Zwischen Diplomatie und Realpolitik

© HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH / AFP

Die Ukraine fordert vom jüdischen Staat die Einstellung aller Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, kurbelt aber gleichzeitig den Handelsaustausch mit dem Iran an, dessen höchstes Anliegen die atomare Vernichtung Israels ist. (JR)

Von Daniel Greenfield

Der ukrainische Botschafter in Israel ist nicht glücklich. Botschafter Kornitschuk hat Israel aufgefordert, alle Geschäftsbeziehungen mit Russland abzubrechen. In der Zwischenzeit stiegen die Geschäftsbeziehungen der Ukraine mit dem Iran um über 30 % und erreichten fast zwei Milliarden Dollar. Die iranischen Exporte in die Ukraine stiegen um 40 %.

Das bedeutet, dass die Ukraine buchstäblich den islamischen Terrorismus gegen Israel finanziert. Und Völkermord. Ist die Ukraine bereit, alle Geschäftsbeziehungen mit dem Iran einzustellen, wenn Israel im Gegenzug seine Geschäftsbeziehungen mit Russland beendet? Seien Sie nicht dumm! Diese Forderungen gehen natürlich nur in eine Richtung.

Der ukrainische Präsident Selenski hat sich in seiner Kampagne gegen die russische Invasion in seinem Land wiederholt auf den Holocaust berufen. „Was nützt es, 80 Jahre lang ‚nie wieder‘ zu sagen, wenn die Welt schweigt, wenn eine Bombe auf Babi Jar fällt“, twitterte er.

Eine bessere Frage wäre vielleicht, warum ein Land, dessen Volk für einen Großteil der Tötung von Juden in Babi Jar verantwortlich war, sich den Holocaust schamlos für seine Propaganda zu eigen macht. Zumal die Ukraine ebenso wie Russland weiterhin den modernen Völkermord an den Juden finanziert. Während des Holocausts beteiligten sich ukrainische Nationalisten in großer Zahl an den Massakern an Juden. So auch in Babi Jar. Anstatt sich dafür zu schämen, werden Bandera und seine Schergen, die für die Ermordung von Zehntausenden von Juden verantwortlich waren, in der Ukraine als Nationalhelden gefeiert. Auch von Selenski.

 

Selbst der jüdische Selenski lobt Bandera

„Stepan Bandera ist für einen bestimmten Teil der Ukrainer ein Held, und das ist normal und cool. Er war einer derjenigen, die die Freiheit der Ukraine verteidigt haben“, argumentierte Selenski vor einigen Jahren. Man kann seine Sache in den Holocaust verpacken oder Bandera feiern, aber man kann nicht beides gleichzeitig tun.

„Ich wende mich an alle Juden in der Welt: Seht ihr nicht, warum dies geschieht? Deshalb ist es sehr wichtig, dass Millionen von Juden auf der ganzen Welt jetzt nicht schweigen“, forderte Selenski kürzlich in einer Rede, die von seinem Büro ins Hebräische übersetzt worden war.

Was in der Ukraine geschieht, ist falsch, aber es ist kein Völkermord. Anders als Nazi-Deutschland und seine ukrainischen nationalistischen Verbündeten lassen die Russen nicht Zehntausende ukrainischer Männer, Frauen und Kinder marschieren, entkleiden sie, erschießen sie und werfen sie in Gruben. Auch plant Russland nicht, wie die iranischen Handelspartner der Ukraine, Atombomben auf ihre Städte abzuwerfen.

In Anbetracht der jahrhundertelangen Massaker an Juden durch ukrainische Nationalhelden wie Bogdan Chmelnizkij, Simon Petlura und Stepan Bandera (nach denen Straßen und Medaillen benannt sind) sollte die Bereitschaft Israels, der Ukraine schnell Hilfe zu leisten und sie politisch zu unterstützen, gewürdigt werden. Vor allem, da es sich um eine weitere, völlig einseitige Beziehung handelt.

Israel hat in der UNO zur Unterstützung der Ukraine gestimmt, obwohl die Ukraine wiederholt gegen den jüdischen Staat und für die Terroristen gestimmt hat, die versuchen, Juden zu töten. Präsident Selenski empfindet zwar „besondere Gefühle für Israel, weil seine Mutter Jüdin ist“, aber diese Gefühle müssten „auf Gegenseitigkeit beruhen", wurde Botschafter Kornitschuk zitiert. Auf Gegenseitigkeit? Was genau haben Selenski und die Ukraine bis jetzt für Israel getan?

 

Anerkennung Jerusalems im Austausch gegen Waffen?

Letztes Jahr schlug ein ukrainischer Abgesandter vor, dass sein Land Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkennen könnte, wenn Israel die Forderungen der Ukraine nach Waffen erfüllen würde.

Das war‘s dann auch schon.

Präsident Selenski und Botschafter Kornitschuk beschweren sich, dass Israel sich nicht laut genug gegen Russland ausgesprochen hat. Wie lautstark war Selenski, als Israel sich im Krieg befand? Als Israel zuletzt angegriffen wurde, twitterte Selenski: „Der Himmel über #Israel ist mit Raketen übersät. Einige Städte stehen in Flammen. Es gibt Opfer. Viele Verwundete. Viele menschliche Tragödien. Es ist unmöglich, dies alles ohne Trauer und Schmerz zu betrachten. Es ist notwendig, die Eskalation sofort zu stoppen, um das Leben der Menschen zu schützen.“ Eine passive Stimme. Keine spezifische Verurteilung.

