Deutsch-Arabische Mediziner protestieren für Gaza – kein Wort über die grauenvoll massakrierten zivilen israelischen Opfer

Mediziner weltweit sollten dem Wohle aller Menschen verpflichtet sein.
© Wikimedia Commons

Tausende Menschen gehen in Deutschland auf die Straße und fordern Solidarität mit den sogenannten „Palästinensern“. Über die Solidarität mit den bestialisch abgeschlachteten israelischen Zivilisten, den geschändeten Frauen und den enthaupteten Babys hört man dagegen kaum noch etwas. Sogar als arabisch-muslimische Ärzte in weißen Kitteln in Essen zu Gunsten der Mörder demonstrieren, vermisst man die eigentlich von Ärzten erwartete Empathie und Menschlichkeit gegenüber den entsetzlich geschundenen und ermordeten jüdischen Opfern. Stattdessen werden die Hassparolen auf den Anti-Israel-Demos immer lauter und auch die Angriffe auf jüdische Einrichtungen, hier und in der ganzen Welt, mehren sich: In Berlin gab es einen Anschlag auf eine Synagoge und auf das Jüdische Krankenhaus im Wedding. (JR)

Von Niels Betori Diehl

Als ich am 11. Oktober gegen 17.00 Uhr am Hermannplatz in Berlin ankomme, wird mir alsbald klar, dass hier die ursprünglich geplante Israel-solidarische Demonstration nicht stattfinden wird. Der Platz ist wie immer gesäumt von Verkaufsständen, die orientalisches Gedudel verbreiten. An der südlichen Seite hat sich eine kleine Gruppe versammelt, umzingelt von Polizisten in ähnlicher Zahl: entschlossene, ernste Mienen, die Palitücher um den Hals geschwungen—frisch erstanden, was man unschwer an den Knitterfalten erkennt. Mehrmals von der Polizei aufgefordert zu gehen, verharren sie auf der Verkehrsinsel beim U-Bahn-Eingang.

Eine blonde Frau mit bemüht lustigen Klamotten skandiert in regelmäßigen Abständen den üblichen Spruch, „From ze river to ze sea“. Mit deutschem Akzent vorgetragen klingt er, wenn möglich, noch unangenehmer. Geschäftig herumlaufend koordinieren zwei Araber, ein hagerer älterer Mann und ein Fitnessstudio-Hengst, den Rest der Versammlung. Hin und wieder führt die Polizei einen Demonstranten ab, der dann wie eine Jeanne d'Arc mit erhobenem Haupt den Zuspruch der wachsenden Menge genießt. Man merkt allmählich, dass die von genervt dreinschauenden Polizisten umzingelte Gruppe nur einen kleinen Teil der eigentlich verbotenen Demo bildet.

Man hat geschickt Grüppchen auf der gegenüberliegenden Straßenseite choreographiert, aus vielen Ecken hallt es: “Free free Palestine”. Man hat die Demo gestreut, dezentralisiert. Gleichzeitig ist das ja die Botschaft: die Demo ist die Straße, die Demo ist überall. Ein hysterisiertes Mädchen hat sich auf einen Kabelverteilerschrank gestellt, sie schreit mit performativer Heiserkeit am lautesten ihr “Free free Palestine”. Sie wischt sich die Tränen mit einer „palästinensischen“ Fahne aus den Augen, ein Kameramann gibt ihr Anweisungen, sie soll sich die Fahne um den Kopf binden und Mund und Nase verdecke — Intifada-Style.

Nachdem am 7. Oktober die „palästinensische“ Terror-Tarnorganisation Samidoun das sadistische Abschlachten von über 1400 Israelis durch Hamas mit dem Verteilen von klebrigen Süßigkeiten auf Neuköllns Straßen gefeiert hatte, kündigte die deutsche Regierung ein Verbot des “Palästinensischen Gefangenensolidaritätsnetzwerks” an. Am selben Tag nahmen Vertreter von Samidoun an einem „Kommunismuskongress“ im Verlagsgebäude der Tageszeitung „Neues Deutschland“ teil, während einer Kongresspause wurden im Hof „Palästinaflaggen“ geschwenkt.

