Freie Christliche Schule Ostfriesland (FCSO) – eine erfreuliche Ausnahme in Zeiten des nahezu allgegenwärtigen anti-jüdischen Schulmobbings!
Die FCSO im Landkreis Leer ist die wohl israelfreundlichste Schule Deutschlands. Zudem fördern gern wahrgenommene Austauschprogramme mit dem jüdischen Staat das Verständnis und Sympathie für Israel.
FCSO-Schüler im Toten Meer © WIKIPEDIA
Von Stefan Frank
Eine deutsche Schule zu besuchen, in der der Staat Israel sehr präsent und beliebt ist – diese Gelegenheit bietet sich einem Journalisten nicht oft. Das liegt vor allem daran, dass es nicht viele von dieser Art gibt. Setzen sich angehende deutsche Abiturienten anhand von Unterrichtsmaterialien bekannter Schulbuchverlage mit Israel auseinander, bekommen sie in diesen Büchern oft ein extrem oberflächliches, verzerrtes und einseitig antiisraelisches Bild präsentiert. Das hat Gideon Böss vor Jahren in einer Studie gezeigt, die seither von anderen Untersuchungen bestätigt wurde.
Das Gegenteil davon ist die Freie Christliche Schule Ostfriesland (FCSO) in Moormerland im Kreis Leer. Dort gibt es ein Seminarfach Israel, dessen Schüler an einem von der Arbeitsgruppe Ostfriesland der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) gesponserten Jugendaustausch mit der Schule ORT Binyamina bei Haifa teilnehmen. Das Interesse an Israel ist riesig – das durfte ich selbst erleben, als ich am 30. November die Filmemacherin Ilona Rothin in die Schule begleitete. Die Lehrer Esther Aeilts und Fokko Peters, die an der FCSO das Seminarfach Israel unterrichten, hatten sie eingeladen, damit ihre Schüler mit ihr über ihren neuen Film „Gestatten, ich bin ein Siedler! – Wie leben die Menschen in der West Bank?“ sprechen können. Den hatten die Teilnehmer des Seminarfachs Israel einen Tag zuvor gesehen und dadurch einiges über die „Siedler“ genannten Juden erfahren, die im alten jüdische Kernland Judäa und Samaria (in deutschen Medien meist „West Bank“ oder „Westjordanland“ genannt) leben.
Die Botschaft des sehenswerten Films: Die Zeit arbeitet gegen die Anti-Israel-Fanatiker. Arabisch-jüdische Freundschaften sind längst Normalität und werden über die hasserfüllte „Anti-Normalisierungs-Kampagne“ von Fatah und Hamas siegen. „Wir machen hier eigentlich schon den Frieden“, sagt Shaban Amer, der „palästinensische“ Vorarbeiter in einer Süßwarenfabrik, in dem Film.
In der Schule
Im Sekretariat der FCSO, wo ich mich anmelde, stehen auf dem Aktenschrank hinter dem Tresen jeweils eine kleine Israel- und eine Deutschlandfahne. Die israelischen Schüler seien gerade zu Besuch gewesen, erklärt der Sekretär. Auch im Lehrerzimmer steht eine Israelfahne. An der Pinnwand des Lehrerzimmers hängt das offizielle Filmplakat von „Gestatten, ich bin ein Siedler!“. Handschriftlich mit Edding hat jemand das Datum der Vorführung draufgeschrieben, dazu den Veranstaltungsort, die Volkshochschule Aurich. Als Ilona Rothin und ich den Klassenraum betreten, warten dort bereits rund 30 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 12 und 13 des Seminarfachs Israel. Die Schüler der Jahrgangsstufe 13 haben bereits am Jugendaustausch mit Israel teilgenommen, die anderen reisen am 2. Januar nach Binyamina. Einer der Schüler, erfahren wir später, hat angefangen, Hebräisch zu lernen.
„Warst du in unserem Alter auch schon so interessiert an Israel?“, möchte ein Schüler wissen. Nein, sagt Rothin, das Interesse sei erst viel später erwacht, dann aber sei sie „einfach kleben geblieben“. Sie beschreibt Israel als ein faszinierendes Land mit leidenschaftlichen Menschen, das führend ist auf den Gebieten Software, High-Tech und Medizin, und das sie einfach nicht mehr loslasse.
Andere Schüler wollen wissen, wie es zu der Idee für den Film gekommen sei, oder fragen, ob auch die antiisraelische Berichterstattung in den deutschen Medien dazu führe, dass Juden Deutschland den Rücken kehrten, wie es im Film zu sehen ist.
