Ob Frankreich, Belgien oder Deutschland – Das Leben als Jude wird in Europa immer unsicherer

Polizisten müssen die Synagoge in Zürich beschützen. © ARND WIEGMANN/AFP
Angriffe auf jüdische Menschen steigen in vielen europäischen Ländern rapide an. Islamische Migration geht offenkundig mit gewalttätigem Juden-Hass Hand in Hand. Doch das jüngste prominente Messer-Attentat auf einen Juden in der Schweiz ist besonders schockierend: Der muslimische Angreifer war erst 15 Jahre alt. Der tunesisch-stämmige Jugendliche hatte sich in einem Bekennervideo zum sogenannten Islamischen Staat bekannt und der mörderischen Terror-Gruppe die Treue geschworen.
Das Entsetzen reicht bis nach Deutschland, als ein 50-jähriger orthodoxer Jude in Zürich von einem 15-jährigen Muslimen mit einem Messer schwer verletzt wurde. “Ich hielt einen solchen Vorfall in der Schweiz bislang nicht für möglich”, gab Landesrabbiner Moshe Flomenmann dem SRW bestürzt zu Protokoll. Dass es nun auch dort zu einem solchen Terrorakt gegen einen jüdischen Menschen gekommen sei, mache auf traurige Weise klar, in welche Richtung es nun auch im Nachbarland gehen könne.
Es wirkt, als komme die Überraschung von Flomenmann selbst überraschend. Denn angesichts einer zunehmenden Islamisierung, beginnend 2015, erscheint es unwahrscheinlich, dass die Schweiz, obgleich kein Mitglied der EU, von den Terrorakten verschont werden würde. Die Gefahr ist real und manifestiert sich in einer zunehmenden Brutalität einerseits und auch in einer muslimischen Tätergruppe, die offenkundig immer jünger wird.
So auch in Zürich. Der Täter war 15 Jahre alt und soll laut Medienberichten bei der Festnahme gelacht haben. Vor der Tat rief er die üblichen islamischen Todesrufe “Tod aller Juden” und “Allahu Akbar”. Weniger überrascht als Flomenmann gab sich der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG). Die Sicherheitsbestimmungen der jüdischen Gemeinschaft werden laufend durch die Sicherheitsorganisationen in Zürich sowie der ganzen Schweiz überprüft und bei Bedarf angepasst, hieß es damals nach den Anschlägen in Israel.
In einem Video habe er sich zu der Tat bekannt und seine Solidarität mit der Terrororganisation IS erklärt, mit “antisemitischem Gedankengut schlimmster Ausprägung”, so der Zürcher Regierungspräsident und Sicherheitsdirektor Mario Fehr in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen, SRF.
Viele EU-Länder sind beim Thema Judenhass untätig
“Es wird davon ausgegangen, dass für den Moment keine weitere Gefährdung jüdischer Menschen und Einrichtungen zu erwarten ist. Trotzdem werden alle Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft bis auf weiteres zu einem vorsichtigen und besonnenen Verhalten aufgerufen”, so der SIG gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. Ob das stimmt, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Die Bedrohungslage für Juden in Europa hat sich nach den Anschlägen vom 7.10. verschärft. Bestrebungen, Angriffe auf jüdisches Leben seitens der Europäischen Union zu verhindern, wurden bislang kaum umgesetzt. So enthielt eine EU-Strategie, die 2021 verabschiedet wurde, eine Reihe von Reformen, die Mitgliedstaaten helfen sollte, “ihren Kampf gegen Antisemitismus zu verschärfen und sich für eine Zukunft frei von Antisemitismus in der EU und darüber hinaus einzusetzen”.
Davon ist wenig übrig geblieben. „Nach meinem besten Wissen […] haben 13 Länder es versäumt, ihre eigenen nationalen Strategien zu verabschieden“, sagte die französische EU-Ministerin Boone bei einer Senatsanhörung bereits im November 2023 in Bezug auf die EU-Strategie, ohne die einzelnen Länder zu nennen. Einige Mitgliedstaaten registrierten antisemitische Handlungen nicht einmal als solche oder unterschieden sie nicht von anderen Arten verwerflicher Handlungen, beklagte Boones Büro gegenüber Euractiv.
Dies geschehe, obwohl die EU-Strategie vor einer „uneinheitlichen“ Registrierung der gemeldeten Vorfälle warne, mit dem Verweis, dass „die Mitgliedstaaten unterschiedliche Methoden verwenden würden und die Daten daher nicht verglichen werden könnten.“ Doch sie wurde noch deutlicher: „Die Kommission hat die moralische Verpflichtung, die Mitgliedstaaten angesichts des vergangenen Monats für das Thema Antisemitismus einzusetzen“.
