Der NATO-Staat Türkei als neues Hauptquartier für die Hamas-Terroristen
Außerhalb des Gazastreifens wird die Luft für die Hamas im arabischen Raum immer dünner. Springt die Türkei – zusätzlich zu ihren Kriegsabsichten gegen Griechenland – nun auch als neues Auslandshauptquartier für die Terrororganisation ein?
Hamas-Funktionär Haniya bei Präsident Erdogan in Istanbul© TURKISH PRESIDENCY PRESS OFFICE, AFP
In den vergangenen Jahren ist die türkische Millionenmetropole Istanbul zu einem der wichtigsten Stützpunkte der Hamas außerhalb des Gazastreifens geworden. Ähnliches gilt für die ägyptische Muslimbruderschaft, deren Führung, so sie nicht in ägyptische Kerker geworfen wurde, nach dem Sturz von Präsident Mursi fast geschlossen ins Exil nach Istanbul gegangen ist und ihre Aktivitäten nunmehr von dort fortsetzt.
Die Hamas hat sich in Istanbul ungeachtet der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Türkei und Israel im Juni 2016, das eine diplomatische Wiederannäherung initiieren sollte, breitmachen können, nachdem sie ihre Präsenz in Beirut und Damaskus und schließlich auch in Katar allmählich verringern musste.
In der Türkei wird die Hamas nicht nur geduldet, sondern aktiv von der türkischen Regierung unterstützt, die sie für keine terroristische Organisation hält. Sie ist bestens über deren Umtriebe informiert, regelmäßig wird ihr über die Hamas-Aktivitäten in der Türkei berichtet, die aber keinerlei Besorgnis auszulösen scheinen. Möglich ist, dass die Hamas bei ihrer Übersiedlung einer türkischen Einladung gefolgt ist.
Schon im September 2011 hat der israelische Geheimdienst Schin Bet offengelegt, dass die Hamas in Istanbul ein Büro eröffnet hat. Die Metropole am Bosporus ist seitdem gleichermaßen sicherer Rückzugsort wie Operationsbasis für die Hamas, die von dort aus Attentate in Israel planen kann.
Auch wenn die Türkei das vehement bestreitet, sind die Beweise der israelischen Geheimdienste erdrückend. Maßnahmen, um die Aktivitäten der Hamas in der Türkei zu beenden oder zu reduzieren, sind von der türkischen Seite bislang nicht erfolgt. Sie sind auch nicht zu erwarten, ganz im Gegenteil: Es verdichten sich eher die Hinweise darauf, dass die türkische Regierung ihre Beziehungen zur Hamas aktuell intensiviert.
Türkische Pässe
Wie die englische Tageszeitung „The Telegraph“ jüngst berichtete, gibt es nun Belege dafür, dass hochrangige Hamas-Kader türkische Pässe bekommen haben. Der Zeitung war es möglich, in einige der Dokumente Einsicht zu erhalten. So sollen bereits sieben von zwölf Kadern im Besitz eines türkischen Passes sein, für weitere fünf seien die Pässe derzeit in Bearbeitung. Einige von ihnen sollen türkische Decknamen erhalten haben.
Neben Zacharia Najb, der ein Komplott zur Ermordung des Bürgermeisters von Jerusalem geplant haben soll, soll sich darunter auch Jihad Ya’amor befinden, der an der Entführung des IDF-Soldaten Nahshon Waxman im Oktober 1994 beteiligt war. Fast alle der zwölf Kader seien im Rahmen des Gilat Shalit-Austauschs zwischen Israel und der Hamas 2011 freigelassen worden und dann in die Türkei gezogen, von wo aus sie ihre Aktivitäten fortführen.
Die Vorteile eines türkischen Passes sprechen für sich: Mit ihm können viele Länder ohne ein Visum bereist werden. Aktuell bemüht sich die Türkei darum, dass ihre Staatsbürger ohne ein Visum nach Europa reisen können.
Gern gesehene Gäste
Ob es eine Einbürgerungsfeier für die neuen türkischen Staatsbürger gegeben hat, ist nicht bekannt. Ismail Haniyeh, der Chef der Hamas, hält sich jedoch aktuell in der Türkei auf. Regelmäßig reist er in die Türkei und wird dort auch staatsoffiziell empfangen.
Neben Haniyeh ist Saleh al-Arouri, der stellvertretende Führer der Hamas, der jahrelang das Büro in Istanbul leitete, regelmäßig zwischen dem Libanon und der Türkei unterwegs. Obwohl das US-Außenministerium 2018 für Hinweise zur Identifizierung und Ergreifung al-Arouris eine Belohnung von bis zu fünf Millionen Dollar ausgesetzt hat, unternahmen türkische Behörden nichts, um dem NATO-Partner USA zu helfen und den Terroristen festzusetzen und auszuliefern. Al-Arouri ist dem „Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center“ zufolge eine Schlüsselfigur in den Beziehungen zwischen der Hamas, der Hisbollah und dem Iran.
Drei weitere hochrangige Hamas-Kader, Zahir Jabareen, Musa Abu Marzouk und Nizar Awadallah sind ebenfalls aus Katar bzw. dem Libanon in die Türkei gezogen. All diese Gäste sind von der Türkei offenbar willkommen geheißen worden.
Wird Istanbul zum neuen dauerhaften Hauptquartier?
Es wäre nicht überraschend, wenn hinter den aktuellen Entwicklungen noch mehr stecken würde, als bislang bekannt geworden ist. Kein Geheimnis ist jedenfalls, dass die Hamas auf der Suche nach einem neuen dauerhaften Hauptquartier ist, nachdem ihr die jüngsten Umbrüche in der MENA-Region zugesetzt haben. Ihr Handlungsspielraum in vielen arabischen Ländern wird immer kleiner.
Im Moment hat sie ernste Schwierigkeiten mit Ägypten, dem Libanon und Syrien, wo sie bis zum Ausbruch des Krieges 2011 ihren Sitz hatte. Und auch Katar, wo die Hamas sich niederließ, nachdem sie Damaskus verlassen musste, scheint ihr nicht mehr so freie Hand zu lassen wie bisher. Welches Land bleibt da noch übrig?
Wie die arabischsprachige Zeitung „Al-Sharq al-Awsat“ im März berichtete, soll die Hamas bei ihrer intensiven Suche nach einem neuen Hauptquartier sogar mit Malaysia geliebäugelt zu haben. Doch warum in die Ferne Malaysias schweifen, wenn sich doch die Türkei anbietet, die sich sozusagen um die Ecke befindet?
Der türkische Präsident Erdoğan scheint dem Gedanken eines Hamas-Hauptquartiers im eigenen Land nicht abgeneigt zu sein, inszeniert er sich doch zunehmend gerne als der wahre Patron der „Palästinenser“ – wobei seine Unterstützung schon bisher nicht der „Palästinensischen Autonomiebehörde“, sondern den Islamisten der Hamas galt.
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