Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn als Anti-Israel-Aktivist
Die EU startet eine neue Initiative für eine im Kern israel-feindliche „Zweistaatenlösung“.
Jean Asselborn, der dienstälteste Außenminister der Europäische Union© Aurore Belot, AFP
Europa hat nicht die Absicht, die amerikanische Anerkennung der Legalität der Siedlungen im Westjordanland einfach passiv zu tolerieren. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat jüngst eine Initiative gestartet, nach der alle EU-Staaten als Reaktion auf die Erklärung des amerikanischen Außenministers Mike Pompeo einen „Palästinenser“-Staat anerkennen sollen.
Ende November verschickte Asselborn einen Brief an den neuen Außenminister der EU, Josep Borrell, und die 27 Außenminister der Mitgliedsstaaten. In dem hieß es, dass die Rettung der „Zweistaatenlösung“ möglich wäre, wenn man eine politisch „ausgeglichenere Situation“ zwischen Israel und den „Palästinensern“ schaffen könnte. Er forderte die europäischen Staaten dazu auf, so schnell es geht unter Teilnahme aller EU-Staaten die mögliche Anerkennung eines „Palästinenser“-Staates zu diskutieren.
„In keiner Weise darf dies als gegen Israel gerichtet verstanden werden. Wenn es uns tatsächlich um eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und Palästina geht, dürfen wir die Sicherheitslage Israels genauso wenig vergessen wie Gerechtigkeit und Würde für das palästinensische Volk“, so Asselborn in dem Schreiben.
Das israelische Außenministerium bereitet sich laut Aussagen von Vertretern in Jerusalem darauf vor, die neuen luxemburgischen Initiative zu verhindern. Im Januar 2020 soll ein Treffen der europäischen Außenminister über die Sache beraten. Von „palästinensischer“ Seite wurde dieser neue europäische Vorstoß als ermutigend begrüßt.
Die „Palästinenser“ fordern seit Jahren von der EU, dass Europa praktische Schritte unternehmen solle, um einen „Palästinenser“-Staat anzuerkennen. Einige europäische Parlamente und Regierungen sind bereits so weit gegangen, doch bislang gibt es keine gemeinsame Entscheidung aller EU-Staaten.
Mit Ausnahme Ungarns haben alle EU-Mitglieder die Erklärung von US-Außenminister Pompeo zu den Siedlungen verurteilt.
Mehr als 135 Länder haben in der Welt bereits einen „Palästinenser“-Staat anerkannt, unter ihnen Russland, China, osteuropäische Länder, arabische und muslimische Staaten.
Soweit es die „Palästinenser“ betrifft, könnte die Initiative der luxemburgischen Außenministers einen wichtigen Schritt zur Festlegung der EU-Position zum von Präsident Trump angekündigten „Deal des Jahrhunderts“ darstellen und die darin enthaltene Möglichkeit einer auf das Westjordanland beschränkten autonomen Region.
Der Europäische Gerichtshof hat jüngst bereits entschieden, dass alle Produkte, die aus israelischen Siedlungen, Ostjerusalem und den Golanhöhen stammen, als aus „israelischen Siedlungen“ herrührend beschriftet werden. Diese juristische Entwicklung begann 2015, als die EU Richtlinien erließ, um Produkte aus den nach dem Krieg 1967 von Israel eroberten Gebiete auszuschließen.
Die Anerkennung eines „Palästinenser“-Staates und die Annahme von Asselborns Initiative können zwar nur einstimmig beschlossen werden, doch bereits die Anerkennung durch weitere EU-Mitglieder kann als Erfolg der „Palästinenser“ betrachtet werden.
Die komplexe innenpolitische Situation in Israel verzögert derweil Trumps „Jahrhundertabkommen“, doch israelische Politiker versuchen bereits, den Prozess einer Annexion des Jordantals voranzutreiben, was von der Trump-Administration unterstützt wird.
Kippt der Friedensvertrag mit Jordanien?
Aus israelischen Sicherheitskreisen wurde kürzlich bekannt, dass der jordanische König Abdullah Premier Netanjahu ein Communiqué zukommen ließ, in dem es hieß, dass ein solcher Schritt die jordanische Aufhebung des Friedensabkommens mit Israel zur Folge hätte. Der Vorsitzende der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ (PA) Machmud Abbas warnte am 9. Dezember 2019 auf einer Rede in Ramallah, dass im Fall einer Annexion des Jordantals durch Israel die PA alle Abkommen mit Israel aufkündigen würde.
Sowohl die PA als auch die europäischen Länder benötigten aber israelische Billigung, sollten im Westjordanland und in Ostjerusalem Wahlen abgehalten werden.
Das hochrangige Fatah-Mitglied Hussein al-Sheikh erklärte, dass die PA offiziell an Israel appelliert hätte, die Teilnahme Ostjerusalemer „Palästinenser“ an gesamtpalästinensischen Wahlen zu gestatten, während Abbas von zusammen mit den europäischen Ländern verstärkten Bemühungen spricht, damit Israel solche Wahlen zulässt wie zuletzt 1996 und 2006.
Fraglich ist nur, ob die israelische Regierung den Ostjerusalemer Einwohnern erlauben wird, in „palästinensischen“ Wahlen abzustimmen, nachdem die Vereinigten Staaten Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt haben.
Israel hat zudem andere Prioritäten und muss dabei nicht auf die Anfragen der Europäer nach solchen Wahlen Rücksicht nehmen. 2006 billigte Israel z.B. diese Wahlen mit dem Resultat eines Wahlsiegs der Hamas. Eine Terrororganisation gewann so die Parlamentsmehrheit und verdrängte nur ein Jahr später die Autonomiebehörde mit Gewalt aus dem Gazastreifen.
Daher sollte den europäischen Ländern klar gemacht werden, dass die Anerkennung eines „Palästinenser“-Staates eine voreilige Entscheidung eines nur aus einem Verhandlungsprozess hervorgehen dürfenden Resultates ist, was Israel sicher nicht akzeptieren kann. Israel dürfte daher kaum Schritten zustimmen, die einen „Palästinenser“-Staat voranbringen, ohne dass darüber in Verhandlungen Übereinkunft erzielt wurde.
Die Osloer Abkommen enthielten keine Einrichtung eines unabhängigen „Palästinenser“-Staates und forderten auch nicht, dass der Siedlungsbau zu unterlassen wäre. Die PLO hat diese Abkommen unterzeichnet und ist verpflichtet, sie zu respektieren, so wie es sich für beide Seiten in einem Abkommen gehört. Eine einseitige Anerkennung eines „Palästinenser“-Staates durch die EU würde nur das Konfliktpotential verschärfen und nicht dem Frieden dienen. Israel hat sich aus dem Gazastreifen zurückgezogen und erhielt als Dank für dieses Opfer ein unabhängiges, von Hamas-Terroristen kontrolliertes Territorium. Man kann von Israel nicht erwarten, dass es mit dem Westjordanland denselben Fehler begeht.
Ein unabhängiger „Palästinenser“-Staat im Westjordanland stellt z. Zt. eine ernstzunehmende Bedrohung der israelischen Sicherheit dar, ganz besonders angesichts der Anstrengungen der Hamas, die Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen. Aus diesen Gründen muss Israel die europäische Initiative mit aller Kraft verhindern und versuchen, sie von der politischen Agenda der EU zu verbannen.
Yoni Ben Menachem ist leitender Nahost-Analyst des „Jerusalem Center for Public Affairs“, ein unabhängiges israelisches Forschungsinstitut für politische und gesellschaftliche Fragen mit Sitz in Jerusalem.
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