Wenn Antisemiten beim Tod eines Schwarzen sofort Israel ins Spiel bringen

Bösartig gestreute Gerüchte, wonach militärisch-polizeilicher Austausch Israels mit den USA und anderen westlichen Staaten anderen Zwecken als der reinen Verteidigungsbereitschaft dient, sind falsch und verlogen.

George Floyd wurde von den "Palästinensern" vereinnahmt: Hier als Graffiti auf der israelischen Schutzmauer bei Bethlehem.© AFP

Von Stefan Frank

Pomerantz leitet das Law Enforcement Exchange Program (LEEP), das seit 2002 unter der Schirmherrschaft des „Jewish Institute for National Security of America“ (JINSA) ausgerichtet wird und sprach aus aktuellem Anlass darüber mit Benjamin Kerstein, dem Israel-Korrespondenten der amerikanisch-jüdischen Wochenzeitung „Algemeiner“.

Seit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd versuchen Anti-Israel-Aktivisten, die Proteste gegen Rassismus und Gewalt durch Polizeibeamte für ihre eigenen Zwecke zu nutzen und Israel die Schuld daran zu geben.

Der 46-jährige George Floyd war am 25. Mai durch einen Polizeieinsatz in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota ums Leben gekommen – mutmaßlich erstickte er am Boden liegend, als der Polizist Derek Chauvin ein Knie auf seinen Hals drückte und auch dann nicht von Floyd abließ, als dieser sagte, er könne nicht atmen.

 

Falsche Anschuldigungen

Die BDS-Bewegung, die den jüdischen Staat durch Boykotte von Waren und Menschen zerstören will, zieht eine Linie von dem tödlichen Polizeieinsatz in Minneapolis zum zehntausend Kilometer entfernten Israel.

So hat die BDS-Organisation „Jewish Voice for Peace“ eigens eine Website eingerichtet, auf der sie unter dem Titel „Deadly Exchange“ (auf Deutsch: „tödlicher Austausch“) behauptet, Israel schule die US-Polizei darin, Farbige zu töten. Das schließt die falsche Anschuldigung ein, dass die Methode, das Knie auf den Hals einer zu verhaftenden Person zu pressen, aus Israel stamme. Die Besucher der Website werden aufgefordert, eine Petition gegen das Austauschprogramm mit Israel zu unterzeichnen.

Schon seit Jahren werden solche und ähnliche Anschuldigungen vorgebracht. Die „Beweiskette“ geht üblicherweise so: 1. In einer Stadt – sei es Minneapolis oder Baltimore – wird ein Farbiger im Zuge eines Polizeieinsatzes getötet. 2. Einzelne Polizeibeamte aus jener Stadt haben angeblich an dem genannten Austauschprogramm mit Israel teilgenommen. 3. Also ist Israel schuld.

 

„Keinerlei praktisches Training“ in Israel

Worum genau also geht es in dem sagenumwobenen Austauschprogramm, bei dem amerikanische Polizisten nach Israel reisen? „Die Austauschprogramme begannen als unmittelbare Folge des 11. September auf ausdrücklichen Wunsch hochrangiger [amerikanischer] Strafverfolgungsbeamter“, sagte Pomerantz gegenüber dem Journalisten des „Algemeiner“. Es gehe um Terrorismusbekämpfung, die Verhinderung von Terroranschlägen und die Reaktion auf Anschläge.

Und: Das Programm richte sich nur an hochrangige Beamte. Es ist also nicht so, als wäre jeder der 700.000 amerikanischen Polizisten in Israel gewesen, um dort von der Pieke auf die Polizeiarbeit zu lernen.

Anders als es die gegen diese Programme erhobenen Anschuldigungen implizieren, stellte Pomerantz ausdrücklich fest, dass dort „keinerlei praktisches Training und kein taktisches Training“ stattfinden. Das Programm konzentriere sich auf das Sammeln von Geheimdienstinformationen, das Studieren von Ideologie und Methoden terroristischer Organisationen, koordinierte Reaktion auf terroristische Vorfälle und die Zusammenarbeit zwischen privaten Sicherheitsdiensten und der Polizei.

„Weit entfernt davon, Gewalt gegen farbige Menschen zu fördern“, so Pomerantz, gehe es auch um „Themen wie die Verbesserung der Beziehungen zwischen Strafverfolgungsbehörden und Minderheitengemeinschaften sowie die Rekrutierung in Minderheitengemeinschaften“. Die Austauschprogramme, so Pomerantz, verursachten keine Gewalt gegen Amerikaner. Beamte, die an den Programmen teilgenommen hätten, hätten „erklärt, dass ihre Gemeinden aufgrund der Erkenntnisse in Israel sicherer geworden“ seien.

