Rosch Haschana – Das jüdische Neujahrsfest

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Rosch Haschana oder „Haupt des Jahres“, im Sinne von Beginn, markiert den Tag, an dem der Überlieferung zur Folge G´tt die Welt fertig erschaffen hatte. Zur Tradition des jüdischen Neujahrsfests gehört es, das Schofar zu blasen, Apfelstücke in Honig zu tunken und seinen Mitmenschen ein „süßes Jahr“ zu wünschen. Rosch Haschana ist ein bewegliches Fest, da sich das jüdische Jahr nach dem Mondjahr richtet und deshalb verschieben sich die jüdischen Feiertage mit der Anpassung an den Sonnenkalender. In diesem Jahr beginnt Rosch Haschana mit dem Sonnenuntergang am 2. Oktober und endet mit Anbruch der Nacht am 4. Oktober. (JR)

Tag der Schöpfung und Erlösung

Rosch Haschana ist der Tag, an dem G-tt den Menschen erschaffen hat als Krönung der Schöpfung. Ebenso sagt Rabbi Elieser, dass unsere Stammväter im Tischrei geboren wurden, da sie Anfang für eine Welt waren, die bisher sündhaft war. Am Rosch Haschana wurden Sara, Rachel und Chana bedacht. Sie waren vorher kinderlos, doch von diesem Tag an schenkte ihnen G-tt die Hoffnung auf Kindersegen.

Am Rosch Haschana wurde Josef aus dem Gefängnis entlassen, in dem er zwölf Jahre lang unschuldig eingesperrt war. Von diesem Tag an begann sein Licht zu leuchten. Am Rosch Haschana wurde der Sklaverei unserer Väter in Ägypten ein Ende gesetzt, und so wurde der Tag der Anfang der Erlösung.

Wie wird das Jüdische Neujahrsfest eingehalten? - Ein Überblick über die Traditionen und Bräuche von Rosch Haschana

Der zweitägige Festtag "Rosch Haschana" wird am 1. und am 2. Tischrei gefeiert.

Auf hebräisch bedeutet Rosch Haschana wörtlich übersetzt "Kopf des Jahres", und sein Name deutet darauf hin, dass er der Anfang des jüdischen Jahres ist: Der Jahrestag der Schöpfung von Adam und Eva, der Geburtstag der Menschheit, der die spezielle Beziehung zwischen G-tt und der Menschheit hervorhebt.

Das Hauptthema des Tages ist die Anerkennung G-ttes als unseren König. 0Die Kabbalisten lehren, dass die Erneuerung G-ttes Wunsches für das Weiterbestehen dieser Welt und damit auch für die Existenz des Universums von der Frage abhängen, ob wir G-tt als unseren König akzeptieren, - und was in Ihm den Wunsch erweckt, diese Welt für ein weiteres Jahr zu erschaffen.

Den größten Teil des Tages verbringen wir in der Synagoge. G-tt will nicht nur eine Welt voller Menschen, sondern Er will mit jedem einzelnen von uns eine äußerst persönliche Beziehung. Zusätzlich zu den gemeinschaftlichen Seiten des Rosch Haschana-G-ttesdienstes, bittet jeder der Betenden Ihn persönlich, Seine Krönung zu akzeptieren, und somit den Bund "Wir sind Dein Volk und Du bist unser König" herzustellen.

 

Das Blasen des Schofars

Der Hauptteil der Beachtung von Rosch Haschana ist das Blasen des Schofars (Widderhorn). Das Schofar ertönt an beiden Tagen von Rosch Haschana, es sei denn, der erste der beiden Feiertage fällt auf einen Schabbat. In diesem Fall blasen wir das Schofar nur am zweiten Feiertag.

Das Blasen des Schofars entspricht z.B. dem Trompetenblasen bei einer Königskrönung. Der Ausruf des Schofars ist auch eine Aufforderung zur Reue! Denn Rosch Haschana ist auch der Jahrestag der ersten Sünde des Menschen und seiner darauffolgenden Reue. Rosh Haschana dient somit als der erste der "Zehn Tage der Tschuwa (Rückkehr)", die in Jom Kippur, dem Versöhnungstag, gipfeln. Insgesamt hören wir im Verlauf des Rosch Haschana-G-ttesdienstes 100 Schofartöne.

Zusätzlich pflegen wir am Rosch Haschana folgenden Bräuchen nachzugehen:

Wir essen ein in Honig eingetauchtes Apfelstück, um unserem Wunsch für ein süßes Jahr Ausdruck zu verleihen, und kosten ein paar weitere spezielle Nahrungsmittel. Alle haben eine besondere Bedeutung und symbolisieren Süße, Segen und Fülle.

Wir segnen einander mit den Worten: "Leschana towa tikatev wetichatem" (Mögest Du für ein gutes Jahr eingeschrieben gesiegelt sein).

Wir lassen unsere alten Nachlässigkeiten hinter uns und fangen das neue Jahr mit einwandfreiem Leumund an. Wir gehen zu einem See oder zu einem Fluss und sagen das Taschlich-Gebet, wo wir symbolisch all unsere Sünden ins Wasser werfen, gemäß dem Vers: "Und Du sollst ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen."

