Der umstrittene Diplomat: Das Kissinger-Jahrhundert geht zu Ende
Heinz Alfred Kissinger war der erste Einwanderer, der als US-Außenminister diente.© David Shankbone/WIKIPEDIA
1923 im mittelfränkischen Fürth als Heinz Alfred Kissinger geboren, musste er als Jude 1938 noch als minderjähriger Jugendlicher vor den Nazis in die USA fliehen. 1943 kam der junge Henry Kissinger als US-Bürger und -Soldat zurück nach Deutschland und half mit seinen Deutsch-Kenntnissen bei der Überführung der Nazi-Verbrecher. 1969 holte der republikanische Präsident Richard Nixon den Politikwissenschaftler als Sicherheitsberater ins Weiße Haus, wo er später als erster Einwanderer sogar US-Außenminister wurde. Kissingers ideologiefreie Realpolitik, die nicht selten als Empathielosigkeit und Verrat von humanistischen Idealen gesehen wurde, brachte ihm sowohl in den USA als auch in Israel teilweise erhebliche Kritik ein. Mit seinem Tod geht nicht nur eine diplomatische Jahrhundertfigur, sondern auch eine Polit-Ära zu Ende. (JR)
Henry Kissinger ist am 29.11.2023 mit 100 Jahren in den USA verstorben. Der Begründer der US-Realpolitik war bis zu seinem Tod und danach heftig umstritten. Biograf Niall Ferguson sprach von einem „Kissinger-Jahrhundert“.
Heinz Alfred Kissinger wurde am 27.5.1923 in Fürth, Bayern geboren, sein Vater Louis war Geschichtslehrer am Gymnasium. Kissinger spielte in der Jugendliga der Sportvereinigung Greuther Fürth, bis die Familie 1938 aufgrund des Naziterrors nach Manhattan auswanderte. Seinen fränkischen Akzent legte er nie ab.
1943 wurde er US-Bürger und wurde in die Armee eingezogen. Da er Deutsch sprach, wurde er Nachrichtenoffizier beim Counter Intelligence Corps (CIC), wo er ähnlich wie Simon Wiesenthal nach dem Krieg in Hannover und Bensheim Nazis jagte. Obwohl er bei der Befreiung des KZ-Außenlagers Hannover-Ahlem dabei war, versuchte er die deutsche Bevölkerung zu schonen. „Beweist ihnen, dass ihr hier in Deutschland seid, weil ihr besser seid, und nicht, dass ihr besser seid, weil ihr hier seid“, so Kissinger.
Er diente als Nachrichtenoffizier am berüchtigten Camp King in Oberursel, ein ehemaliges Verhörlager der Nazis, an dem BND-Begründer Reinhard Gehlen mit dem CIA seine Organisation Gehlen gründen sollte, dann in Oberammergau am European Theater Intelligence School. Der Schwerpunkt der USA-Geheimdienste wandelte sich bald vom Kampf gegen Nazis zum Kampf gegen Kommunisten, und Kissinger auch.
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