Tuvia Tenenbom: „Gott spricht Jiddisch – Mein Jahr unter Ultraorthodoxen“
Roboter haben es nicht leicht als Schriftsteller.© KATERYNA KON/SCIENCE PHOTO LIBRAKKOScience Photo Library via AFP
Mea Shearim, die Stadt der 100 Tore, ist Heimat der charedischen Gemeinde, die selbst für viele säkulare Israelis verschlossen bleibt – doch der bekannte und beliebte jüdische Schriftsteller Tuvia Tenenbom hat den passenden Schlüssel: Er spricht Jiddisch. Als junger Mann verließ der Sohn eines Rabbiners das orthodoxe Stadtviertel Jerusalems und suchte in New York nach Antworten auf seine Lebensfragen. Dort studierte er zahlreiche Universitäts-Fächer förmlich rauf und runter, eröffnete ein jüdisches Theater und schrieb mehrere Bestseller wie „Allein unter Deutschen“ oder „Allein unter Juden“, um nur zwei davon zu nennen. Für sein aktuelles Buch „Gott spricht Jiddisch – Mein Jahr unter Ultraorthodoxen“ begab sich Tenenbom wieder zurück auf die Straßen seiner Kindheit in Mea Shearim. (JR)
Der israelisch-amerikanische Autor Tuvia Tenenbom hat es wieder getan. Nach den Deutschen, Israelis, Amerikanern, Flüchtlingen und Briten kommt nun sein wahrscheinlich persönlichstes Buch bei Suhrkamp mit dem Titel „Gott spricht Jiddisch“.
Warum Jiddisch und nicht Hebräisch? Die Antwort gibt der Autor in seinem typisch schwarzen Humor: „In welcher Sprache, fragen Sie sich vielleicht, redete Abraham der Patriarch mit seinem weißen Esel? Jiddisch natürlich. In welcher anderen Sprache, seien wir ehrlich, könnte sich ein Schtreimel-bewehrter Jude, der in Ägypten lebt, mit seinem weißen Esel verständigen? Nur auf Jiddisch.“
Hühner mit der Machteiner Atombombe
Es ist sein sechstes Buch, aber dennoch anders als die restlichen Werke aus der „Alleine unter...“-Reihe. Für den Dramatiker und Gründer des Jewish Theater of New York, Tuvia Tenenbom, ging es nach Mea Sharim, den Ort seiner Kindheit, wo nicht nur Jiddisch gesprochen wird, sondern die dort ansässigen Hühner mehr Macht als eine Atombombe haben. Im Jerusalemer Stadtteil Mea Sharim, der größtenteils von Ultraorthodoxen bewohnt wird, musste er sich nicht verstellen, seine Identität wechseln oder leugnen und sich als „Tobi der Deutsche“ ausgeben, sondern er durfte bzw. musste gar sein, was er ist: Tuvia Tenenbom, der in eine ultraorthodoxe Familie geboren worden ist, die er später verließ, um nach New York zu gehen, und damit auch diese ultraorthodoxe Welt hinter sich zu lassen. Dabei war Tenenbom eine große Zeit als Rabbi prophezeit worden, nachdem er Tora und Talmud an einer Jeschiwa, also einer religiösen Hochschule studiert hatte. Doch es sollte anders kommen. Mea Sharim bedeutet „Hundert Tore“ und Tenenbom nimmt den Leser mit auf die Reise, nicht nur in seine eigene Kindheit, sondern auch in eine andere Welt.
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