 

Dubiose Verflechtungen

Die internationale Koordinatorin von Samidoun, Charlotte Kates, ist mit Khaled Barakat verheiratet, einem Mitglied des Zentralkomitees der Terrororganisation Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die seit 1968 immer wieder mal Flugzeugentführungen organisiert und Anschläge verübt hat. Beiden wird seit 2022 die Einreise in die EU verweigert. Interessant ist, dass sowohl Samidoun als auch der deutsche Klimalobby-Think-Tank Agora Energiewende, dessen ehemaliger Geschäftsführer Patrick Graichen als Staatssekretär in Robert Habecks Wirtschaftsministerium tätig war, anscheinend mit hunderttausenden von Euro vom selben linken Dark-Money-Netzwerk der US-Gruppe Arabella Advisors finanziert werden.

Was ein Verbot von Samidoun bewirken wird, wenn es denn kommt, ist wohl vor allem ein weiteres Befeuern des Pali-Kitsches auf Deutschlands Straßen, da es sich leicht als Beleg für die Übermacht Israels nutzen lässt: Seht her, wieder einmal werden die Stimmen der Unterdrückten durch die Zionisten erstickt. Und selbst den insularen Deutschen sollte allmählich dämmern, dass die Obrigkeitshörigkeit in der Bevölkerung abnimmt, wenn man diese mit Islamisten streckt. So wie man in Gaza nur darauf wartet, tote Kinder herzeigen zu können, wartet man hier auf jede Gelegenheit, theatralisch sein Recht auf Judenhass einzuklagen.

 

Parteiische Ärzte

Oder man versucht es auf die sanfte Tour, wie die Solidaritätsdemo für Gaza eines Bündnisses deutsch-arabischer Mediziner-Vereine am 21. Oktober in Essen. Ganz ohne verbotene Zeichen und Flaggen, aber mit Kunstblut verschmierten Latexhandschuhen, protestierten Ärzte gegen den Raketenschlag auf das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt, obwohl zu der Zeit bereits geklärt war, dass es sich nicht um einen israelischen Angriff handeln konnte. „Wir distanzieren uns von jeglichen antisemitischen Parolen, weil das Gesetz in Deutschland so ist“, hieß es lapidar zur Begrüßung. Kein Wort zu den von Hamas Getöteten, Verletzten und Verschleppten, aber immerhin hält man sich hier strategisch zurück und übt sich in weißbekittelter Seriösität.

Die mickrige Demo am Hermannplatz, auf die wenig später Massenveranstaltungen in Paris, London und New York folgen werden, auf denen zur Köpfung und Ermordung von Millionen von Juden aufgerufen wird, veranschaulicht im Kleinen, was für eine gut geölte Maschinerie hier von erprobten Akteuren am Laufen gehalten wird. Es wird der Eindruck einer spontan zusammengekommenen, aufgebrachten Menge erweckt, wenn es auch eine gefühlte Ewigkeit dauert, bis in dieser Ansammlung aus traurigen Neuköllner Gestalten so etwas wie Stimmung aufkommt. Von der in Richtung Polizei ululierenden Verschleierten, die von ihrem halbstarken Ehemann eskortiert wird, zu der kleinen Gang arabischer Kids, die einer Uniformierten “Schöne Polizistin” hinterherrufen, zu den typischen Jutebeutel tragenden, übernächtigten Hipstern und Berliner Langzeittouristen ist alles dabei.

