Das neue Südafrika – Israel-hassend, militant und aggressiv
Die antisemitische Boykottbewegung BDS umgibt sich öffentlich mit Vertretern der Terrororganisation „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP).
BDS-Aktivisten in Südafrika© Roger Bosch, AFP
So schnell, wie er erschienen war, war der Tweet auch wieder entfernt. Am 31. Juli erschien auf dem Twitter-Account von BDS Südafrika (BDS SA) ein Bild von Muhammed Desai, dem Mitgründer von BDS Südafrika, wie er einem Mitglied der Terrororganisation „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) die Hand schüttelt. Der Text dazu lautete: „Die PFLP arbeitet bei der globalen Kampagne gegen Apartheid-Israel eng mit BDS SA zusammen.“
Dies war BDS (dt. „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“) in Reinform. Man gibt zu, im selben Boot zu sitzen wie eine Organisation, die von den USA, der Europäischen Union, Kanada, Japan und Australien als Terrororganisation eingestuft wird. Seither wurde das PayPal-Konto der Gruppe gekündigt und der Tweet wurde gelöscht.
Doch es ist nicht das erste Mal, dass BDS Südafrika seine Verbindungen zu Terroristen und Antisemiten offenbart. Vor sechs Jahren organisierte BDS SA einen Protest an der Universität Johannesburg gegen ein israelisches Jazz-Quartett. Etliche Demonstranten sangen „dubula e juda“ („erschießt den Juden!“), inspiriert von einem umstrittenen Protestsong gegen Apartheid, in dem gefordert wurde, den „Buren“ (weißen Bauern) zu erschießen. BDS verharmloste damals den Vorfall und bestand darauf, dass alle Hinweise auf den antisemitischen Charakter der Bewegung völlig übertrieben seien.
„Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn in Südafrika jemand sagen würde, man solle alle Sothos oder alle Zulus töten”, gab Kenneth Meshoe zu bedenken, der 1994 einige Monate vor Südafrikas erster demokratischer Wahl die „African Christian Democratic Party“ gegründet hatte. Seine Partei richtet sich an schwarze Südafrikaner, die sich ein Südafrika wünschen, das auf christlichen Prinzipien gründet. „Es gäbe einen lauten Aufschrei”, sagt Meshoe. „Doch wenn es die Juden sind, passiert nichts. BDS bedient sich eines bestimmten Narrativs, weil sie wissen, wie die Leute reagieren, wenn sie das Wort ‚Apartheid‘ hören. Sie wissen, wenn sie dieses Wort benutzen, werden sie auf Sympathie stoßen.”
Der Erfolg, den die BDS-Bewegung dabei hat, den Anti-Apartheid-Kampf mit dem Anti-Israel-Ressentiment zu verbinden, hat ihrem südafrikanischen Zweig Legitimität verliehen und eine vermeintliche historische Rechtfertigung für alles, was er tut. Viele Unterstützer von BDS SA, die mit der Regierung verbunden sind und persönliche Glaubwürdigkeit als Kämpfer gegen die Apartheid besitzen, legen stets ein gutes Wort für die Organisation ein, wenn diese etwas sagt oder unternimmt, das in anderen Ländern als krasse Grenzüberschreitung betrachtet werden würde. Dies hat zu Zerwürfnissen innerhalb der globalen Bewegung geführt; während die lokalen Unterorganisationen die Agenda teilen, organisieren sie die Veranstaltungen meist auf eigene Faust.
„Es gab einmal mehr Austausch zwischen BDS SA und Aktivisten in Europa, aber das ist zurückgegangen”, hat Shaun Sacks beobachtet. Sacks betreibt Recherchen für „NGO Monitor“, ein weltweit bekanntes Institut, das sich demokratischen Werten verschrieben hat. „Viele europäische BDS-Unterstützer mögen feindlich gegenüber dem Westen sein, aber sie halten den südafrikanischen BDS für zu extrem.”
BDS Südafrika unterstützt Kommunisten
BDS Südafrika ist sehr politisch und aktiv bei internationalen Kampagnen, vor denen andere BDS-Unterstützer zurückschrecken. Venezuela ist ein Paradebeispiel. „Während andere Gruppen Probleme damit haben, nach Venezuela zu reisen und den umstrittenen Präsidenten offen zu unterstützen, besteht BDS SA aus Aktivisten, die den Kommunismus als ihren natürlichen Verbündeten ansehen. BDS SA spielte bei etlichen Solidaritätsveranstaltungen eine prominente Rolle”, sagt Sacks.
Doch trotz all des von BDS Südafrika verbreiteten Lärms habe die Gruppe nichts erreicht, sagt Sacks. Selbst ihr sichtbarster Erfolg – dass auf der nationalen ANC-Konferenz vor zwei Jahren eine Resolution verabschiedet wurde, die südafrikanische Botschaft in Israel zu einem Verbindungsbüro herabzustufen –, ist noch immer nicht in die Tat umgesetzt. „Die südafrikanische Regierung spricht nicht viel darüber, was die Herabstufung bedeutet. Mehr noch, die Handelsbeziehungen zwischen Südafrika und Israel nehmen sogar zu“, betont Sacks.
