Tu BiSchwat - Der über 2000 Jahre alte jüdische Tag des Umweltschutzes und der Bäume
Die Juden bedurften nicht der Grünen, um die Umwelt zu schützen. Im modernen Israel ist Tu BiSchwat ein nationaler Feiertag: Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene pflanzen neue Baumsetzlinge im ganzen Land.
Israels Premierminister Netanjahu pflanzt anlässlich von Tu BiSchwat einen Baum in dem Dorf Mevo'ot Jericho.
Im Jahr 2012 wurde der 21. März von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Internationalen Tag der Wälder erklärt und seitdem jährlich gefeiert. In der jüdischen Tradition gilt der 15. Schvat (Tu BiSchvat) als „Tag der Bäume“. Manche nehmen fälschlicherweise an, dass dieser Feiertag relativ jung sei und von KKL (Keren Kayemet LeIsrael, Jüdischer Nationalfond) initiiert wurde, um die Pflanzung von Bäumen in Israel zu fördern. In Wahrheit ist diese Tradition viel älter und basiert auf der Mischna im Traktat Rosch HaSchana (1:1):
„Am 1. Schvat ist Neujahr für die Bäume, laut der Meinung von Bet Shamai (Lehrschule von Shamai). Bet Hillel (Lehrschule von Hillel) sagen, am 15. dieses Monats (Schvat).“
Somit ist laut Bet Hillel (deren Meinung wir stets folgen) der 15. Schvat das besagte Neujahr für die Bäume. Doch wozu brauchen Bäume überhaupt ein Neujahr?
Die Kommentatoren erklären, dass sich diese Mischna auf die Gesetze des Ma´asers (Zehntel) bezieht, welches jährlich von den Bäumen abgesondert werden muss. Dabei müssen alle Bäume, von welchen das Maaser abgesondert wird, aus demselben Jahr stammen und der Jahresbeginn diesbezüglich ist der 15. Schvat.
Obwohl dieses Datum in der Mischna nur in Bezug auf Ma´aser gebracht wird, hat sich dieser Tag dennoch im Laufe der Zeit zum „jüdischen Tag der Bäume“ entwickelt, an dem wichtige Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit behandelt werden.
Diese Themen sind heutzutage sehr aktuell und populär und beschäftigen sogar die Politik, aber ihre Popularität reicht noch nicht so lange zurück und früher waren sie sogar ungehört. Im Judentum sind diese Themen seit tausenden von Jahren aktuell, eigentlich schon seit der Schöpfung der Welt bzw. des Menschen:
„Siehe die Taten [Schöpfungen] des Ewigen, denn wer wird sie wieder aufrichten, nachdem sie zerstört wurden?“ Kohelet Kap.7, Vers 13
Der Medrasch (Kohelet Rabba) setzt diesen Vers in den Kontext einer Unterhaltung G´ttes mit Adam HaRischon, dem ersten Menschen. Nachdem G´tt den ersten Menschen erschaffen hatte, führte er ihn im Gan Eden (Garten Eden) herum und zeigte ihm die Schönheiten der Schöpfung. Im Anschluss warnte G´tt Adam ausdrücklich davor, diese wunderbare Welt zu zerstören, denn falls er das tun würde, gäbe es niemanden, der es wieder rückgängig machen könnte (außer G´tt natürlich).
Daraus lernen wir die generelle Verantwortung der Menschheit für den Schutz und die Kontinuität unserer Erde zu sorgen und sie vor Zerstörung und Verschmutzung zu schützen.
„G´tt nahm den Menschen und stellte ihn in den Garten Eden, ihn zu bearbeiten und zu hüten.“ (Bereschit Kap.2, Vers 15)
Auch in der Tora wird gleich zu Beginn der Geschichte der Menschheit unter anderem auf diese Verantwortung hingewiesen. Nach der Schöpfung des Gan Eden und dessen detaillierter Beschreibung, wird berichtet, dass der Gan Eden Adams Lebensraum sein wird. Dieses Privileg bringt jedoch auch Verpflichtungen mit sich und so ist es Adams Pflicht, ihn zu bearbeiten und zu hüten. Es gibt viele Erklärungen, was genau damit gemeint ist, und manche Kommentatoren sind der Meinung, dass damit spirituelle Arbeit gemeint sei.
Jedoch gilt in der Regel, dass die offensichtliche Bedeutung stets erhalten bleibt, auch wenn es eine tiefere Erklärung gibt und somit deutet dieser Vers auch auf die Pflicht der Menschheit hin ihren Lebensraum zu hüten und keinesfalls zu zerstören.
