Im Auge des Sturms – die NatCon Conference in Brüssel

Der israelische Publizist Yoram Hazoni, Autor des Buches „Nationalismus als Tugend“ bei der NatCon Conference in Brüssel
© National Conservatism Conference

Unter der Leitung des israelischen Publizisten und Präsidenten des Herzl-Instituts Yoram Hazoni, trafen in Brüssel - angesichts des fortschrittfeindlichen grün-ideologischen Klima- und Migrationswahnsinns - Protagonisten des internationalen Konservatismus zusammen, um dessen Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren. (JR)

Von Silke Schröder

Der Zeitpunkt der diesjährigen National Conservatism Conference, die in Brüssel stattfand, war prägnant. Die Stadt war für den Besuch von US-Präsident Joe Biden zum NATO-Sondergipfel teilweise komplett abgeriegelt. Brüssel, eine Stadt nah am Ausnahmezustand, wie der Kontinent aktuell durch den Ukraine Krieg selbst. Tausendschaften an Polizisten setzen teilweise selbst Fußgänger auf den Straßen fest.

„C’est ridicule!“ (französisch für „lächerlich“, Anmerkung der Redaktion) kommentierte das der belgische Taxifahrer, der bemüht war, uns trotzdem pünktlich zur Konferenz zu bringen, aufgebracht. Man konnte ihm nur zustimmen.

Die NatCon im Epizentrum des Brüsseler Eurozentrismus wirkte da mit Blick auf den Zeitpunkt und den Ort als Veranstaltung gleichzeitig wie ein Anachronismus und wie ein Antidot zu den Geschehnissen im Außen.

Unter Leitung des israelischen Publizisten Yoram Hazoni, Autor des auf dem deutschen Markt originär kaum vorstellbaren Titels „Nationalismus als Tugend“, Philosoph und Präsident des israelischen Herzl-Instituts, trafen hier zwei Tage lang Protagonisten des europäischen, wie internationalen Konservatismus zusammen, um dessen Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren.

In verschiedenen Panels präsentierten Persönlichkeiten aus Forschung, Lehre, Politik und Wirtschaft meinungsbildende Ansätze zu Fragen europäischer Werte, der Beibehaltung nationaler Unabhängigkeit, Übergriffigkeiten durch die EU-Institutionen und die Zukunft von Familie, christlich-jüdischen Werten, unabhängiger Wissenschaft und Meinungsfreiheit.

 

Meinungszensur spürbar

Wie weit der Meinungspluralismus und damit auch Konservative in Europa bereits Einschränkungen erfahren, wurde exemplarisch an einem Beitrag der finnischen Abgeordneten Päivi Räsänen deutlich, die sich aktuell in ihrer Heimat für die Veröffentlichung eines Bibelzitats auf Twitter vor Gericht wegen ‚Hate Speech‘ verantworten muss.

Vorfälle wie diese werfen die Frage auf, wie zukunftsfähig der Konservatismus in einer Zeit überhaupt noch wird sein können, in der in atemberaubender Geschwindigkeit Rede- und Denkverbote durch entsprechendes Framing und EU-Gesetze dafür sorgen, missliebige Meinungen regelrecht zu kriminalisieren.

Und dabei scheint ein Gegengewicht in Zeiten woken Werteimperialismus so dringend wie nötig, wenn wir der europäischen Idee geeinter Vaterländer und dem einst angestrebten Subsidiaritätsprinzip in Europa weiter Rechnung tragen wollen.

Die Realität - das zeigen die Vorträge von Werner Patzelt, MEP Rob Roos, Gregor Puppnick und vielen anderen, die die europäische Idee, jedoch nicht die Übergriffigkeiten der EU verteidigen - ist bereits weit davon entfernt.

Die Krisen der letzten Jahre, Finanzkrise, Massenmigration, Covid und jetzt der Ukraine-Krieg versuchte die EU, zur eigenen Machterweiterung zu nutzen. Statt Realpolitik erleben die Bürger Europas die EU als Vorreiter eines ideologischen Totalitarismus, der ihre bürgerlichen Freiheiten zunehmend beschneidet und ihnen gleichzeitig vorschreiben möchte, wieviel CO2 sie ausstoßen dürfen, um dem im wahrsten Sinne ‚fantastischen‘ Green Deal Rechnung zu tragen.

Solidarität mit dem Rest der Welt, grenzenlose Humanität, Umweltschutz und uneingeschränkte Gleichberechtigung statt wirtschaftlicher Stärke und Prosperität. Dazu, wie Baroness Foster, britische Politikerin der Conservative Party es auf den Punkt bringt, eine Gleichschaltung der Kommunikation, so dass „Nobody is allowed to challenge the Narrative.“

Wie kann es daraus einen Ausweg, ja eine Perspektive für all die geben, denen Freiheit, Bürgerrechte und Nationalstaat ein profundes Anliegen sind?

Im Gegensatz zur Linken ist die Rechte wenig geeint. Und übt sich eher in vornehmer Zurückhaltung.