„Ich schwöre Ihnen“, sagt Kenneth Meshoe von der „African Christian Democratic Party“, ein erbitterter Gegner der Resolution, „die überwältigende Mehrheit der schwarzen Südafrikaner ist dem christlichen Glauben verbunden und liebt Israel. Wäre die Herabstufung der gesamten ANC-Konferenz zur Abstimmung vorgelegt worden, wäre es nicht dazu gekommen. Es gibt viele Christen und Zionisten im ANC, doch zum Zeitpunkt der Abstimmung gab es viele Parallelveranstaltungen. Nur drei- bis fünfhundert der 3.500 Delegierten haben überhaupt an der Abstimmung teilgenommen.”
Nur wenige Südafrikaner haben Israel besucht
Das Problem, glaubt Meshoe, sei Unwissen, Furcht und die Tatsache, dass zu wenige Südafrikaner Israel je besucht hätten. Er selbst war schon 19 mal dort. „Zu sagen, Israel sei Apartheid, ist eine Beleidigung. Wenn wir in Südafrika all die Rechte gehabt hätten, die die Araber in Israel haben, hätte es nicht einmal einen bewaffneten Kampf gegeben, Mandela hätte zugestimmt.”
Meshoe ist sich nicht sicher, woher der Hass auf Israel rührt. Doch er hat eine Beobachtung gemacht: „Jene, die Israel hassen, sind militant und aggressiv und schreien immer dann am lautesten, wenn du an ihre Vernunft appellierst. Das Ergebnis ist, dass die meisten Leute lieber den Mund halten, um des Friedens willen, was nicht gut ist. Ich weiß nicht, wie man das ändern kann.”
Jemand, der aktiv versucht, die Haltung der Regierung gegenüber Israel zu ändern, ist das „South African Jewish Board of Deputies“ (SAJBD), die Dachorganisation und Bürgerrechtslobby der jüdischen Gemeinde Südafrikas. Seine Führer trafen sich kürzlich mit Naledi Pandor, Südafrikas Minister für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit. „Wir ermuntern die südafrikanische Regierung dazu, ihr Engagement [mit Israel] auszubauen, statt es herabzustufen“, sagt Wendy Kahn, die Direktorin des SAJBD. „Wir denken, dass Südafrika dank seiner Erfahrung beim Aushandeln von Ergebnissen eine Rolle dabei spielen kann, Parteien zum Dialog zusammenzubringen. Bei dem Treffen mit Pandor haben wir betont, dass wir durch ein ‚Schließen von Türen‘ die Rolle verlieren, die darin bestehen kann, zu beeinflussen oder zu unterstützen.”
Auch BDS, glaubt Kahn, hat der Suche nach einer friedlichen Lösung des schmerzhaften israelisch-„palästinensischen“ Konflikts geschadet. „Alles, was sie geschafft haben, ist, ein Klima der Einschüchterung und Feindseligkeit gegenüber den südafrikanischen Juden zu schaffen. Ihre häufigen antisemitischen Ausfälle haben dazu geführt, dass sie sich selbst diskreditiert haben und viele ihrer Kampagnen nun über andere Kanäle laufen, wie etwa ‚South African Jews for Free Palestine‘, die Ahmed Kathrada Foundation (benannt nach einem südafrikanischen Anti-Apartheids-Aktivisten) und Gewerkschaften.”
Als den vulgärsten und bösartigsten Akt gegen die jüdische Gemeinde betrachtet sie, dass vor fünf Jahren in einem Geschäft in Kapstadt in der Abteilung für koscheres Fleisch der abgehackte Kopf eines Schweins abgelegt wurde. Das war gemeint als Protest dagegen, dass das Geschäft Produkte aus Israel verkauft. BDS SA distanzierte sich damals von der von Studenten verübten Tat, sah sich aber trotzdem in der Kritik. Was Antisemitismus betrifft, ist die Bewegung nicht unschuldig.
„BDS SA hat nicht verstanden, dass Europa immer noch im Schatten der schlimmsten Akte des Völkermords lebt“, erklärt Dan Diker, Projektdirektor für das Programm gegen politische Kriegsführung und BDS beim Jerusalem Center for Public Affairs.
„Europa ist bei Hassreden und deren Verbindung zu Mord besonders sensibel. Volksverhetzung ist gesetzlich verboten. Das bedeutet, dass die Forderungen von BDS, Israel zu zerstören, in europäischen Ländern die Alarmglocken läuten lassen.“ Während BDS Südafrika meist erst hinterher versucht, Antizionismus von Antisemitismus zu unterscheiden, ist die europäische BDS viel mehr darauf bedacht, die Verbindung gar nicht erst herzustellen. Diker lobt den Deutschen Bundestag dafür, dass er im Mai eine symbolische Resolution verabschiedet hat, in der er BDS als antisemitisch wertet. Damit ist er das erste europäische Parlament, das diesen Schritt getan hat. „Es ist offensichtlich, dass der Bundestag die Verbindung zwischen BDS-Slogans und Genozid begriffen hat”, sagt er. „In Amerika und Europa erkennt man BDS als Lüge, als eine politische Form des Antisemitismus. Es ist eine lautstarke Bewegung, hinter der eine kleine religiöse Gruppe von Antisemiten steht, die in Ramallah und Gaza sitzt. Werden die Leute genug moralische Klarheit besitzen, um den Hass und Rassismus dieser Bewegung zu durchschauen?”
