Irak beschließt „Anti-Israel-Gesetz“: Für Kontakte nach Israel droht sogar die Todesstrafe
Anhänger von Muqtada al-Sadr feiern das neue antiisraelische Gesetz© WIKIPEDIA
Die schiitische Mehrheit im irakischen Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das jeglichen Kontakt zu Israel unter drakonische Strafen stellt. Das Gesetz betrifft auch ausländische Firmen und Privatpersonen im Irak. Damit wollen die geistlichen islamischen Hardliner die Normalisierung der Beziehungen zu Israel und seinen Bürgern unterbinden. Eine Empörung über diesen antisemitischen Exzess hielt sich in unseren Medien und unserer Politik deutlich in Grenzen. (JR)
Es klingt zunächst nach dem üblichen anti-israelischen Geklapper, das so häufig aus der arabischen Welt, aber auch aus Teheran zu hören ist: Mit einer Mehrheit von 275 Stimmen innerhalb des 329 Abgeordnete zählenden Parlaments verabschiedete der Irak ein neues »Anti-Israel-Gesetz«, welches sich gegen die Normalisierung jeglicher Beziehungen zum jüdischen Staat stellt. Doch um eine reine Propagandahandlung handelt es sich dabei nicht, wie man zunächst meinen könnte. Denn die einflussreichen Schiiten unter der Führung des Geistlichen Muqtada al-Sadr zielen mit dem von ihnen initiierten Gesetz vor allem auf die eigene Bevölkerung ab. Während sie die Furcht vor »zionistischen Agenten« schüren, welche den Irak angeblich bereits unterwandert hätten, geht es vor allem um die Einschüchterung der eigenen Bürger.
Feindbild Israel bröckelt
Denn viele Iraker sind des Hasses gegen Israel überdrüssig geworden, der auch von den hausgemachten wirtschaftlichen Problemen des Irak ablenken soll. Das Muster ist altbekannt: Man konzentriert die Wut der Frustrierten auf einen äußeren Feind, um sich selbst aus der Kritik zu nehmen. Im Irak selbst leben nur noch wenige Juden, die meisten sind längst aus Furcht vor antisemitischen Übergriffen ausgewandert, vollkommen berechtigt, denn sie wären wohl zu den ersten Opfern des neuen Gesetzes geworden. Aber auch 300 prominente muslimische Irakis fanden sich im letzten Jahr bei einer Konferenz im kurdischen Erbil ein, um sich dort einem Friedensappell anzuschließen. Den Hardlinern im Irak jagt das höllische Angst ein, denn die Mauer aus Hass gegen den jüdischen Staat zeigt nicht nur im eigenen Land, sondern auch in anderen arabischen Ländern deutliche Risse.
In Erbil forderten die irakischen Delegierten den Beitritt ihres Landes zum sogenannten »Abraham-Abkommen«: Mit diesem Abkommen sollte ein Zeichen der Hoffnung gesetzt werden, die Beziehungen zwischen den arabischen Staaten und Israel zu normalisieren und alte Feindbilder zu durchbrechen. Schaut man sich den Hass an, der bis auf deutsche Straßen getragen wird, könnte man meinen, ausnahmslos jeder Araber wünsche sich nichts sehnlicher als die Vernichtung des jüdischen Staates, doch in manchen Staaten siegt mittlerweile die Vernunft über den Vernichtungswillen. Hier sind vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate zu nennen, die durch Vermittlung der USA inzwischen sogar freundschaftliche Beziehungen zum jüdischen Staat unterhalten. Israel als High-Tech-Schmiede ist ein begehrter Handelspartner, hat aber durch seine Stärke und Innovationskraft auch die Achtung der Golfstaaten gewonnen. Aber auch Marokko und der Sudan haben sich der Friedensinitiative inzwischen angeschlossen.
Hartes Vorgehen gegen Friedensbewegung
Direkt nach ihrer Rückkehr mussten die Delegierten bereits mit Strafverfolgung rechnen. Der bei der Konferenz anwesende irakisch-kurdische Stammesführer Wissam al-Hardan hatte nicht nur zum Frieden mit Israel aufgerufen, sondern auch dazu aufgefordert, sich mit den aus dem Land vertriebenen Juden zu versöhnen – was ihm prompt den Vorwurf einbrachte, die „palästinensische Sache“ verraten zu haben. Das wies al-Hardan angesichts des Empörungssturms zwar weit von sich, seine Kernaussage jedoch nahm er nicht zurück. Ali Abbas, der die irakische Friedensinitiative koordiniert, spricht von enormem Druck, der auf die irakischen Teilnehmer ausgeübt wurde. Abbas selbst unterhält die »virtuelle Botschaft des Iraks in Israel« - doch aufgrund des neuen Gesetzes ist dies eine illegale Aktivität.