 

„Nazi“-Vorwürfe

Ein einzelner Mann ist vom Fahrrad abgestiegen, sichtlich irritiert von den Sympathiebekundungen für die fanatisierten Miliz, die gerade im Süden Israels Kinder vergewaltigt, schwangeren Frauen den Bauch aufgeschlitzt und ganze Familien lebendig verbrannt hat. Er versucht das unmögliche, er will mit diesen Leuten diskutieren. Von mehreren Seiten prasselt „Nazi” auf ihn herab. Er ist allein schon ein Nazi, weil er reden will, weil er Fragen stellt. Nazi ist man, wenn man die Harmonie des Konsenses stört.

Aber dann geht es auch um die echten Nazis, die man hier nicht mag, obwohl man hundertprozentig hinter der Muslimbruderschaft steht. Neukölln ist eben (noch) nicht der Nahe Osten, hier kleben zu viele „FCK NZS” Aufkleber an Fußgängerampeln. So sehr sich Linke mit der Vernichtungsfantasie “Palästina” identifizieren, in Deutschland hält dieser Damm. Wenn die Generation Z, die einer Harvard-Umfrage zufolge den Massenmord an israelischen Zivilisten zu 51% als gerechtfertigt betrachtet, das Sagen hat, wird die Welt anders aussehen. Wie viele werden sich dann noch aufregen über Molotow-Cocktails gegen jüdische Einrichtungen oder über mit Davidsternen markierte Hauseingänge, wie kürzlich in Berlin? Wie viele Juden werden überhaupt noch in Berlin leben?

„Deine Großeltern haben das doch verursacht, Du Arschloch!”, schreit ein selbsterklärter „Palästinenser” dem Mann mit dem Rad zu. „Deutscher Tugendfaschismus” sei das, wenn man hier herummäkelt. Es geht mal wieder darum, dass die Juden wegen den Nazis „Palästina” okkupiert halten, weil sie irgendein Land brauchten, um sich dort niederzulassen. Wenn der Mann ihm entgegnet, seine Großeltern seien gar keine Deutschen gewesen, hört ihm keiner zu. Eine grauhaarige Frau wirft ihm entgegen, „Die Nazis ham das doch bei den Juden gelernt”. Das Verfünffachen der Bevölkerung in den „palästinensischen” Gebieten seit den sechziger Jahren lässt die Expertise der Juden in Sachen Genozid allerdings eher fraglich erscheinen.

An einem Laternenpfahl angelehnt kommentiert ein Mann mit slawischen Gesichtszügen und allwissendem grinsen, „Du hast keine Ahnung, Großer”. Mit seiner nicht angezündeten Zigarette zwischen den Fingern strahlt er die Gelassenheit der Langzeitsarbeitslosigkeit aus. Eine blondierte Mittvierzigerin drängt sich vor, „Ich hoffe, das passiert einmal mit dir, inshallah, mit dir.” Rachefantasien sind das Aphrodisiakum der Gescheiterten.

Jemand ruft „Verschwinde!”, ein anderer wieder mal „Nazis raus!”. Ganz zu Beginn der Versammlung hatte eine einsame Stimme dasselbe in die Gruppe der „Palästinafreunde“ gerufen. „Hey, ich wollte Euch meine Meinung sagen!” wehrt sich der Mann mit dem Rad, bevor er sich missmutig und geschlagen davonmacht. Ich stehe da mit meinem iPhone und filme, und fühle mich schäbig, dem Mann nicht beizustehen, weil der Drang, das Ganze zu dokumentieren, stärker ist.

Andererseits fehlt mir aber auch die Sympathie für einen Impuls, der das Problem erst geschaffen hat und den die britische Autorin Melanie Phillips prägnant formuliert hat: Das Verharren des westlich geprägten Menschen auf der Idee, dass auf der Welt jeder vernünftig ist, weil ihm alle andere Optionen unerträglich sind. Ein kindisches Verharren, das letztendlich eine tatsächlich kolonialistische Haltung verrät.

 

Niels Betori Diehl ist Künstler und lebt in Berlin.

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