Wo sind die lauten Rufe nach Energiesouveränität, in Zeiten, in denen sich Länder wie Deutschland anschicken, die letzten eigenen Atomkraftwerke abstellen und gleichzeitig aus der Kohleverstromung aussteigen zu wollen?

Wo wird die Agenda der Linken, unter dem Deckmantel von ‚Human Rights‘ überall in Europa gewachsene Gesellschaften durch Massenmigration zu zerstören, großflächig angeprangert?

Wer redet wie Rodrigo Ballester, Leiter des Centre for European Studies am MCC in Budapest darüber, dass immer mehr Institutionen wie der Europarat von privaten Geldgebern infiltriert werden?

Wie sehr die Agenda der EU bereits unser Denken beeinflusst, wird einem selbst bewusst, wenn man bei Begriffen wie Vaterland, Treue und nationalstaatlicher Identität unsicher um sich blickt. Sind wir alle nicht bereits jetzt schon durch das entsprechende Framing eher uniform auf sogenannte Werte wie Diversität, Gleichberechtigung, Teilhabe und individuelle Selbstbestimmung gepolt?

Sind die hier bei der NatCon Conference propagierten Werte überhaupt noch zeitgemäß und können sie dies in immer diverseren Gesellschaften überhaupt sein?

Insbesondere der Vortrag Werner Patzelts, einem der wenigen deutschen Vertreter auf der Konferenz zeigt auf: gerade Deutschland forciert außenpolitisch die Position, dass die Abschaffung der eigenen Nationalstaatlichkeit zu Gunsten einer Auflösung innerhalb eines United States of Europe Gebildes unabdingbar ist. Die historische Schuld durch Selbstauflösung zu tilgen, scheint partiell als Beweggrund dahinter zu stehen. Doch vielleicht bestätigt grade diese Idee den Wahn Deutschlands nur ein erneutes Mal…

 

Autoritärer Führungsstil Brüssels

Der unter deutscher Führung in Brüssel immer stärkere Formen annehmende autokratische Führungsansatz spielt jedenfalls sehr effektiv auf der Klaviatur von Einschüchterung und Angstmache, in dem Versuch, die Mitgliedsstaaten auf die neue Linie einzuschwören.

Ob Klimakatastrophe, Wohlstand als angeblicher Beleg für die Ausbeutung von Drittländern und das Schüren von Corona-Angst: souveräne Sachpolitik sieht anders aus.

Vielleicht ist es aber auch einfach ein Zeichen postfaktischer Zeiten, dass Bevölkerungen durch emotionale Ansprache statt durch Fakten geführt werden können. In einer Welt des Informationsüberflusses kapitulieren Viele offenbar vor mühseliger Faktenrecherche und ergeben sich lieber dem links-globalistischen Zeitgeist.

Die Beiträge der Referenten jedenfalls können unisono als flammender Appel für den Nationalstaat, die Souveränität europäischer Völker und die individuelle Freiheit seiner Bürger verstanden werden.

Am Beispiel der sich tapfer wehrenden ukrainischen Bevölkerung reflektieren einige der Beitragenden, dass sich die Wichtigkeit des Nationalstaats eben besonders in Zeiten von Not und Krise zeigt. Ein interessanter Gedanke, glauben doch auch in Deutschland noch viele, dass der Status-Quo einem garantiert zur Verfügung stehenden Lebensstandard gleiche und es eigentlich nur um dessen Verteilung an mehr Menschen ginge…

„It’s never too late to grow up, though.”, konstatiert Menschenrechtsanwalt Lorcan Price in seiner Rede. Wenn Europa unter Beweis stellt, dass es seine Bevölkerungen vergessen zu haben scheint, müssen diese es wieder aktiv an seine Aufgabe erinnern.

Das geht eben nur durch die Wahrnehmung eigener Bürgerrechte, wie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, bevor diese möglicherweise dauerhaft eliminiert werden.

Denn die Frage, wie weit es zukünftig überhaupt noch möglich sein wird, Konferenzen wie diese in Europa durchzuführen, scheint angesichts der derzeitigen Geschwindigkeit der Entwicklungen keine rein theoretische.

Für den langsamen Marsch durch die Institutionen, den die Linke seinerzeit erfolgreich absolviert hat, fehlt die Zeit. Vernetzung, praktische Unterstützung und wechselseitige Förderung hingegen können einen wichtigen Beitrag leisten, wie auf der National Conservatism Conference hier in Brüssel.

Die gute Nachricht, die auch im Saal augenscheinlich wird, ist, dass die konservative Szene durchaus über interessierten wie fähigen Nachwuchs verfügt. Bemerkenswert war die große Anzahl an jungen Teilnehmern und Studenten, die für die Teilnahme an der Konferenz finanzielle Förderung in Anspruch nehmen konnten. Daran könnte sich so manches Event ähnlicher Art in Deutschland ein Beispiel nehmen.

Die Weltengemeinschaft wird zukünftig nur dann erfolgreich sein, wenn Nationalstaaten verantwortlich geführt werden und das Wohl ihrer Bürger nicht aus den Augen verlieren.

Yoram Hazony ist mit dieser Konferenz dafür ein wichtiges Stück internationaler Vernetzung gelungen.

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