrechte).

Im September wird Hazony die nächste Konferenz „National Conservatism Conference“ in Miami veranstalten.

Nach der CPAC Israel Veranstaltung kam ich mit einigen Teilnehmer, draußen vor einem Tisch voller hebräischer Übersetzungen von Boris Johnson und Jordan Peterson, ins Gespräch, die mir sagten, dass sie die Veranstaltung angeregt habe und sie mit Shapiros Auftritt mehr als nur zufrieden seien.

 

Über den Autor: Filip Gašpar hat Romanistik und Slavistik in Göttingen, Perugia, Zagreb und Krakau studiert.

Sehr geehrte Leser!

Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:

alte Website der Zeitung.


Und hier können Sie:

unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen

in der Druck- oder Onlineform

Unterstützen Sie die einzige unabhängige jüdische Zeitung in Deutschland mit Ihrer Spende!

Werbung


Alle Artikel
Diese Webseite verwendet Cookies, um bestimmte Funktionen zu ermöglichen und das Angebot zu verbessern. Indem Sie hier fortfahren, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr dazu..
Verstanden