Anstatt die Tatsache zu würdigen, dass Israel sich aus dem Fenster lehnt, um ein Land zu unterstützen, das kein Verbündeter ist, sondern sich wiederholt in der UNO gegen Israel gestellt hat und umfangreiche Handelsbeziehungen zum Iran unterhält, hat Kornitschuk seine Forderungen und Tiraden gegen den jüdischen Staat eskalieren lassen. Botschafter Kornitschuk hat Israel und die Israelis wiederholt beschuldigt, nicht genug zu tun. Zu den jüngsten Akten der ukrainischen Chuzpe gehört, dass Kornitschuk den Obersten Gerichtshof Israels dazu drängt, eine Quoten-Regelung der israelischen Regierung bei der Aufnahme ukrainischer Zuwanderer aufzuheben, und dass er fordert, dass die israelische Knesset eigens zusammentritt, um eine Rede Selenskis zu hören.

Präsident Selenski hat das Recht, die bestmöglichen Argumente für sein Land vorzubringen. Die Ukraine leidet unter einer Invasion, die ihre nationale Existenz bedroht, und es ist verständlich, dass ihre Regierung verzweifelt versucht, jeden möglichen Knopf zu drücken, um diese Katastrophe abzuwenden.

Kriegspropaganda ist ein Austausch von Lügen. Und wir haben erlebt, wie Putin und die Ukraine sich gegenseitig des Nazismus beschuldigt haben, obwohl in Wirklichkeit beide Seiten mit den Nazis kollaboriert haben. Beide Seiten behaupten auch, dass die jeweils andere Seite Teil einer großen Verschwörung ist und ihre Niederlage zum Dritten Weltkrieg führen wird. Die kalte, harte Realität ist, dass beide Seiten so viele verrückte Lügen verbreiten, wie sie können, um einen Krieg zu gewinnen.

Es ist völlig angemessen, mit den Ukrainern zu sympathisieren, die überfallen worden sind. Die Regierung Biden hat sich entschieden, dieses Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen, indem sie klarstellte, dass sie nicht militärisch eingreifen wird, sondern Wirtschaftssanktionen verhängen wird. Das ist ein Schritt, der den Amerikanern wahrscheinlich maximalen wirtschaftlichen Schmerz zufügt, während die militärischen Auswirkungen auf Russland minimal sind. Das ist praktisch für Biden, der Putin die Schuld an der katastrophalen Wirtschaftslage in Amerika geben kann, ohne amerikanische Opfer und die innenpolitischen Folgen eines Krieges riskieren zu müssen.

Israels beste Chance ist es jedoch, sich einfach aus dem Schlamassel herauszuhalten, in den es eigentlich nicht verwickelt ist. Selenski ist zufällig jüdischer Abstammung. Eine Reihe von engen Verbündeten Putins sind ebenfalls jüdisch. Das ist genauso bedeutsam wie die Tatsache, dass sowohl Trumps als auch Clintons Kinder jüdische Ehepartner haben. Oder dass der einzige nicht-chinesische General Chinas General „Two Gun“ Cohen war.

 

Linke Juden wissen nicht, warum ihre Vorfahren die Ukraine verlassen haben

Man kann Selenskis Hartnäckigkeit angesichts einer massiven Invasion bewundern, ohne sich vor ihm als moralischer Instanz zu verneigen. Die Ukraine hat keinen historischen Anspruch auf die Sympathie Israels. Und nur linke Juden ohne Geschichtsbewusstsein, die wissen, dass ihre Urgroßeltern aus der Ukraine stammten, aber nicht wissen, warum sie verdammt noch mal abgehauen sind, würden das anders sehen. Und es gibt sicherlich keine nennenswerte gegenseitige Verbundenheit.

Putins Russland und die Ukraine sind beide enge Handelspartner des Iran. Darüber hinaus liefert Russland Waffen und unterstützt den Iran. Beide stimmen in der UNO wiederholt gegen Israel. Beide haben eine hässliche Geschichte, wenn es um Juden geht. Sie sind keine Verbündeten oder Freunde, sie sind bestenfalls Freunde von Feinden. Die törichten Versuche des israelischen Premierministers Bennett, so zu tun, als könne er zwischen Russland und der Ukraine vermitteln, haben weder zur Beendigung des Konflikts noch zur Verbesserung des Images Israels beigetragen.

Als die Ukrainer Ende letzten Jahres befragt wurden, sagten 71 %, dass sie im Konflikt zwischen Israel und dem Iran keine der beiden Seiten unterstützen. Und das ist nicht überraschend. Verschiedene Länder, die keine gemeinsamen Grenzen, Werte oder Interessen haben, müssen sich nicht gegenseitig unterstützen.

Das Gleiche gilt für Israel im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.

 

Daniel Greenfield ist ein Shillman Journalism Fellow am David Horowitz Freedom Center. Dieser Artikel erschien zuvor im Front Page Magazine.

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