Die Frage erklärt, warum der Tweet von BDS Südafrika letzten Monat so enthüllend war. Dass sie stolz zugegeben hatten, dass sie mit einer Terrororganisation zusammenarbeiten, rückt ins Licht, wo die Bewegung in Wahrheit Bündnisse schmiedet.
Nicht, dass es eine Überraschung wäre. Der erste Beleg für die Verbindung zwischen BDS und PFLP tauchte schon im Februar 2016 auf, als Leila Khaled, die Mitglied des PFLP-Politbüros ist und vor einem halben Jahrhundert in Europa zwei Flugzeuge entführt hatte, Südafrika besuchte, um Spenden für BDS zu sammeln. Zu den Gründern der BDS-Bewegung zählen die Organisation „Defense for Children International Palestine“, die Verbindungen zur PFLP hat, sowie das „Palestinian Centre for Human Rights“, das von europäischen Regierungen finanziert wird und ebenfalls von einem Mitglied der PFLP gegründet wurde.
BDS unterhält auch Beziehungen zur Hamas, die von zahlreichen Ländern und internationalen Organisationen ganz oder in Teilen als Terrororganisation eingestuft ist, etwa von Israel, den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union.
Die Hamas zu Gast in Südafrika
Letzten Dezember hieß BDS die Führung der Hamas in Gaza in Südafrika willkommen und pries die anschließende Unterzeichnung eines Memorandums mit der südafrikanischen Regierung, das „praktische Schritte” einleiten soll, um „die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren, Druck auf Israel auszuüben, die Besatzung von Palästina zu beenden.”
BDS SA pflegt auch enge Beziehungen zu in den USA ansässigen Organisationen der Muslimbruderschaft und Gruppen wie „Students for Justice in Palestine“, der BDS-Bewegung Nummer eins an Hochschulen in aller Welt. Während diese nicht in Südafrika aktiv ist, sind es andere Studentengruppen wie das „Palestinian Solidarity Committee“ und das „Palestinian Solidarity Forum“.
„Wir sind ziemlich sicher, dass diese Studentengruppen von BDS finanziert werden“, sagt Deena Katzen, Vorsitzende der Südafrikanischen Union der jüdischen Studenten (SAUJS). Sie sind besonders lautstark während der alljährlichen „Israel Apartheid Week“ (IAW), bei der sie auch schon Hakenkreuze auf dem Campus gemalt, Studenten als „verdammte Juden“ bezeichnet haben und so weit gegangen sind, den Hitlergruß zu zeigen. „SAUJS führt eine Gegenkampagne durch, damit sich die Studenten sicher fühlen und die Wahrheit verbreiten“, sagt Katzen. „Wir suchen den moralischen Weg und sprechen über Frieden, Dialog und Hassbekämpfung. Im Allgemeinen sind die Schüler für unsere Kampagne empfänglicher, weil BDS sie einschüchtert und unter Druck setzt, zuzuhören. Und weil BDS seit Jahren dieselbe Kampagne betreibt, fällt es ihnen schwer, ihre Dynamik aufrechtzuerhalten.“
Als Mitglied der „Weltunion der jüdischen Studenten“ begegnet Katzen immer wieder jüdischen Studentenführern in den USA und in Europa. „An den Universitäten dort passieren sehr ähnliche Dinge“, sagt sie, „und jüdische Studenten reagieren dort ebenso besonnen. An europäischen Universitäten ist der Kampf einfacher, weil es dort nie Apartheid gab. Europäische Studenten verstehen nicht, was Apartheid ist. In Südafrika braucht man ein stärkeres und überzeugenderes Argument, weil es eine emotionale Verbindung gibt. “
Während BDS seine toxische Wirkung an Universitäten in aller Welt entfaltet, konnte es die „palästinensische“ Bevölkerung bislang nicht mobilisieren. „Die palästinensische Mittelschicht wird Ihnen sagen, dass BDS nichts tut, um den Palästinensern zu helfen“, vermutet Diker. „Und es hilft auch gewöhnlichen Südafrikanern nichts. Südafrika steckt in einer Sackgasse der Korruption, und das Land wartet verzweifelt auf Investitionen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Technologie aus dem Ausland. Doch während andere Länder Israel um Unterstützung bitten, ist das Einzige, was Südafrika geschafft hat, sich auf dem afrikanischen Kontinent zu isolieren. Viele Südafrikaner – und Europäer – schenken BDS aus Unwissenheit Glauben und weil sie meinen, dass es einer beliebten Menschenrechtsangelegenheit nütze. Doch selbst ein flüchtiger Blick auf die Fakten zeigt, dass BDS nichts anderes ist als eine bösartige Form von Schmierenjournalismus.“
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