Deutschlands gefährliche Selbstmobilisierung

© INA FASSBENDER / AFP

Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist es eine bittere Ironie der Geschichte, dass die Kriegsgefahr erneut nicht von außen, sondern aus der politischen Mitte Deutschlands heraus genährt wird – durch eine Rhetorik, die jede diplomatische Vernunft beiseiteschiebt. Während das post-merkelsche Berlin den Bürgern einen nebulösen „Spannungsfall“ präsentiert, wächst der Eindruck, dass hier weniger Verteidigungsfähigkeit gestärkt, sondern die öffentliche Meinung für eine neue geopolitische Frontstellung konditioniert werden soll. Die Wiederbelebung der Wehrpflicht erscheint in diesem Umfeld wie ein Baustein einer langfristigen Mobilisierung. Zugleich bleibt offen, wie ein Staat, der massenhaft muslimische Migranten einbürgert, deren Loyalität kaum überprüft wird und in großen Teilen mehr als zweifelhaft ist, eine verlässliche Armee formen will. So wird die Rückkehr zur Wehrpflicht zum Prüfstein dafür, ob es tatsächlich um Sicherheit geht oder um eine suizidale politische Strategie, in der sich die Merz-CDU mit den Kiesewetters und Wadephuls gemeinsam mit den Grünen zu bellizistischen Fanatikern macht, an gefährlichen Kriegsfantasien zündelt und an einer Fortsetzung der Kriegseskalation Gefallen zu finden scheint. (JR)

Von Regina Bärthel

Unbestritten: eine wirksame Landesverteidigung ist wünschenswert. Insbesondere eine, die professionell und effektiv nach außen wirkt, so dass potentielle Angreifer von vornherein vor dieser Stärke zurückschrecken. Eigentlich eine Binsenweisheit, die der westlichen Welt nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang den Frieden sicherte – wenn auch unter der Tatsache, dass über den damaligen politischen Blöcken ein atomwaffenverstärktes Damoklesschwert schwebte. Heute sind die Ost-West-Blöcke einer multipolaren Welt gewichen; eine klare Freund-Feind-Unterscheidung nicht mehr möglich. Oder doch?

 

Heraufbeschwörung eines Spannungsfalls

Erneut wird Russland in Deutschland und der Europäischen Union als Bedrohung aufgebaut, Politiker wie etablierte Medien werden nicht müde, eine Ausweitung der russischen Invasion in die Ukraine auch auf Nato-Gebiet vorauszusagen. Es ist ungewiss, ob dies zutreffen könnte, und natürlich gibt es zahlreiche Stimmen, die einen Übergriff Putins auf Westeuropa für äußerst unwahrscheinlich halten – dennoch erfüllt die Prognose eines „Spannungsfalls“ ihren Zweck.

„Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im kompletten Frieden“, war Bundeskanzler Friedrich Merz zu vernehmen. Nun, das ist noch nicht die martialische Kriegsrhetorik, die einst zwei Weltkriege einleiteten, reicht aber durchaus dazu aus, eine Stimmung zu erzeugen, die von einer diffusen Kriegsangst bis hin zu heller Panik reicht. Und Panik, das kennt ein jeder, ist einer kühlen Diagnose wenig förderlich. Vielmehr neigt sie dazu, sich so sehr in den Vordergrund zu drängen, dass alle anderen Probleme aus dem Blick geraten. Nicht von ungefähr ist daher der Ukraine-Krieg in den Mittelpunkt der deutschen Außen- und Wirtschaftspolitik ebenso wie der Innen- und Sozialpolitik gerückt – und hat längst auch die Kunst der Diplomatie in den dunkelsten Schatten verbannt: „Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“, forderte Verteidigungsminister Boris Pistorius schon im November 2023. Dies sei für Deutschland „überlebenswichtig“.

Sie können diesen Artikel vollständig in der gedruckten oder elektronischen Ausgabe der Zeitung «Jüdische Rundschau» lesen.

Vollversion des Artikels

€ 1,75 inkl. MwSt.

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Hier können Sie

die Zeitung abonnieren,
die aktuelle Ausgabe oder frühere Ausgaben kaufen
oder eine Probeausgabe der Zeitung bestellen,

in gedruckter oder elektronischer Form.

Vollversion des Artikels

€ 1,75 inkl. MwSt.
Zugang erhalten

Sehr geehrte Leser!

Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:

alte Website der Zeitung.


Und hier können Sie:

unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen

in der Druck- oder Onlineform

Unterstützen Sie die einzige unabhängige jüdische Zeitung in Deutschland mit Ihrer Spende!

Werbung


Alle Artikel
Diese Webseite verwendet Cookies, um bestimmte Funktionen zu ermöglichen und das Angebot zu verbessern. Indem Sie hier fortfahren, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr dazu..
Verstanden