Großbritannien sagt seiner jüdischen Bevölkerung: Remain!

Der klare Sieg Boris Johnsons ist nicht nur ein Votum für den Brexit, sondern auch ein Zeichen, dass man in dem von der EU unabhängigen Großbritannien mit Antisemitismus keine Wahl gewinnt.

Von Thomas M. Eppinger

Mit Erleichterung und Wachsamkeit quittierte die Mehrheit der britischen Juden das gestrige Wahlergebnis. Stephen Pollard, Herausgeber des „Jewish Chronicle“, twitterte: „Die Erleichterung in der jüdischen Gemeinde ist spürbar. Und die Dankbarkeit. Aber im Laufe der Tage und Wochen werden wir über etwas nachdenken: über die Bereitschaft so vieler unserer sogenannten Verbündeten, Hand in Hand mit Jeremy Corbyn zu kämpfen.“

Für viele Juden des Landes war es eine Schicksalswahl. Die Vorstellung, dass ausgerechnet jener Mann, der es kürzlich auf Platz 1 der Antisemitismus-Liste des Wiesenthal-Centers geschafft hat, Premierminister werden könnte, hatte die Juden Großbritanniens mit Furcht erfüllt. Denn unter Jeremy Corbyn taten sich in der britischen Labour Party dermaßen tiefe antisemitische Abgründe auf, dass selbst ein Tweet, der vom Account der Labour Party gesendet wurde, die eigene Partei „institutionell rassistisch“ nannte.

 

Erleichterung auch in Israel

In Israel äußerten sich Politiker von rechts bis links erleichtert. „Johnsons Sieg über Corbyn ist ein Segen für Israel“, schrieb der Likud-Abgeordnete Miki Zohar. „Trotz einiger umstrittener Positionen von Johnson zu den Palästinensern haben wir in ihm einen wichtigen Partner, der in ausgezeichnetem Kontakt mit unserem Premierminister steht.“

Itzik Shmuli, Abgeordneter der Arbeiterpartei, sagte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal über Labours Niederlage so freuen würde.“ Der Sprecher der Knesset, Yuli Edelstein, betonte, der Sieg Johnsons sei ein Verlust für diejenigen, die Israel hassen: „Ein überwältigender Sieg für Israels Freund Boris Johnson in Großbritannien. Eine glorreiche Niederlage für seinenantisemitischen Rivalen Corbyn und die Israelhasser.“

Vladimir Sloutsker, Präsident des Israelisch-Jüdischen Kongresses, drückte seine Hoffnung aus, dass „der Politik der Spaltung, des Hasses und des Antisemitismus von Mr. Corbyn und seinen Verbündeten nun endlich ein Ende gesetzt werden kann.“

 

Das Ende von Corbyns politischer Karriere

Die Wahl hat die politische Karriere Jeremy Corbyns beendet. Der Hinterbänkler, der es an die Spitze der Labour Party geschafft hatte, entwickelte sich als Parteivorsitzender zum „Posterboy des Antisemitismus“, wie ihn Abgeordnete der eigenen Partei nannten. Sein unerwartet gutes Abschneiden bei den Wahlen im Jahr 2017 – er hatte zwar die Wahl verloren, aber eine absolute Mehrheit Theresa Mays verhindert – machte ihn zum Vorbild für weite Teile der europäischen Sozialdemokratie, die immer mehr erodiert.

So wurde Corbyn „Großbritanniens gefährlichster Export“, wie ihn James Kirchick, Fellow der Brookings Institution in Washington, nannte. „Der Corbynismus ist in wirtschaftlicher Hinsicht sozialistisch und in der Außenpolitik reflexhaft antiwestlich“, schrieb er 2018 in einem in der FAZ auf Deutsch veröffentlichten Text, der auch Corbyns Antisemitismus thematisierte: „Corbyn ist ein dogmatischer Linker, der den Rassismus ausschließlich durch das Prisma der Macht betrachtet – die in seinem simplen vulgärmarxistischen Weltbild die Juden besitzen.“ Kirchicks Schlussfolgerung: Corbyn sei ein nützlicher Idiot Moskaus.

 

A vote to remain

So manch einen deutschen Kommentator scheint nichts davon zu stören. „Die eigentlichen Verlierer sind Anstand, Aufrichtigkeit und Integrität“, kommentiert Jörg Schindler im „Spiegel“ das Wahlergebnis und gießt einen Kübel voller Häme über den britischen Wählerinnen und Wählern aus. Anstelle des demokratischen Wettstreits sei „nun auch im selbsternannten Mutterland der modernen Demokratie das Recht des Stärkeren, die Macht der Lüge und die Eliminierung von Widerspruch um jeden Preis getreten.“ Die Gänse hätten für Weihnachten gestimmt.

Selbsternannt? Wie anmaßend von diesem Inselvolk, eine Demokratie zu errichten, ohne die Ernennung durch einen „Spiegel“-Redakteur abzuwarten, der Wähler mit Gänsen vergleicht, wenn sie nicht so abstimmen, wie er es für richtig hält.

Einerlei. Zumindest in Großbritannien und zumindest vorläufig ist das Kalkül krachend gescheitert, die jüdischen Stimmen für jene der vierzehnmal größeren muslimischen Community zu opfern. Nachdem in den letzten Jahren tausende britische Juden europäische Pässe beantragt haben, nicht zuletzt aus Angst vor dem zunehmenden Antisemitismus und der Aussicht, dass Jeremy Corbyn an die Macht kommen könnte, ist das Wahlergebnis zumindest in einer Hinsicht „a vote to remain“: ein Aufruf an die 290.000 Juden im Vereinigten Königreich, im Land zu bleiben.

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