Ganz wie die eigenen Großeltern
Es ist nicht erstaunlich, dass der Judenhass in Westeuropa zunimmt
BDS-Aktivisten in Paris© JACQUES DEMARTHON, AFP
Warum erklären so viele der Enkelkinder von Nazis und Nazikollaborateuren, die uns den Holocaust gebracht hatten, den Juden erneut den Krieg? Warum erleben wir in Westeuropa einen solchen Anstieg von Antisemitismus und irrationalem Antizionismus?
Um diese Fragen zu beantworten, muss zunächst ein Mythos aufgedeckt werden. Dieser Mythos ist derjenige, der von den Franzosen, Niederländern, Norwegern, Schweizern, Belgiern, Österreichern und vielen anderen Westeuropäern verbreitet wird: nämlich, dass der Holocaust ausschließlich das Werk deutscher Nazis war, vielleicht noch unterstützt von einigen polnischen, ukrainischen, lettischen, litauischen und estnischen Kollaborateuren.
Falsch.
Der Holocaust wurde von Europäern begangen: von Nazi-Sympathisanten und Kollaborateuren unter den Franzosen, Niederländern, Norwegern, Schweizern, Belgiern, Österreichern und anderen Europäern, sowohl im Westen als auch im Osten.
Franzosen, Belgier und Norweger haben mit den Nazis kollaboriert
Wenn die französische Regierung nicht mehr Juden in die Vernichtungslager deportiert hätte, als ihre deutschen Besatzer verlangt haben; wenn so viele niederländische und belgische Bürger und Staatsbeamte nicht am Zusammentreiben der Juden mitgewirkt hätten; wenn so viele Norweger Vidkun Quisling nicht unterstützt hätten; wenn Schweizer Amtsträger und Banker die Juden nicht ausgebeutet hätten; wenn Österreich nicht mehr Nazi als die Nazis gewesen wäre, hätte der Holocaust nicht so viele jüdische Opfer gehabt.
Angesichts der weit verbreiteten europäischen Komplizenschaft bei der Zerstörung des europäischen Judentums sollten der allgegenwärtige Antisemitismus und der irrational hasserfüllte Antizionismus, der in jüngster Zeit in ganz Westeuropa gegen Israel ausgebrochen ist, niemanden überraschen.
„Oh nein“, hören wir von europäischen Apologeten. „Das ist etwas anderes. Wir hassen die Juden nicht. Wir hassen nur ihren Nationalstaat. Außerdem waren die Nazis rechts. Wir sind Linke, also können wir keine Antisemiten sein.“
Unsinn.
Die extreme Linke hat eine Geschichte des Antisemitismus, die so tief und dauerhaft ist wie die der extremen Rechten. Die Linie von Voltaire zu Karl Marx, Lavrentiy Beria, Robert Faurisson bis zu den heutigen linksgerichteten Israel-Bashern ist so gerade wie die Linie von Wilhelm Marr zu den Verfolgern von Alfred Dreyfus zu Hitler.
Die Juden Europas sind seit jeher zwischen Schwarz und Rot zerquetscht worden – Opfer des Extremismus, sei es der Ultranationalismus von Chmelnyzkyj oder des Ultra-Antisemitismus von Stalin.
„Aber einige der lautstärksten Antizionisten sind Juden, wie Norman Finkelstein und sogar Israelis wie Gilad Atzmon. Sicherlich können das keine Antisemiten sein?“
Warum nicht? Gertrude Stein und Alice Toklas arbeiteten mit der Gestapo zusammen. Atzmon, ein hartnäckiger Linker, bezeichnet sich selbst als stolzen, selbsthassenden Juden und gibt zu, dass seine Ideen von einem berüchtigten Antisemiten stammen.
Er leugnet, dass der Holocaust historisch bewiesen ist, aber er glaubt, dass Juden durchaus christliche Kinder getötet haben könnten, um mit ihrem Blut Passah-Matzah zu backen. Und er hält es für „rational“, Synagogen niederzubrennen.
Finkelstein glaubt an eine internationale jüdische Verschwörung, zu der Steven Spielberg, Leon Uris, Eli Wiesel und Andrew Lloyd Webber gehören!
„Aber Israel tut den Palästinensern Schlimmes an“, betonen die europäischen Apologeten, „und wir sind empfindlich gegenüber der Notlage des Außenseiters.“
Wann demonstrieren die Antizionisten für Tibet?
Nein, seid ihr nicht! Wo sind eure Demonstrationen im Namen der unterdrückten Tibeter, Georgier, Syrer, Armenier, Kurden oder sogar Ukrainer? Wo sind eure BDS-Bewegungen gegen die Chinesen, Russen, Kubaner, Türken oder das Assad-Regime?
Nur die „Palästinenser“, nur Israel? Warum? Nicht, weil die „Palästinenser“ mehr unterdrückt werden als diese und andere Gruppen. Nur weil ihre angeblichen Unterdrücker Juden und der Nationalstaat der Juden sind. Würde es Demonstrationen und BDS-Kampagnen im Namen der „Palästinenser“ geben, wenn sie von Jordanien oder Ägypten unterdrückt würden?
