George Washingtons einzige koschere Mahlzeit

Warum der erste US-Präsident für die Juden ein Held ist

Von Joshua Blustein

Mein Großvater erzählte gerne von seiner Einwanderung nach Amerika. Früher Jorge, entschied er sich für die englische Variante „George“, als er gemeinsam mit meiner Großmutter von einem holländischen Frachtschiff stieg, das seine Reise in ihrer Heimat Argentinien begonnen hatte.

Der erste Geburtstag meines Großvaters in Amerika war ein denkwürdiger Tag – ein 22. Februar wie er im Buche steht. An diesem Tag beobachtete er eine große Parade, von der Pracht und dem Prunk der Amerikaner hatte er zuvor in Buenos Aires immer gehört. Die Prozession verkündete, dass „George“ der großartigste Amerikaner war, der je gelebt hatte. Mit Stolz und Humor scherzte mein Großvater: „All das für mich! Kannst du dir vorstellen, dass Amerika deinen Opa so begrüßt hat, Jorge?“

Natürlich war die Parade zu Ehren eines anderen George – nicht Steinberg – sondern Washington, dessen Geburtstag am 22. Februar einst ein geschätzter Feiertag war. Heute wird er als Tag des Präsidenten gefeiert.

Mein verstorbener Großvater war nicht der erste südamerikanische jüdische Einwanderer, der von George Washington begeistert war. Bereits 1792 schrieb der Generalgouverneur von Surinam an den ersten Präsidenten, dass ein einheimischer Jude, David Nassy, „mich gebeten hat, die Ehre zu haben, diese Zeilen an Ihre Exzellenz zu übermitteln ... und den Wunsch, in einem Land zu leben, in dem, ohne Rücksicht auf den Unterschied der Religion in den Individuen persönliche Verdienste beachtet werden, ihn zu dem Entschluss geführt haben, in den Vereinigten Staaten unter der Regierung Ihrer Exzellenz ansässig zu werden.“ Die Bitte wurde von Washington erfüllt, und Nassy bot dem Präsidenten dankbar seine „Dienste, sofern ich Ihnen welche leisten kann.“

 

Ein Jude bei der Amtseinführung

Schon vor dem Brief des ersten Präsidenten an die Touro-Synagoge, mit den berühmten Worten „to bigotry no sanction; to persecution no assistance“ [sinngemäß: „religiöser Engstirnigkeit keinerlei Akzeptanz; religiöser Verfolgung keinerlei Unterstützung“] wussten die Juden Amerikas, dass Washington ihr Mann sei. Er lud den Rabbiner der New Yorker Shearith-Israel-Gemeinde ein, bei der ersten Amtseinführung als offizieller Geistlicher aufzutreten. Dies war das erste Mal seit dem antiken Fall Jerusalems, dass ein jüdischer Geistlicher in offizieller Funktion für ein Staatsoberhaupt auftrat.

In dieser Manier eröffnete im August 1789 die Gemeinde Kahal Kadosh Beth Shalome in Richmond, Virginia, die Feier zur Verfassung ihrer neuen Synagoge mit den Worten: „Für den Präsidenten der Vereinigten Staaten, möge seine Regierung den Bürgern Amerikas die Freiheit sichern, die sie durch seine Tapferkeit erlangt haben.“

Während der Amerikanischen Revolution, in den Winterlagern von Valley Forge, war ein jüdischer Einwanderer aus Preußen, Michael Hart, ein Gefreiter in der Kontinentalarmee. In einem Tagebuch schrieb seine Tochter über den Kriegsdienst ihres Vaters: „Es sei daran erinnert, dass Michael Hart ein Jude war, praktisch, fromm, ein Jude, der den Sabbat und die Feste verehrte und streng einhielt; auch die Speisegesetze hielt er ein, obwohl er gezwungen war, sein eigener Schächter zu sein. Man beachte, dass er, Washington ... sogar während eines kurzen Aufenthaltes für eine Stunde der Gast des ebenbürtigen Juden war.“

 

Der preußische Jude in Washingtons Armee

Washington hat einen so festen Platz in den Herzen der Juden, dass diese Geschichte zu einer Folklore wurde wie keine andere – ohne Details über die einzige koschere Mahlzeit zu kennen, die er bekanntermaßen zu sich genommen hat. Eine andere Version lautet: „Es ist mitten im Winter in Valley Forge. Alle frieren. Frostbeulen sind weit verbreitet. Alle haben die Hoffnung aufgegeben. George Washington ist deprimiert. Eines Nachts, auf der Suche nach Inspiration, macht George einen Spaziergang durch das Lager. Er findet ein jüdisches Mitglied der Kontinentalarmee, der die Chanukkia anzündet ... der Soldat erklärt George Chanukka, Juda Makkabäus und alles Weitere, der dadurch seinen Mut wiederfindet – genug, um aufzustehen, als das Boot den Delaware überquert. Später schickt der erste Präsident unserem jüdischen Soldaten eine silberne Menora ... als Geschenk der Wertschätzung, zusammen mit einem Brief, in dem steht: ‚Das Judentum hat der Welt viel zu bieten. Sie sollten stolz darauf sein, ein Jude zu sein.‘“

Der aufmerksame Leser wird feststellen, dass die Delaware-Überquerung ein Jahr vor Valley Forge stattfand, einer von vielen Gründen, den Wahrheitsgehalt der Geschichte anzuzweifeln. Aber das spielt keine Rolle. Lasst uns den Mann ehren, der lange Zeit eine Inspiration für die Juden war, lasst uns Washingtons Leben, Vermächtnis und Ideale feiern. Wir wollen uns dem Gedenken an diesen großen Staatsmann widmen, der in den Annalen der Geschichte beispiellos für die Sicherung der jüdischen Freiheit, Sicherheit, des Wohlstands und der Rechte aller Amerikaner steht.

 

Übersetzung von Maximilian Krupop

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