Pflanzen eines Baumes in Israel - Nachhaltigkeit
Viele Menschen denken, dass das Pflanzen von Bäumen in Israel vom KKL erfunden wurde und erst seit ungefähr 1901 stattfindet. Aber auch diese Tradition wurde nicht von KKL initiiert und ist auf einen Medrasch zurückzuführen:
„Haschem, Eurem G´tt, sollt ihr nachfolgen [...] und an ihm festhalten!” (Devarim Kap.13, Vers 5)
Der Medrasch (Vaikra Rabba Kap. 25:3) fragt, wie es möglich sei, G´tt zu folgen und an ihm festzuhalten, denn er [G´tt] geht durch Wässer und ist fressendes Feuer. Darauf antwortet der Medrasch, dass man ihm folgen und an ihm festhalten kann, indem man sein Verhalten imitiert: Genauso wie G´tt am Anfang der Schöpfung Bäume pflanzte, so sollen auch wir seinem Beispiel folgen und Bäume pflanzen (Diesem Medrasch nach, würde man G´ttes Beispiel folgen, auch wenn man außerhalb von Israel Bäume pflanzt und die Natur fördert).
Auch im Talmud (Taanit 23a) finden wir eine Geschichte über Choni, einen großen jüdischen Weisen, der sich einst auf einer Reise befand. Er sah einen alten Bauern, der gerade dabei war, einen Johannisbrotbaum zu pflanzen. Choni fragte ihn, warum er das tue, er sei doch schon sehr alt und der gepflanzte Baum wird erst in 70 Jahren Früchte tragen.
Darauf antwortete ihm der alte Bauer, er habe seinerzeit einen Johannisbrotbaum von seinem Vater erhalten und deshalb pflanzt auch er jetzt einen Johannisbrotbaum, damit auch seine Kinder und Nachkommen Früchte eines solchen Baumes genießen können. Wieder einmal sehen wir, dass uns befohlen wurde für die Zukunft zu sorgen, um die ökologische Stabilität unserer Erde zu gewährleisten und unseren Kindern eine gesunde und saubere Welt zu hinterlassen, wie wir sie von unseren Vorfahren erhalten haben.
Baal Taschchit - Das Verbot der grundlosen Zerstörung
„Wenn du eine Stadt viele Tage belagerst, sie durch Krieg in deine Gewalt zu bringen, sollst du ihren Baum nicht verderben, eine Axt an ihn zu schwingen, denn von ihm sollst du essen, ihn aber nicht fällen” (Devarim Kap. 20, Vers 19)
Obwohl in diesem Vers nur von Fruchtbäumen die Rede ist, besagt die mündliche Überlieferung, dass jegliche Art von grundloser Zerstörung verboten ist (Rambam Melachim Kap. 6, Ab. 10). Wer dieses Verbot übertritt und ohne Grund Natur oder Gegenstände zerstört, bekommt Makkot (Schläge) vom Beit Din (jüdischen Gerichtshof), wie bei jedem anderen Verbot aus der Tora.
Jeder Bestandteil der Schöpfung hat seine Aufgabe
Doch warum ist der Akt der Zerstörung so schlimm, dass er anderen, scheinbar viel schlimmeren Verboten der Tora gleichgesetzt wird (z.B. dem Essen von Schweinefleisch)?
Rav S.R. Hirsch (Horeb, Seite 397-398) erklärt, dass der „Zerstörer“ mit seinem Verhalten demonstriert, dass diese Welt keinen Besitzer hat und man deswegen mit ihr anstellen kann, was man möchte. Jeder Grashalm und jeder Baum wurde von G´tt aus einem bestimmten Grund erschaffen und wenn man diesen ohne Grund vernichtet oder missbraucht, kann seine beabsichtigte Funktion auf dieser Welt nicht erfüllt werden.
„Denn der Mensch ist der Baum des Feldes…“ (Devarim Kap.20, Vers 19)
Rav Hirschs Interpretation folgend, bezieht sich möglicherweise der Vergleich des Menschen mit einem Baum darauf, dass beides Schöpfungen G´ttes sind, jeder mit seiner Aufgabe in dieser Welt, und es uns obliegt, diese Aufgabe zu respektieren.
Ist das Benutzen von Bäumen verboten?
Das bedeutet nicht, dass man keine Bäume fällen und die Nutzung der Natur der Menschheit verwehrt ist. Die Natur ist keine Gottheit, welcher wir dienen und sie verehren, sondern genauso wie wir Menschen, Teil der G’ttlichen Schöpfung.
Im Judentum gilt die allgemeine Auffassung, dass diese Welt für den Menschen geschaffen wurde und alle anderen Schöpfungen, wie Tiere und Natur, hier sind, um dem Menschen zu dienen und sein Leben zu erleichtern. Wenn die restliche Schöpfung diesen Zweck erfüllt, dann ist das der beste Tikkun (Verbesserung) für sie, weil sie dadurch dem „Nezer HaBria“ (Kranz der Schöpfung - dem Menschen), zur Erfüllung seiner Aufgabe verhilft.
Wenn jedoch Meere und Ozeane verschmutzt, tausende Hektar Wald gerodet und die Luft mit schädlichen Gasen verpestet wird, nur aus Geldgier und Rücksichtslosigkeit, dann überschreitet dies unsere Befugnis. Wie ein Arbeiter keine Befugnis hat, dass zur Verfügung gestellte Werkzeug zu zerstören und rücksichtslos damit umzugehen, so darf auch der Mensch nicht auf diese Art und Weise von der Welt Gebrauch machen!
„Was wir heute tun, entscheidet wie die Welt morgen aussehen wird!“
(Boris Pasternak, russischer Dichter und Schriftsteller)
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