Das System Selenskyi: Machterhalt und Korruption auf Kosten des eigenen Volkes

Wie viel wusste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Korruption in seinem engen Umfeld?© SERGEI SUPINSKY / AFP

Selten wird so offen ausgesprochen, was in Kiew jeder weiß, aber kaum jemand zu sagen wagt: Die Herrschaft Wolodymyr Selenskyjs gründet sich längst nicht mehr auf demokratische Legitimation, sondern auf einen zementierten Ausnahmezustand, der Korruption begünstigt und politische Konkurrenz ausschaltet. Der Energoatom-Skandal zeigt exemplarisch, wie tief verstrickt ukrainische Oligarchen, Regierungszirkel und staatliche Schlüsselbetriebe in das Korruptionsgeschehen sind – und wie bereitwillig die grün-linken Moralheuchler und ihre Medien darüber hinwegsehen, solange das von ihnen gewünschte Narrativ zur Fortsetzung des Krieges weiter bedient wird. Doch je deutlicher wird, dass Milliardenhilfen im Sumpf versickern und Wahlen systematisch hinausgezögert werden, desto klarer tritt das eigentliche Problem zutage: Ein Präsident, der Frieden fürchtet, weil es das Ende seiner Präsidentschaft und das Ende der gigantischen Selbstbedienung bedeuten würde. Die ständigen Waffen- und Geldzusagen verlängern einen Krieg, den viele ukrainische Menschen längst nicht mehr wollen und auch nicht gewinnen können und der Tag für Tag noch mehr Opfer fordert. (JR)

Von Julian M. Plutz

Die ukrainische Oppositionspolitikerin Anna Skohokhod ist es gewohnt, Klartext zu sprechen: „War is profitable for many in power. Peace leads to elections – and they fear losing. That‘s why they want the bloodshed to continue“ („Krieg ist für viele in Machtpositionen profitabel. Frieden führt zu Wahlen – und davor haben sie Angst. Deshalb wollen sie, dass das Blutvergießen weitergeht“). Dieser Satz, den viele im politischen Kiew am liebsten nie öffentlich gehört hätten, fasst das Grundproblem eines Staates zusammen, dessen politische Elite seit Jahren zwischen Reformrhetorik und realer Machtpraxis pendelt. Für Skohokhod geht es nicht um eine provokante Randbemerkung oder um wohlfeile Polemik, sondern um ihre persönliche Erfahrung in einem politischen System, das Loyalität belohnt und abweichende Stimmen schnell marginalisiert. Sie meint damit vor allem Präsident Wolodymyr Selenskyj, dessen Karriereweg steil verlief, dessen Regierungsbilanz jedoch zunehmend Schatten wirft.

Bis 2019 war Skohokhod Mitglied von Selenskyjs Partei „Diener des Volkes“, jener Bewegung, die mit dem Anspruch antrat, das gesamte politische Establishment zu erneuern. Doch bereits ein Jahr später wurde sie ausgeschlossen, zusammen mit mehreren Abgeordneten, denen unterschiedliche Verstöße gegen die Parteilinie vorgeworfen wurden. Im Zentrum stand jedoch ihr Mann, der unter dubiosen Umständen inhaftiert wurde. Offiziell soll er Bestechungsgelder angenommen haben, doch die Ermittlungen verliefen widersprüchlich, und einige Dokumente tauchten erst auf, nachdem die Regierung öffentlich massiven Druck aufgebaut hatte. Das Signal nach innen hätte kaum stärker sein können: Wer innerhalb der Partei zu eigenständig handelt oder ein eigenes Netzwerk bildet, soll spüren, dass Loyalität wichtiger ist als Integrität. Mehrere Experten äußerten schon damals die Vermutung, dass Skohokhod schlicht zu einflussreich geworden war, insbesondere im Bereich wirtschaftlicher Ausschüsse, wo sie Verbindungen zu regionalen Unternehmergruppen knüpfte, die nicht im Einflussbereich der Präsidentenpartei standen. Der Ausschluss und die Inhaftierung ihres Mannes hatten damit eine politische Funktion: Abschreckung.

Sie können diesen Artikel vollständig in der gedruckten oder elektronischen Ausgabe der Zeitung «Jüdische Rundschau» lesen.

Vollversion des Artikels

€ 1,75 inkl. MwSt.

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Hier können Sie

die Zeitung abonnieren,
die aktuelle Ausgabe oder frühere Ausgaben kaufen
oder eine Probeausgabe der Zeitung bestellen,

in gedruckter oder elektronischer Form.

Vollversion des Artikels

€ 1,75 inkl. MwSt.
Zugang erhalten

Sehr geehrte Leser!

Die alte Website unserer Zeitung mit allen alten Abos finden Sie hier:

alte Website der Zeitung.


Und hier können Sie:

unsere Zeitung abonnieren,
die aktuelle oder alte Ausgaben bestellen
sowie eine Probeausgabe bekommen

in der Druck- oder Onlineform

Unterstützen Sie die einzige unabhängige jüdische Zeitung in Deutschland mit Ihrer Spende!

Werbung


Alle Artikel
Diese Webseite verwendet Cookies, um bestimmte Funktionen zu ermöglichen und das Angebot zu verbessern. Indem Sie hier fortfahren, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr dazu..
Verstanden