Und wie an jedem Jüdischen Feiertag zünden die Frauen auch an jedem der Neujahrsabende die Kerzen und sagen den entsprechenden Segen. Nach dem Abend- und Morgengebet jedes Festtages, sagen wir einen Kiddusch über dem Wein, einen Segen über dem Challot, und genießen ein Festtagsmal.

Neujahrsgebet

Von Benjamin Sufiev

Rosch Haschana ist der Tag des Gerichts. An ihm wird entschieden, wie das Leben jedes einen im kommenden Jahr ablaufen wird. Rosch ist auch der Geburtstag des ersten Menschen.

Interessanterweise wird Rosch Haschana in den Gebeten als Tag der „Beginn Deiner Schöpfung“ bezeichnet, wobei Rosch Haschana auf den 1. Tischrej fällt, den sechsten Schöpfungstag. An diesem Tag wurde zwar etwas ganz Besonderes erschaffen – nämlich der Mensch, aber ist das Grund genug diesen Tag als Beginn der Schöpfung zu bezeichnen?!

Thora-Kommentatoren interpretieren die Erschaffung des Menschen als Höhepunkt der Schöpfung, da er doch Sinn und Zweck der ganzen Welt darstellt und mit seiner Erschaffung die Welt ihre Vollkommenheit erreichte. Ohne den Menschen wäre die Welt „leer“, ohne Sinn und Zweck, als ob sie nie erschaffen worden wäre. Deshalb gilt der Schöpfungstag des Menschen als „Beginn Deiner Schöpfung“.

Qualität − Quantität

Diese Erklärung ist aber umstritten. Der Mensch macht doch nur einen geringen Teil der gesamten Schöpfung aus. Ohne ihn sollte das ganze, unendlich große Universum als nicht erschaffen gelten? Für diese großartige Schöpfung G-ttes mit ihrer unendlichen Vielfalt, wo kein Blatt dem anderen gleicht, verherrlichen wir G-tt tagtäglich (Wie zahlreich ist Dein Handwerk, G-tt). In dieser gewaltigen Schöpfung gleicht der Mensch nicht viel mehr als einem Tropfen im großen Meer! Die Zahl der Menschen auf der Erde ist um vieles geringer als die anderer Lebewesen, Pflanzen und lebloser Materie.

Deshalb lehrt uns Rosch Haschana einen entscheidenden Grundsatz: Nicht auf die Quantität kommt es an, sondern auf die Qualität! Obwohl der Mensch allem anderen Existierenden zahlenmäßig unterlegen ist, steht er qualitativ über der gesamten Schöpfung in einem unmessbaren Verhältnis!

 

Zwischen Mensch und Tier

Die Besonderheit des Menschen besteht nicht nur in seinem herausragenden Intellekt. Auch Tiere besitzen Intelligenz − allerdings benutzen sie sie nur um ihren irdischen Bedürfnissen nachzugehen. Der Mensch hat aber die Möglichkeit dieses Niveau zu übersteigen. Sein Intellekt gewährt es ihm die Welt des Abstrakten zu betreten, eine Ebene, die kein Sinnesorgan erfassen kann. Das unsichtbare Geistige zu begreifen, darin besteht die erhabene Einzigartigkeit des Menschen!

 

Alles dreht sich um ...

Und das ist die Botschaft von Rosch Haschana an uns: Der Mensch blickt auf seine Umgebung und auf sich, und plötzlich erkennt er, dass er den Großteil seiner Zeit und Kraft körperlichen und weltlichen Bedürfnissen widmet. Auch sieht er, dass die Zahl der Menschen, die Geistigkeit hervorheben und verkörpern, eine Minderheit ist, während die meisten in ihren materiellen Bedürfnissen die Hauptsache sehen. Diese Tatsache könnte den Menschen verwirren, ob vielleicht doch das Materielle das Wichtige im Leben sei.

Rosch Haschana belehrt uns des Gegenteils. Obwohl die so gewaltige Welt in den ersten sechs Tagen erschaffen wurde, gilt sie als unbedeutend und wertlos bis zur Kreation des Menschen! Und dieser wurde zum „Beginn Deiner Schöpfung“, als der Mensch G-tt erkannte, Ihn zum König über die ganze Welt krönte und in ihr ihren g-ttlichen Ursprung aufdeckte!

Unsere Gebete zu Rosch Haschana sollen nicht nur von unseren weltlichen Bedürfnissen handeln. Diese sind nur Mittel zum Zweck. Das geistige Wesen des Menschen, seine Seele, steht im Vordergrund. Thora und Mitzwot sind ihre Bedürfnisse.

Rosch Haschana ist die passende Zeit unser wahres Wesen hervorkommen zu lassen, es durch die Entscheidung weitere Mitzwot zu erfüllen zu kräftigen, und mit dem Gebet an G-tt, unser geistiges Ich im kommenden Jahr zu stärken, sodass es im Dschungel der Welt nicht verloren geht! (Likutej Sichot, Band 9, Seite 453)

 

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