Christenverfolgung nimmt weltweit alarmierend zu
Gerade in vielen islamischen Ländern ist die Situation für Christen prekär.© AHMAD AL-RUBAYE_AFP
Christen gehören zu den am stärksten verfolgten religiösen Gruppen weltweit. Eine Verfolgung, die einen neuen Höhepunkt erreicht hat, so das christliche Hilfswerk Open Doors in seinem im Januar veröffentlichten Weltverfolgungsindex (WVI). Darin werden die Länder aufgezählt, in denen Christen am stärksten Hass und Vertreibung ausgesetzt sind: Zu den ersten fünf zählen die islamisch dominierten Staaten Somalia, Libyen, Eritrea und Jemen. Laut Open Doors wurden allein von 1. Oktober 2021 bis 30. September 2022 über 5.600 Christen wegen ihres Glaubens ermordet. Sieht man sich die kaum hörbare Stellungnahme des Papstes Franziskus dazu an, dann muss man erstaunlicherweise feststellen, dass diese schrecklichen Zahlen die Weltkirchen nicht dazu bewegen, ihre anbiedernde Haltung gegenüber dem Islam zu überdenken. (JR)
Christen sind weltweit zunehmend Gewalt und Vertreibung ausgesetzt, so der aktuelle Weltverfolgungsindex des christlichen Hilfswerk Open Doors. Neben religiösen Extremisten bilden kommunistische Systeme die größte Gefahr für ein Leben im christlichen Glauben. Doch auch Europa verzeichnet zunehmenden Hass auf das Christentum.
Verzweifelt betende Menschen, in den Arenen römischer Imperien schutzlos einer Meute rasender Raubtiere ausgesetzt – diese Bilder mögen manchem beim Stichwort „Christenverfolgung“ durch den Kopf gehen. Allein: Verzweiflung und Raserei prägen auch heute vielerorts das christliche Leben, das religiöse Extremisten wie auch zahlreiche Regierungen auszulöschen suchen.
Noch frisch in Erinnerung sind die erschütternden Bilder zu Weihnachten: Die Hilfsorganisation Christian Solidarity International (CSI) berichtete am 26. Dezember 2023 von extremistischen Ausschreitungen in Zentralnigeria, bei denen rund 20 Dörfer überfallen, etwa 160 Christen getötet und nahezu 300 verletzt wurden. Bewohner der Region berichteten, dass sie von dschihadistischen Milizen der Fulani-Viehhirten begangen wurden. Dabei handelte es sich um offenbar koordinierte Aktionen, die bereits seit mehreren Jahren zu einer brutalen Tradition rund um das Weihnachtsfest geworden sind.
Auch in Pakistan und Indien attackieren aufgewiegelte Volksmengen ihre christlichen Nachbarn. Im indischen Bundesstaat Manipur wurden im Mai 2023 in nur 36 Stunden 249 Kirchen zerstört, mehr als 100 Gläubige ermordet sowie Zehntausende vertrieben. Regierungskritiker warnen seit langem davor, dass Indien durch die Modi-Regierung von einer säkularen demokratischen Republik in ein autoritäres hinduistisches Regime verwandelt werde – und klagen Ausschreitungen gegen Muslime an. Ausschreitungen gegen Christen werden seltener thematisiert, wenngleich die Zahl ihrer Ermordungen rasant anstieg.
Christen gehören zu den am stärksten verfolgten religiösen Gruppen weltweit. Eine Verfolgung, die einen neuen Höhepunkt erreicht hat, so das christliche Hilfswerk Open Doors in seinem im Januar veröffentlichten Weltverfolgungsindex (WVI): Aufgrund ihres Glaubens seien von insgesamt zwei Milliarden Christen über 365 Millionen Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt, fast 5000 wurden im Zusammenhang mit seiner Ausübung ermordet – die Dunkelziffer allerdings liege weit höher. Besorgniserregend ist auch die starke Zunahme antichristlicher Vorfälle: Die Zahl der Angriffe auf Kirchen, christliche Schulen und Krankenhäuser habe sich seit der letzten Erhebung versiebenfacht, von physischer Gewalt oder Todesdrohungen waren annähernd 43.000 Christen betroffen – gegenüber knapp 30.000 im Vorjahr. Angriffe auf ihre Häuser nahmen sogar um 371 Prozent zu; Vertreibungen stiegen um mehr als das Doppelte.
Verfolgung durch radikale islamische Gruppen und autokratische Regime
Der Weltverfolgungsindex listet die 50 Länder auf, in denen Christen am stärksten Hass und Vertreibung ausgesetzt sind: Zu den ersten fünf zählen die islamisch dominierten Staaten Somalia, Libyen, Eritrea und Jemen. Besonders in Somalia habe sich die Terrororganisation Al-Shabaab, die eine strenge Form der Scharia ausübe, das „Eliminieren“ dieser Glaubensgruppe konkret zur Aufgabe gemacht. Die Regierung von Eritrea wiederum bekämpfe bestimmte christliche Gruppierungen mit gewaltsamen Sanktionen; moslemische Familien in Libyen betrachten ihre Angehörigen als Verräter, wenn sie zum christlichen Glauben konvertieren.