“Du Dreckiger Jude. Bist du derjenige, der die Menschen in Gaza tötet?”
Die Untätigkeit der Länder macht sich nun deutlich. In ganz Europa verschlechtert sich die Lage für Juden dramatisch. Der Rat jüdischer Institutionen in Frankreich (Crif), die wichtigste jüdische Interessenvertretung im Land, erklärte, dass bereits drei Monaten nach den Anschlägen des 7. Oktobers genauso viele antisemitische Vorfälle registriert worden seien wie in den drei Jahren davor insgesamt. Gerade an den Schulen sei die Zahl antisemitischer Handlungen geradezu explodiert. „Die Täter, die antisemitische Übergriffe begehen, werden immer jünger“, erklärte der Rat gegenüber der Tagesschau. „Die Schule ist nicht länger ein Zufluchtsort.“
Exemplarisch für die Lage in Frankreich, Judenhass in Verbindung mit dem 7.10.2023, ist der Fall eines 62-jährigen französischen Juden, der am 1. März in Paris krankenhausreif geschlagen wurde. Nach dem Verlassen der Synagoge Les Orteaux im Viertel Saint-Blaise im zwanzigsten Arrondissement sah der Mann, der in der Berichterstattung lediglich mit seinem Vornamen Marco bezeichnet wird, nach eigenen Angaben einen unbekannten Mann an ihm vorbeigehen, den späteren Täter. Marco trug eine Kippa.
Drei Minuten später sei der Unbekannte zurückgekommen und habe ihn mit den Worten angesprochen: “Du Dreckiger Jude. Bist du derjenige, der die Menschen in Gaza tötet?” – “Nein, ich töte niemanden”, habe Marco entgegnet. Daraufhin ging der Täter auf das Opfer los, setzte Faustschläge, Tritte und Kopfstöße ein. Marco verlor das Bewusstsein und wurde ins Krankenhaus gebracht. Sein Nasenbein ist gebrochen, in einem Fernsehinterview, das einen Tag nach der Tat geführt wurde, sieht man Hämatome in seinem Gesicht und eine genähte Wunde an der Stirn. Er habe Schmerzen an den Wangen, dem Kiefer und dem Mund, sagte Marco.
In Deutschland haben wir Claudia Roth zu bieten
Nicht besser sieht es im Nachbarland Belgien aus. Dort erklärte die unabhängige Antidiskriminierungsstelle Unia, sie habe in den beiden Monaten nach Beginn des Gazakrieges 91 Berichte über Antisemitismus erhalten, verglichen mit 57 im gesamten Jahr 2022. In den meisten Fällen habe es sich um Hassbotschaften gehandelt, meist im Internet, aber auch im öffentlichen Raum. Die Zahl umfasse unter anderem auch Holocaust-Leugnungen, Schläge, Graffitis und die Entweihung vieler Gräber auf einem Friedhof bei Charleroi.
In Deutschland erinnern wir uns an den Fall von Lahav Shapira. Der Jude war am Abend des 2. Februar mit einer Freundin in einer Bar am Rosenthaler Platz in Berlin. Ebenfalls vor Ort: ein 23-jähriger arabischstämmiger Kommilitone. Beide studieren Lehramt an der Freien Universität (FU), Shapira kannte seinen Kommilitonen bisher nur aus einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe. Als er sich vor seinem Mitstudenten zu erkennen gegeben hatte, geschah es: Mehrfach schlug der 23-Jährige Lahav ins Gesicht und trat auch dann noch auf ihn ein, als er bereits am Boden lag. Die Folgen: mehrere Knochenbrüche an Nase, Augenhöhle und Wange, eine Hirnblutung. Shapiras Gesicht ist komplett zugeschwollen, er bekommt kaum Luft. Erst nach vier Tagen darf er das Krankenhaus verlassen.
Ob Frankreich, Deutschland, Belgien oder Großbritannien: Die ohnehin schon prekäre Situation für Juden in Deutschland verschlechtert sich zunehmend, während die Europäische Kommission, aber auch viele Mitgliedstaaten zuschauen und keine Anstalten machen, etwas gegen die Gefahrenlage zu unternehmen. Stattdessen leistet sich Deutschland eine Kulturstaatsministerin, die auf den Namen Claudia Roth hört, die in vielen Situationen gezeigt hat, dass sie weder Kompetenz noch Gespür hat, jüdisches Leben in Deutschland möglich zu machen, ohne dass Juden auf deutschen, aber auch europäischen Straßen Angst haben müssen, sich zu erkennen zu geben.
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