Mietek Pemper – Der Mann, der die Namen für „Schindlers Liste“ weitergab

Mietek Pemper, 1940© WIKIPEDIA

Mieczysław „Mietek“ Pemper war ein polnischer Jude aus Krakau. Nach dem Überfall der Nationalsozialisten wurde er ins Konzentrationslager Krakau-Plaszów deportiert, wo er der persönliche Schreiber des brutalen Lagerkommandanten Amon Göth wurde. Gemeinsam mit Itzhak Stern, einem jüdischen Buchhalter in Oskar Schindlers Fabrik, überredete Pemper ihn, die Produktion auf kriegswichtige Güter – etwa Panzerabwehrteile – umzustellen. Dadurch entstanden die berühmten Listen, die über 1.000 jüdischen Menschen das Leben retteten, weil Schindler seine Fabrik als „kriegsentscheidend“ einstufen ließ. Pemper lebte ab 1958 in Augsburg, wo ihn die Universität als akademischen Ehrenbürger ehrte und einen Preis nach ihm benannte. 2001 wurde Pemper mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet. Zwei Jahre später ehrte ihn die israelische Botschaft in Berlin mit einer Lebensrettungsmedaille. Sein bescheidener, aber mutiger Widerstand in unmenschlichen Zeiten sowie sein Einsatz für Humanität und Verständigung wirken bis heute fort. (JR)

Von Esther Ginzburg

„Für euer Überleben dankt nicht mir, dankt euren Männern, die Tag und Nacht gearbeitet haben, um euch vor der Vernichtung zu retten, dankt dem furchtlosen Stern und Pemper und einigen anderen, die eure Arbeit für euch getan haben, die dem Tod jeden Augenblick ins Auge geblickt haben, die an euch alle gedacht und sich um euch gekümmert haben.“

(Aus Oskar Schindlers Rede an die befreiten jüdischen Arbeiter im Mai 1945)

 

Das „Epizentrum des Bösen“ – und ein jüdischer Stenograf mittendrin

Mehr als 540 Tage lang musste Mietek Pemper, ein jüdischer Häftling des Konzentrationslagers Plaszów, als persönlicher Sekretär und Stenograf für den berüchtigten Lagerkommandanten Amon Göth arbeiten. Göth war bekannt für seine Skrupellosigkeit und Willkür: Er erschoss Gefangene wahllos vom Balkon seiner Villa aus und ließ schon kleinste „Vergehen“ von Häftlingen hart bestrafen. Dass gerade Pemper, selbst ein KZ-Insasse, Göths Stenografie- und Büroarbeit erledigen musste, war ein einzigartiger Vorgang. Pemper selbst bezeichnete es später als den einzigen Fall im gesamten Holocaust, in dem ein jüdischer Gefangener direkt unter einem KZ-Kommandanten arbeitete.

Für ihn bedeutete diese „Sonderrolle“ ständige Todesangst: Göth war unberechenbar und misstrauisch. Jeder Fehler, jede Ungenauigkeit im Diktat oder in der Schreibweise hätte für Pemper tödlich enden können. Dennoch verschaffte ihm genau diese Stellung Zugang zu den geheimsten SS-Dokumenten, die an Göth adressiert waren. In diesen Unterlagen entdeckte Pemper brisante Details: Der Befehl aus Berlin lautete, alle Fabriken zu schließen, die nicht zur direkten Rüstungsproduktion beitrugen. Ihre jüdischen Arbeiter sollten in die Vernichtungslager deportiert werden.

Der damalige Fabrikbesitzer und NSDAP-Mitglied Oskar Schindler, ursprünglich aus Mähren stammend, war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Brutalität der NS-Führung und der Verfolgung der Juden desillusioniert. Er hatte in Krakau eine Emaillewarenfabrik gegründet und dort günstige Zwangsarbeiter beschäftigt, doch allmählich begriff er das Ausmaß der verbrecherischen Politik. Mietek Pemper nutzte seine gefährliche Position, um Schindler die entscheidenden Informationen über die bevorstehende Schließung nicht-rüstungsrelevanter Betriebe zukommen zu lassen. Gemeinsam mit Itzhak Stern, einem jüdischen Buchhalter in Schindlers Fabrik, überredete Pemper ihn, die Produktion auf kriegswichtige Güter – etwa Panzerabwehrteile – umzustellen.

Mietek Pempers Handlung war damit eine wesentliche Voraussetzung für Schindlers spätere Rettungsaktion: Nur wer sich als „kriegsentscheidend“ deklarieren konnte, durfte seine jüdischen Zwangsarbeiter behalten. In dieser gezielten Täuschung der NS-Bürokratie sah Schindler eine Möglichkeit, Menschenleben zu retten. Am Ende war es diese Idee, die Schindlers Fabrik (zunächst in Krakau, später im mährischen Brünnlitz) weiterbestehen ließ und es ihm ermöglichte, insgesamt rund 1.200 Menschen auf die berühmten Listen zu setzen, anstatt sie in Gaskammern schicken zu lassen.

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