Oh, Moment! Die „Palästinenser“ wurden von Ägypten und Jordanien unterdrückt. Gaza war zwischen 1948 und 1967, als Ägypten Besatzungsmacht war, ein Freiluftgefängnis. Und erinnern Sie sich an den Schwarzen September, als Jordanien mehr „Palästinenser“ umbrachte, als Israel es in einem Jahrhundert tat? Ich erinnere mich an keine Demonstrationen oder BDS-Kampagnen – weil es keine gab.
Wenn Araber andere Araber besetzen oder töten, sind die Europäer nur gelangweilt. Aber wenn Israel eine Fabrik für Sodamaschinen in Maale Adumim eröffnet, von der sogar die „palästinensische“ Führung zugibt, dass sie bei jedem Friedensabkommen Teil Israels bleiben wird, trennt sich Oxfam von Scarlett Johansson, weil sie für ein Sodamaschinen-Unternehmen wirbt, das Hunderte von „Palästinensern“ beschäftigt.
Denken Sie in diesem Zusammenhang daran, dass Oxfam laut dem in Tel Aviv ansässigen „Israeli Law Center“ „Hilfe und materielle Unterstützung“ für zwei anti-israelische Terrorgruppen geleistet hat.
Die Heuchelei so vieler linksgerichteter Westeuropäer wäre erschütternd, wenn sie nicht aufgrund der erbärmlichen Geschichte der Behandlung der Juden durch Westeuropa so vorhersehbar wäre.
Vertreibung der Juden aus England im Jahre 1290
Selbst England, das auf der richtigen Seite des Krieges gegen den Nationalsozialismus stand, hat eine lange Geschichte des Antisemitismus. Beginnend mit der Vertreibung der Juden im Jahr 1290 bis hin zum berüchtigten Weißbuch von 1939, was die Juden Europas daran hinderte, Asyl vor den Nazis im britisch-mandatierten Palästina zu bekommen. Und Irland, das im Krieg gegen Hitler zauderte, verfügt über einige der virulentesten anti-israelischen Äußerungen.
Die einfache Tatsache ist, dass man den gegenwärtigen westeuropäischen linken Krieg gegen den Nationalstaat des jüdischen Volkes nicht verstehen kann, ohne zuerst den langfristigen europäischen Krieg gegen das jüdische Volk selbst anzuerkennen.
Theodor Herzl verstand die Allgegenwärtigkeit und Irrationalität des europäischen Antisemitismus, was ihn zu dem Schluss führte, dass die einzige Lösung für das jüdische Problem Europas darin bestand, dass die europäischen Juden diese Bastion des Judenhasses verließen und in ihre ursprüngliche Heimat, den heutigen Staat Israel, zurückkehrten.
Nichts davon dient dazu, die Unvollkommenheit Israels oder die Kritik, die es zu Recht für einige seiner politischen Maßnahmen verdient, zu leugnen. Aber diese Unvollkommenheit und verdiente Kritik sind keine Erklärung, keine Rechtfertigung für den unverhältnismäßigen Hass gegen den einzigen Nationalstaat des jüdischen Volkes und das unverhältnismäßige Schweigen über die weitaus größeren Unvollkommenheiten und die berechtigte Kritik an anderen Nationen und Gruppen einschließlich der „Palästinenser“.
Tschechien ist weniger antisemitisch als manche westeuropäische Länder
Ebenso wenig soll damit bestritten werden, dass sich viele westeuropäische Menschen und einige westeuropäische Staaten geweigert haben, dem Hass gegen die Juden oder ihren Staat zu erliegen. Man denke zum Beispiel an die Tschechische Republik. Aber viel zu viele Westeuropäer sind in ihrem Hass auf Israel genauso irrational wie ihre Vorfahren in ihrem Hass auf ihre jüdischen Nachbarn.
Wie der Autor Amos Oz einst treffend bemerkte: Die Mauern des Europas seiner Großeltern waren mit Graffiti bedeckt, die lauteten: „Juden, geht nach Palästina“. Jetzt heißt es: „Juden, verschwindet aus Palästina“ – womit Israel gemeint ist.
Für wen halten sich diese westeuropäischen Eiferer eigentlich? Es sind nur Narren, die sich täuschen lassen wollen, um zu leugnen, dass sie neue Variationen der alten Vorurteile ihrer Großeltern zeigen.
Jeder objektive Mensch mit einem offenen Geist, offenen Augen und einem offenen Herzen muss sehen, wie die Doppelmoral gegenüber dem Nationalstaat des jüdischen Volkes angewendet wird. Viele von ihnen sind die Enkelkinder derer, die in den 1930er und 1940er Jahren bei den Juden Europas mit zweierlei Maß gemessen haben. Sie sollten sich schämen, sich selbst im Spiegel der Moral ansehen und ihre eigene Bigotterie anerkennen.
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