Der aktuelle Bericht behandelt den Zeitraum von Anfang Oktober 2022 bis Ende September 2023; das jüngste Massaker in Nigeria ist noch nicht darin enthalten. Doch bereits bis Herbst wurden in Nigeria mehr als 82 Prozent der weltweit wegen ihres Glaubens getöteten Christen gezählt. Laut Open Doors leiden sie „unter einer zermürbenden Kombination aus islamischer Unterdrückung, ethnisch-religiösen Anfeindungen, diktatorischer Paranoia und organisiertem Verbrechen und Korruption“. Ganz Subsahara-Afrika hält den traurigen Rekord für antichristliche Morde, 15 seiner 26 Länder erreichten die höchsten Stufen in der Bewertung der Gewalttaten gegen Christen. Eine Entwicklung, die laut WVI auch in weiteren afrikanischen Ländern wie Äthiopien, Burkina Faso und der Zentralafrikanischen Republik droht. Verantwortlich hierfür sind zum einen radikale islamische Gruppen, die instabile politische Verhältnisse ausnutzen, sowie zunehmend autokratische Regime.
Christentum in kommunistischen Systemen
Den Rekord für Platz 1 der Länder auf dem Weltverfolgungsindex allerdings hält seit 1992 Nordkorea (lediglich 2022 trat es seinen Platz an Afghanistan ab, nachdem die Taliban hier die Macht übernommen hatten): Hier werden rund 200.000 politische und religiöse Gefangene in über das Land verteilten Lagern zu Zwangsarbeit gezwungen, davon sind laut WVI etwa 50.000 bis 70.000 ausschließlich aufgrund ihres Glaubens inhaftierte Christen. In China wiederum ließ das Regime von Xi Jinping mittels alter und neuer Maßnahmen erneut mehrere Tausend Kirchen schließen oder zerstören.
Auch in Lateinamerika habe sich die Lage für Christen drastisch verschärft. Insbesondere die sandinistische Regierung Nicaraguas verfolge eine repressive Politik gegen jegliche Form der Opposition, in verstärktem Maße auch gegenüber der katholischen Kirche. Unter Präsident Ortega werden Kirchen, Radiosender und Universitäten geschlossen sowie christlicher Besitz beschlagnahmt. Bischöfe, Priester und Nonnen werden des Landes verwiesen und ihnen die Staatsbürgerschaft entzogen, sofern sie nicht direkt der Spionage beschuldigt und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt werden.
Übertroffen wird dies allerdings noch von Kuba, wo die Regierungspartei PCC die Kirche gemäß ihrer kommunistischen Ideologie zu kontrollieren versucht. Schon bei geringer Kritik an der Regierungspolitik riskieren Kirchenvertreter wie auch engagierte Christen Repressionen, die von Verleumdungskampagnen bis zu Verhaftungen und Gefängnisstrafen reichen. Immerhin: Damit stehen die Christen in Kuba nicht allein.
Ein Problem ferner Weltgegenden?
All dies sind erschreckende Entwicklungen. Doch könnte man bedenken: Der Kommunismus war noch nie ein Freund von religiösem Glauben; immerhin verfolgt er seine eigene Heilslehre. Zudem geschieht der Großteil dieser Verfolgungen und Ermordungen von Christen in Weltgegenden, die vom Kolonialismus betroffen waren – laut globalem Gutmenschentum ein Verbrechen der christlich geprägten westlichen Welt. Dass diese Weltgegenden zum großen Teil dem Islam angehören, ist für jene Vertreter eher zweitrangig. Ebenso, dass eine große Anzahl eben dieser Länder hohe Summen an Entwicklungshilfen erhalten.
In jedem Fall handelt es sich um Gebiete, die der zweiten und dritten Welt zugerechnet werden, in denen Menschenrechte, Religionsfreiheit und Demokratie einen anderen Stellenwert besitzen. Allein: Auch Europa verzeichnet zunehmend Fälle von Anfeindungen und Übergriffen gegen Christen, wie die Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen in Europa (OIDAC) in ihrem Jahresbericht von 2022/23 feststellte. Der Bericht zählt 748 Fälle von antichristlichen Hassverbrechen – Brandstiftungen, Körperverletzungen, Beschimpfungen und sakrale Entweihungen – in 30 europäischen Staaten auf und benennt einen Anstieg von 44 Prozent zum Vorjahr. Verantwortlich dafür seien "radikale Mitglieder extremer politischer Gruppen", so OIDAC; Vertreter des linksradikalen Milieus ebenso wie Rechtsextreme und Islamisten. Nach Juden seien Christen damit die am häufigsten von Hassverbrechen verfolgte Religionsgruppe in Europa.
Die Religionsgruppen, die die Kultur Europas entscheidend geprägt haben, sind auch hier gefährdet. Eine Gefährdung, die stetig zunehmen wird, solange Gesellschaft und Politik nicht ihr Bewusstsein für diese Entwicklung schärfen und umgehend Maßnahmen ergreifen, um Kultur wie Menschen zu schützen.
Regina Bärthel studierte Kunstwissenschaften und Germanistik. Sie leitete den Kommunikationsbereich verschiedener Kultureinrichtungen und veröffentlichte Texte zur bildenden Kunst. Heute ist sie als Journalistin und Essayistin tätig, unter anderem für die „Junge Freiheit“.
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