Ilona Rothin zeigt sich begeistert von der FCSO und ihren Schülern. In Berlin, wo sie herkommt, sagt sie, wäre es undenkbar, dass ihr Film an einer Schule gezeigt würde – und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wäre das schon mal gar nicht möglich. Den Schülern, die schon am Israelaustausch teilgenommen haben, stellt sie die Frage, wie sie die Israelis erlebt hätten. Die israelischen Altersgenossen seien „lebhafter“ als Schüler in Ostfriesland, „unreifer“, „offener“, hätten „andere Vorstellungen“, seien „spontaner“, würden das machen, was ihnen gerade in den Sinn komme – so lauten einige der Charakterisierungen.
Nach der Veranstaltung, die eine Doppelstunde lang ist, habe ich Gelegenheit, die Israelfahnen in der Schule zu fotografieren. Es sind viele. An den Wänden hängen Kunstwerke, die Schüler in Zusammenhang mit dem Jugendaustausch angefertigt haben. Da ist etwa ein Vexierbild, das dem Betrachter aus einer Blickrichtung die deutsche, aus der anderen die israelische Fahne zeigt. Kommt man näher, kann man die Namen der Austauschschüler lesen. In Großbuchstaben steht oben und unten: Student Exchange Program 2016/17 – DIGO/FCSO Moormerland – ORT Binyamina.
Ein anderes Bild von Israel
Fokko Peters (32) ist der Lehrer der Schüler der 12. Klasse, die gerade mit dem Seminarfach Israel begonnen haben. In diesem Wahlfach gibt es pro Jahrgang 15 bis 17 Plätze, das sind etwa 25 bis 30 Prozent der Schüler einer Jahrgangsstufe, erklärt er. „Meistens sind wir das größte Wahlfach.“ Die Beschäftigung mit Israel beginne im Unterricht „mit Abraham“. „Angefangen mit 1. Mose 12 wollen wir zeigen, dass die Geschichte dieses Volkes sehr lang und sehr wechselvoll ist. Wir spannen den Bogen über die Exilzeiten, die römische Besatzung und die Vertreibung und Diaspora, um zu zeigen, dass Israel kein Zufall ist und nicht erst seit 1948 als Staat existiert.“
Die Filmvorführung sei für seinen Kurs eine „erste inhaltliche Annäherung“ daran gewesen, „dass es nicht nur das Bild von Israel gibt, das unsere Medien gemeinhin zeichnen.“ Der Film sei für die Schüler „schon überraschend“ gewesen, „das hatten sie weitgehend so noch nicht gehört“. In der Nachbesprechung des Films habe er festgestellt, dass die Schüler viele Impulse für ihre 15-seitigen Facharbeiten bekommen hätten, die sie in der 12. Klasse zu schreiben haben. „Es gibt eine große Zahl von Schülern, die sich plötzlich mit Antisemitismus in der deutschen Medienlandschaft beschäftigen wollen“, so Peters.
Peters‘ Kollegin Esther Aeilts erzählt, dass sie zum „Israel-Team“ kam, als sie vor fast 30 Jahren mit ihrem Mann für einige Monate in Israel war: „Seit damals schlägt mein Herz für Israel und so bin ich zur Leiterin bzw. Organisatorin der Austauschfahrten und des Seminarfachs Israel geworden.“ Der Jugendaustausch habe Folgen über die Schule hinaus, erklärt sie: „Immer mehr Familien unserer Schule hatten Besuch von Israelis in ihren Familien und viele haben noch guten Kontakt zu ihren Partnern. Fast jedes Jahr sind Jugendliche nach dem Abitur für einige Monate oder sogar ein Jahr nach Israel gegangen, um dort zu helfen, und manche Eltern haben sich im Anschluss auch auf den Weg nach Israel gemacht.“
Das hinterlasse Spuren bei den Jugendlichen, den Familien, an der Schule und auch in Ostfriesland, so Aeilts. Wenn man sich mit dem Thema Israel beschäftige und vor Ort mit Menschen zu tun habe, merke man „schon bald“, dass das Bild, das hier in Deutschland vorherrsche, nicht mit dem übereinstimme, was man dort sehe:
„Gerade in den letzten Wochen, als es in den Nachrichten oft um die Siedlungspolitik ging, war ich sehr genervt, was unsere Nachrichtensprecher einfach so behaupteten und unsere Gesellschaft dann für wahr hält. Da ich das Gegenteil vor Ort erlebe, ist es mir ein Anliegen, meinen Schülern auch eine andere Sicht zu vermitteln und sie zur kritischen Auseinandersetzung mit den uns vorgegebenen Aussagen anzuleiten“.
Gekürzte Version des Artikels, der zuerst bei „Mena Watch“ erschien.
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