Pomerantz sieht die Angriffe auf solche Programme als „opportunistische“ Aktionen von „Einzelpersonen und Organisationen, die Israel feindlich gesonnen und Teil der größeren BDS-Bewegung sind.“ Bis jetzt hätten sie nur sehr begrenzten Erfolg dabei, Strafverfolgungsorganisationen von der Teilnahme abzuhalten, „obwohl sie sich aktiv bemüht haben“. Durch die aktuellen Ereignisse witterten sie offenbar „ihre Chance, an Boden zu gewinnen.“

 

Antisemitische Untertöne

In der Kampagne gegen die Austauschprogramme sieht Pomerantz auch Untertöne von Judenhass: Wenn behauptet werde, dass Juden kollektiv für die „Unterdrückung“ von Minderheiten verantwortlich seien, „weil sie jüdische Organisationen finanzieren, die Polizeibeamte nach Israel schicken, wo sie gewalttätige Taktiken lernen und diese Taktiken gegen farbige Menschen anwenden“, dann enthalte dies sicherlich „Elemente des Antisemitismus“.

Dieses Gerücht wurde auch schon von Linda Sarsour, einer der ursprünglichen Co-Vorsitzenden des „Women’s March“, verbreitet. Sarsour warf im September 2018 der Bürgerrechtsorganisation „Anti-Defamation League“ (ADL) vor, für die Tötung von „unbewaffneten Schwarzen“ verantwortlich zu sein. ADL, so Sarsour, sei eine

„Organisation, die amerikanische Polizisten und Militärs nach Israel bringt, damit sie von der israelischen Polizei und dem israelischen Militär ausgebildet werden können und dann zurückkommen und was tun? Im ganzen Land unbewaffnete Schwarze anhalten, durchsuchen und töten.“

In Israel also werde das „Töten“ „unbewaffneter Schwarzer“ gelehrt, behauptete sie, ohne jeglichen Beweis. Ein gutes neueres Beispiel für diese Hetze ist ein Artikel, der vor einigen Tagen auf der linksradikalen britischen Website „Morning Star“ erschien. Die reißerische These – die bestimmt das Interesse vieler Leser weckt – lautet:

„Beamte der US-Polizei-Einheit, die für die Ermordung von George Floyd verantwortlich sind, wurden von israelischen Strafverfolgungsbeamten in Rückhaltetechniken und Anti-Terror-Taktiken geschult.“

 

Aus der Luft gegriffene Propaganda

Das klingt, als wüsste jemand, wovon er spricht. Wer solch eine Behauptung aufstellt, wird ja sicherlich Belege haben, oder? Eine solche Tatsachenbehauptung taucht auch in der Überschrift auf:

„Minnesota Cops ‚von israelischen Kräften in Zwangstechniken trainiert’“

Die Anführungsstriche lassen ein Zitat erwarten – irgendjemand muss das scheinbar wörtlich so gesagt haben. Doch im Artikel sucht man ein solches Zitat vergeblich. Der Autor erzählt von einer ominösen „Konferenz“, die angeblich im Jahr 2012 im israelischen Konsulat in Chicago stattgefunden haben soll:

„Mindestens 100 Polizeibeamte aus Minnesota nahmen 2012 an einer Konferenz teil, die vom israelischen Konsulat in Chicago veranstaltet wurde. … Dort lernten sie die gewalttätigen Techniken der israelischen Streitkräfte, die diese benutzen, um unter dem Deckmantel von Sicherheitsoperationen die besetzten palästinensischen Gebiete zu terrorisieren.“

Dass bei einer „Konferenz“, die in einem „Konsulat“ stattfindet, Verhaftungstechniken gelehrt werden, klingt unwahrscheinlich. Der Autor selbst weiß darüber nicht mehr, als dass der „stellvertretende israelische Konsul Shahar Arieli“ gesagt habe, dass zu der Konferenz „erstklassige Fachleute der israelischen Polizei“ erschienen seien, „um Wissen mit ihren US-Kollegen zu teilen“. Das scheint wenig verfänglich. In einem versteckten Satz muss der Autor eingestehen, dass die reißerische Schlagzeile aus der Luft gegriffen ist:

„Es ist unklar, ob einer der an dem Vorfall beteiligten Beamten, bei dem Herr Floyd getötet wurde, an der Konferenz teilgenommen hat.“

Aha. Das eine hat mit dem anderen also rein gar nichts zu tun? Das darf nicht sein. Darum wartet er mit einer dubiosen Zeugenaussage auf:

„In einem erschreckenden Zeugnis sagte eine palästinensische Rechtsaktivistin, als sie das Bild von Derek Chauvin sah, der auf Mr. Floyds Hals kniete, sei sie an die Polizeieinsätze der israelischen Streitkräfte in den besetzten Gebieten erinnert worden“.

Der gewünschte Zusammenhang wird also durch Hörensagen und assoziatives Denken hergestellt: Jemand fühlt sich an etwas erinnert.

Der Klimademonstrant Anselm Schindler, der im Mai 2019 in Wien von zwei Polizisten unter ein Auto gedrückt wurde, würde vielleicht sagen, dass ihn der Tod von George Floyd ebenfalls an etwas erinnere, das er selbst erlebt habe. Dennoch käme niemand auf die Idee, die Wiener Polizei für den Tod von George Floyd verantwortlich zu machen. Hier passt offensichtlich einmal mehr, was Theodor W. Adorno in seinen Minima Moralia schrieb: „Der Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden.“

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