Denn die angedrohten Strafen für jeglichen Kontakt mit Israelis sind hart, jeder Verstoß kann mit langen Gefängnisstrafen oder gar dem Tod geahndet werden. Unter dem Vorwand der »Spionagebekämpfung« ist es nicht offiziellen Vertretern des Staates verboten, mit Bürgern des Staates Israel zu kommunizieren, das Gesetz trifft ausdrücklich auch den »kleinen Mann von der Straße«. Sollte etwa ein Iraker für die bezaubernde Schauspielerin Gal Gadot schwärmen und diese mit einem »Like« auf ihrer Facebook-Seite zum Ausdruck bringen, hat er damit einen Akt »zionistischer Spionage« begangen. Bis in privateste, harmlose Äußerungen hinein wirkt der totalitäre Geist des Gesetzes – man könnte sich darüber lustig machen, wenn es für die Betroffenen nicht so grausame Konsequenzen hätte. Die vollkommen irrationale Furcht der schiitischen Väter dieses Machwerks vor einer möglichen Entspannung lässt sie wild um sich schlagen, selbst durch Alltäglichstes, das noch weit von der Sphäre der Politik entfernt ist, lassen sie sich zu Grausamkeiten gegen das eigene Volk treiben. Darin steckt nur ein kleiner Hoffnungsschimmer: Der in Jahrzehnten kultivierte Antizionismus scheint aufzuweichen, auch wenn er bei vielen Muslimen noch zum »guten Ton« gehört. Aber auch daran nagt der Wunsch nach Ruhe und Normalität.
Spielball iranischer Interessen
Es ist kein Geheimnis, dass nicht nur die Türkei, sondern vor allem der Iran ihren Einfluss auf die irakische Politik stetig vergrößern wollen. Vor allem Teheran gilt als Zentrum des »Antizionismus«, was eine verharmlosende Umschreibung des sehnlichen Wunsches ist, Israel möglichst bald von der Landkarte zu tilgen. Das auch von Ex-Außenminister Heiko Maas so leichtfertig unterstützte Atomprogramm des Iran ist Teil dieser Pläne, aber die schiitischen Geistlichen setzen auch auf lautstarke Propaganda. Bis nach Deutschland reicht ihr Einfluss, man denke nur an die al-Quds-Märsche in Berlin, an die sich bislang kein Senat wirklich herantraute, trotz offener Todesdrohungen gegen Juden und Israelis. Mit Muqtada al-Sadr und seinen 75 Abgeordneten im irakischen Parlament verfügt Teheran über einen starken Verbündeten in Bagdad, wenn man schon nicht so weit gehen will, ihn in Anspielung auf das »Anti-Israel-Gesetz« einen »pro-iranischen Agenten« zu nennen.
Der Irak schadet sich selbst
Die teils weitgefasste und schwammige Formulierung des Gesetzestextes erlaubt der irakischen Regierung, unter dem Vorwand eines Kollaborationsverdachts nicht nur ihre Bürger im In- und Ausland zu bedrohen, sondern auch internationale Unternehmen auszuweisen, welche Beziehungen zu Israel unterhalten. Das erinnert stark an die Bemühungen der BDS-Bewegung, Israel wirtschaftlich niederzuringen und dürfte dem gleichen Ziel folgen. Der Irak schränkt also nicht nur die Meinungsfreiheit von Medien und Bevölkerung ein, sondern wird sich selbst durch den Fanatismus seiner schiitischen Abgeordneten auf dem internationalen Markt isolieren. Die daraus zu erwartenden desaströsen Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohlstand des Landes zeigen auf, wie egal den einflussreichen schiitischen Geistlichen die von ihnen regierten Bürger sind: In ihrem ideologischen Starrsinn lassen sie den Irak zugrunde gehen, nur um ihren Vernichtungsfantasien nachzugehen.
Es gibt offensichtlich viele Irakis, die genau das erkannt haben und stattdessen ihren gesunden Menschenverstand sprechen lassen wollten. Das neue Gesetz nimmt ihnen die Möglichkeit dazu – man kann nur hoffen, dass sie Mittel und Wege finden, ihre Beziehungen zu Israel weiterhin aufrecht zu erhalten. Auch als Stimme der Vernunft, der sich die Bevölkerung anderer arabischer Länder anschließen kann – zum Vorteil aller in der Region.
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