Die Scheinheiligen der EU
Zahlreiche EU-Staaten fordern von Israel den Verzicht auf ureigene, historisch legitimierte Gebiete mit jahrtausendealter jüdischer Geschichte, während sie selbst koloniale Überseebesitzungen von Französisch-Polynesien bis zu den Falklands halten.
1982 starteten britische Kriegsschiffe, um am anderen Ende der Welt eine britische Kolonie, die Falkland-Inseln, von Argentinien zurückzuerobern.© AFP
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – sowohl einzeln als auch gemeinsam via Nahost-Quartett – sind in Aufruhr und warnen Israel in heuchlerischer Weise vor einer Annexion, auch wenn ebendiese Länder weiterhin zahlreiche Gebiete besetzen, die sie annektiert haben.
Beginnen wir mit den Franzosen. Frankreich hat die Europäische Union kürzlich aufgefordert, Strafmaßnahmen gegen Israel zu ergreifen, falls es zu einer Annexion kommen sollte.
Sie haben richtig gelesen: Frankreich, das seit mehr als 300 Jahren die 890 Quadratmeilen große Insel Réunion vor der Südostküste Afrikas verwaltet. Dazu kommt die seit fast 200 Jahren beanspruchte 144 Quadratmeilen große Insel Mayotte. Das Gebiet der Gemeinden von Gush Etzion umfasst insgesamt 45 Quadratmeilen.
Frankreich, das die fünf sogenannten Îles Éparses de l’océan Indien (deutsch „Verstreute Inseln im Indischen Ozean“) besetzt hält, ungeachtet einer UN-Resolution von 1979, welche die Übergabe dieser Inseln an Madagaskar fordert.
Frankreich, das 1955 ankündigte, die Tausende von Meilen der sogenannten „Französischen Süd- und Antarktisgebiete“ würden von nun an als offizielles französisches Überseegebiet gelten. Mit welchem Recht genau?
Und Frankreich, die große Besatzungsmacht, schulmeistert Israel in Bezug auf Annexionen? Wie sagt man Chuzpe auf Französisch?
Auch Großbritannien annektierte fleißig
Während es mit einem Bein noch in der Europäischen Union steht, und mit dem anderen aus der Europäischen Union heraustritt, hat auch England seinen Teil zur Debatte beigetragen. Die Briten sind wütend beim Gedanken, Israel könnte Gebiete annektieren. Kabinettsminister (und Vorsitzender der regierenden Konservativen Partei) James Cleverly sagte dem Parlament, ein solches Vorgehen Israels würde es „schwieriger“ machen, Frieden zu erreichen.
Ich frage mich, warum die Briten nie solche Bedenken hatten, als Jordanien 1950 ganz Judäa und Samaria annektierte – nicht nur den winzigen Teil, den Israel aktuell beansprucht. Tatsächlich war England eines von nur zwei Ländern weltweit (das andere war Pakistan), das die jordanische Annexion anerkannte.
So war es für Jordanien – ein Land, das nicht einmal existierte, bis die Briten es 1922 aus dem Nichts schufen – in Ordnung, es zu annektieren. Aber nicht für Israel, obwohl das Gebiet seit 3.000 Jahren im Herzen des jüdischen Heimatlandes liegt.
London hofft, dass wir nicht merken, dass es nicht weniger als 14 „Britische Überseegebiete“ gibt, die sie gewaltsam zu einem Teil des Britischen Empire gemacht und gehalten haben – von den Falklandinseln (Großbritannien zog 1982 wegen der Ansprüche Argentiniens auf die Inseln in den Krieg gegen Argentinien) bis zu den Bermudas. Einige liegen im Südatlantik, andere im Nordatlantik, wieder andere in der Karibik – überall, wohin man auf dem Globus blickt, findet man Teile des alten Britischen Empire, die noch immer bestehen.
Welche anderen Mitgliedstaaten der EU maßen sich an, Israel zu belehren und zu drohen?
Da haben wir beispielsweise Portugal, das vor etwa 500 Jahren die 908 Quadratmeilen großen Azoren-Inseln annektierte. Dazu kommt Spanien, seit dem 15. Jahrhundert illegaler Besatzer der 3.000 Quadratmeilen großen Kanarischen Inseln. Grönland wurde 1814 gewaltsam an Dänemark angeschlossen. Nicht zu vergessen Curaçao und Aruba, die zusammen mit St. Martin, Saba und Bonaire von Holland annektiert worden waren. Es gibt noch viele weitere Beispiele.
„Wiedervereinigung“ wäre der bessere Ausdruck
Es geht nicht nur darum, dass diese Länder unglaublich heuchlerisch sind, weil sie Israel wegen der Annexion drangsalieren, während sie selbst jedes Territorium annektierten, das sie in ihre Hände bekommen konnten.
Nein, der Kernpunkt liegt darin, dass Frankreich, England und die übrigen Länder keinerlei moralisches, historisches oder legales Recht haben und hatten, diese Gebiete zu annektieren, während Israel jedoch das Recht auf seiner Seite hat, die zur Diskussion stehenden Teile von Judäa und Samaria in sein Staatsgebiet einzubeziehen. Diese Gebiete stehen seit biblischen Zeiten im Zentrum der jüdischen nationalen Heimat. Israel hat sie in Selbstverteidigung erkämpft und ist nach internationalem Recht nicht verpflichtet, sie abzutreten. Zudem ist die arabische Bevölkerung in diesen Gebieten gering, so dass die so genannte Annexion – „Wiedervereinigung“ wäre genauer ausgedrückt – keine demographische Gefahr für Israel darstellt.
Hier folgt nun also meine Botschaft an die europäischen Annexionisten, welche die israelische Annexion kritisieren: Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Das meine ich wörtlich. Kümmert euch darum, die eigenen Regierungen davon zu überzeugen, die vielen besetzten und annektierten Länder und Inseln freizugeben – und dann könnt ihr mit Israel über dieses Thema ins Gespräch kommen.
Stephen M. Flatow, ein Anwalt in New Jersey, ist der Vater von Alisa Flatow, die 1995 bei einem vom Iran unterstützten „palästinensischen“ Terroranschlag ermordet wurde. Sein Buch „A Father’s Story: My Fight for Justice Against Iranian Terror“ wurde kürzlich veröffentlicht. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jewish News Syndicate. Übersetzung Audiatur-Online.
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